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Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

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So
vormals einem großen Herrn gehöret; den aber
nun ein geiziger Landjunker um ein bischen Gras
verwildern lassen. Hier lieget ein zerbrochenes
Säulenwerk, worinn die Kröten hecken, und Fle-
dermäuse nisten; dort verführet uns ein Ueber-
bleibsel eines Labyrinthes, durch die unordentliche
Wendungen seiner Gänge: allenthalben giebts go-
thische
Seltenheiten; und nirgends die geringste
Ordnung. Doch locket uns das Ungeheure und
die Scheußlichkeit der grotesken Stücke immer
weiter. Kaum bewunderten wir die Sonnen-
meile:
so wurden wir tausend Sonnenmeilen
herauf, und tausend herunter
mit den Reyhen
wandelnder Sterne
geworfen. Kaum forsch-
ten wir nach, was diese Reyhen waren: so hör-
ten wir nicht den Klang, nein! den Gesang der
Sphären.
Kaum zog unser leckerhaftes Ohr den
Gesang mit geizigen Zügen: siehe! so ward er
in eine Stimme der Meere verwandelt, und
ging brausend bey uns vorbey. Wir sprangen
zurück: und es donnerte! Die Pole knarreten
und donnerten. Hat der Himmel auch Pole?
Ein wenig Geduld, lieber Leser! Wir können von
der Sonne so bald nicht wegkommen, und in un-
sern Gedichten ist immer Sonnenschein. Denn
freylich!

"Sonnenschein in der Seel' u. Freud in der
Stille des Herzens
"Jst der Frömmigkeit Lohn. Noah, 284 S.

Was ist also eine Regenwolke? Hier entzücket
uns auch die Geschicklichkeit eines Dichters,

-- "Der

So
vormals einem großen Herrn gehoͤret; den aber
nun ein geiziger Landjunker um ein bischen Gras
verwildern laſſen. Hier lieget ein zerbrochenes
Saͤulenwerk, worinn die Kroͤten hecken, und Fle-
dermaͤuſe niſten; dort verfuͤhret uns ein Ueber-
bleibſel eines Labyrinthes, durch die unordentliche
Wendungen ſeiner Gaͤnge: allenthalben giebts go-
thiſche
Seltenheiten; und nirgends die geringſte
Ordnung. Doch locket uns das Ungeheure und
die Scheußlichkeit der grotesken Stuͤcke immer
weiter. Kaum bewunderten wir die Sonnen-
meile:
ſo wurden wir tauſend Sonnenmeilen
herauf, und tauſend herunter
mit den Reyhen
wandelnder Sterne
geworfen. Kaum forſch-
ten wir nach, was dieſe Reyhen waren: ſo hoͤr-
ten wir nicht den Klang, nein! den Geſang der
Sphaͤren.
Kaum zog unſer leckerhaftes Ohr den
Geſang mit geizigen Zuͤgen: ſiehe! ſo ward er
in eine Stimme der Meere verwandelt, und
ging brauſend bey uns vorbey. Wir ſprangen
zuruͤck: und es donnerte! Die Pole knarreten
und donnerten. Hat der Himmel auch Pole?
Ein wenig Geduld, lieber Leſer! Wir koͤnnen von
der Sonne ſo bald nicht wegkommen, und in un-
ſern Gedichten iſt immer Sonnenſchein. Denn
freylich!

Sonnenſchein in der Seel’ u. Freud in der
Stille des Herzens
“Jſt der Froͤmmigkeit Lohn. Noah, 284 S.

Was iſt alſo eine Regenwolke? Hier entzuͤcket
uns auch die Geſchicklichkeit eines Dichters,

— “Der
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[398/0424] So vormals einem großen Herrn gehoͤret; den aber nun ein geiziger Landjunker um ein bischen Gras verwildern laſſen. Hier lieget ein zerbrochenes Saͤulenwerk, worinn die Kroͤten hecken, und Fle- dermaͤuſe niſten; dort verfuͤhret uns ein Ueber- bleibſel eines Labyrinthes, durch die unordentliche Wendungen ſeiner Gaͤnge: allenthalben giebts go- thiſche Seltenheiten; und nirgends die geringſte Ordnung. Doch locket uns das Ungeheure und die Scheußlichkeit der grotesken Stuͤcke immer weiter. Kaum bewunderten wir die Sonnen- meile: ſo wurden wir tauſend Sonnenmeilen herauf, und tauſend herunter mit den Reyhen wandelnder Sterne geworfen. Kaum forſch- ten wir nach, was dieſe Reyhen waren: ſo hoͤr- ten wir nicht den Klang, nein! den Geſang der Sphaͤren. Kaum zog unſer leckerhaftes Ohr den Geſang mit geizigen Zuͤgen: ſiehe! ſo ward er in eine Stimme der Meere verwandelt, und ging brauſend bey uns vorbey. Wir ſprangen zuruͤck: und es donnerte! Die Pole knarreten und donnerten. Hat der Himmel auch Pole? Ein wenig Geduld, lieber Leſer! Wir koͤnnen von der Sonne ſo bald nicht wegkommen, und in un- ſern Gedichten iſt immer Sonnenſchein. Denn freylich! “Sonnenſchein in der Seel’ u. Freud in der Stille des Herzens “Jſt der Froͤmmigkeit Lohn. Noah, 284 S. Was iſt alſo eine Regenwolke? Hier entzuͤcket uns auch die Geſchicklichkeit eines Dichters, — “Der

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Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/424>, abgerufen am 21.11.2024.