Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.Da wissen, wären uns ihre Ueberwinder nicht bekanntworden. Wie könnte ich also durch mein Wörter- buch mir einen Namen machen: wären die Män- ner nicht groß und berühmt, die es verewiget? Das Bild, welches uns folgender Ausdruck vor- stellet, ist desto vortrefflicher: je niedriger es ist. Gut Leder dähnet sich, sagt der Schuster; Herr von Haller aber läßt die Wehmuth Schu- sterin werden, und den Verlust dähnen; ja was das wundersamste und schönste ist, in ferne Folgen, d. i. weit entfernte Folgen. Jch und andere seichte Köpfe würden gesagt haben: die Wehmuth macht deinen Schmerz ewig. Doch vieleicht thut alles dieses die gleiche Zärt- lichkeit; vieleicht die Schönheit; vieleicht die Stimme der Natur: denn alles dieses wird in einem Puncte, durch das allmächtige die verbun- den. Sie dähnt dir den Verlust in ferne Fol- gen aus. Haller, 141 S. So hat auch Schlegel, der deutsche Corneille, vollkommen Recht, wenn er in seinem Trauerspiele Electra saget: Denn, was indeß geschehn, Erstlich bewundern wir eine Rede in steter Rey- auch G
Da wiſſen, waͤren uns ihre Ueberwinder nicht bekanntworden. Wie koͤnnte ich alſo durch mein Woͤrter- buch mir einen Namen machen: waͤren die Maͤn- ner nicht groß und beruͤhmt, die es verewiget? Das Bild, welches uns folgender Ausdruck vor- ſtellet, iſt deſto vortrefflicher: je niedriger es iſt. Gut Leder daͤhnet ſich, ſagt der Schuſter; Herr von Haller aber laͤßt die Wehmuth Schu- ſterin werden, und den Verluſt daͤhnen; ja was das wunderſamſte und ſchoͤnſte iſt, in ferne Folgen, d. i. weit entfernte Folgen. Jch und andere ſeichte Koͤpfe wuͤrden geſagt haben: die Wehmuth macht deinen Schmerz ewig. Doch vieleicht thut alles dieſes die gleiche Zaͤrt- lichkeit; vieleicht die Schoͤnheit; vieleicht die Stimme der Natur: denn alles dieſes wird in einem Puncte, durch das allmaͤchtige die verbun- den. Sie daͤhnt dir den Verluſt in ferne Fol- gen aus. Haller, 141 S. So hat auch Schlegel, der deutſche Corneille, vollkommen Recht, wenn er in ſeinem Trauerſpiele Electra ſaget: Denn, was indeß geſchehn, Erſtlich bewundern wir eine Rede in ſteter Rey- auch G
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Da
wiſſen, waͤren uns ihre Ueberwinder nicht bekannt
worden. Wie koͤnnte ich alſo durch mein Woͤrter-
buch mir einen Namen machen: waͤren die Maͤn-
ner nicht groß und beruͤhmt, die es verewiget?
Das Bild, welches uns folgender Ausdruck vor-
ſtellet, iſt deſto vortrefflicher: je niedriger es iſt.
Gut Leder daͤhnet ſich, ſagt der Schuſter;
Herr von Haller aber laͤßt die Wehmuth Schu-
ſterin werden, und den Verluſt daͤhnen; ja
was das wunderſamſte und ſchoͤnſte iſt, in ferne
Folgen, d. i. weit entfernte Folgen. Jch und
andere ſeichte Koͤpfe wuͤrden geſagt haben: die
Wehmuth macht deinen Schmerz ewig.
Doch vieleicht thut alles dieſes die gleiche Zaͤrt-
lichkeit; vieleicht die Schoͤnheit; vieleicht die
Stimme der Natur: denn alles dieſes wird in
einem Puncte, durch das allmaͤchtige die verbun-
den. Sie daͤhnt dir den Verluſt in ferne Fol-
gen aus. Haller, 141 S. So hat auch
Schlegel, der deutſche Corneille, vollkommen
Recht, wenn er in ſeinem Trauerſpiele Electra
ſaget:
Denn, was indeß geſchehn,
Electra! kannſt du kaum aus langen Reden
ſehn,
Die ſich in ſteter Reyh, durch Tag und Naͤchte,
daͤhnen.
Erſtlich bewundern wir eine Rede in ſteter Rey-
he, und beſinnen uns zugleich auf ein Paternoſter,
wo eine Kugel an die andere, ſo, wie eine Periode
an die andere gereyhet iſt; zweytens ergetzet uns
auch
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