Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.Vorrede. vorlesen, und in die gemeine Spracheübersetzen lasse. Jch habe auch bereits an- gefangen, die Bibel in Hexameter zu brin- gen, und die Lücken aus dem Meßias zu füllen. Welches vortreffliche Bibelwerk ich hiemit allen Liebhabern der Frömmig- keit bestens anpreise. Nur ein französisch Thierchen kömmt mir mit seinem Boileau immer in die Queere. Jch bin manchmal verliebt, um nur Gelegenheit zu haben, et- was zärtliches auszukramen. Jch opfre ihr die schönsten Blümchen, die ich mir aus dem Meßias, Noah etc. gesammelt; ich re- de lauter neue Accente. * Sie lacht mich aus; sie zeigt mir gleich Stellen ihrer Art poetique, die mir, in Wahrheit! nicht viel Ehre machen. Und doch dichte ich! Warum? Eben darum, warum meine Vorgänger dichten. Was gehen uns die Franzosen an? Sind wir nicht Herren in unserm Lande? Das wäre ja eine seltsame Scla- * Siehe Noahn an vielen Orten. a 5
Vorrede. vorleſen, und in die gemeine Spracheuͤberſetzen laſſe. Jch habe auch bereits an- gefangen, die Bibel in Hexameter zu brin- gen, und die Luͤcken aus dem Meßias zu fuͤllen. Welches vortreffliche Bibelwerk ich hiemit allen Liebhabern der Froͤmmig- keit beſtens anpreiſe. Nur ein franzoͤſiſch Thierchen koͤmmt mir mit ſeinem Boileau immer in die Queere. Jch bin manchmal verliebt, um nur Gelegenheit zu haben, et- was zaͤrtliches auszukramen. Jch opfre ihr die ſchoͤnſten Bluͤmchen, die ich mir aus dem Meßias, Noah ꝛc. geſammelt; ich re- de lauter neue Accente. * Sie lacht mich aus; ſie zeigt mir gleich Stellen ihrer Art poetique, die mir, in Wahrheit! nicht viel Ehre machen. Und doch dichte ich! Warum? Eben darum, warum meine Vorgaͤnger dichten. Was gehen uns die Franzoſen an? Sind wir nicht Herren in unſerm Lande? Das waͤre ja eine ſeltſame Scla- * Siehe Noahn an vielen Orten. a 5
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Vorrede.
vorleſen, und in die gemeine Sprache
uͤberſetzen laſſe. Jch habe auch bereits an-
gefangen, die Bibel in Hexameter zu brin-
gen, und die Luͤcken aus dem Meßias zu
fuͤllen. Welches vortreffliche Bibelwerk
ich hiemit allen Liebhabern der Froͤmmig-
keit beſtens anpreiſe. Nur ein franzoͤſiſch
Thierchen koͤmmt mir mit ſeinem Boileau
immer in die Queere. Jch bin manchmal
verliebt, um nur Gelegenheit zu haben, et-
was zaͤrtliches auszukramen. Jch opfre ihr
die ſchoͤnſten Bluͤmchen, die ich mir aus
dem Meßias, Noah ꝛc. geſammelt; ich re-
de lauter neue Accente. * Sie lacht
mich aus; ſie zeigt mir gleich Stellen ihrer
Art poetique, die mir, in Wahrheit! nicht
viel Ehre machen. Und doch dichte ich!
Warum? Eben darum, warum meine
Vorgaͤnger dichten. Was gehen uns die
Franzoſen an? Sind wir nicht Herren in
unſerm Lande? Das waͤre ja eine ſeltſame
Scla-
* Siehe Noahn an vielen Orten.
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