Schnitzler, Arthur: Traumnovelle. Berlin, 1926.hinaussah, wir plauderten miteinander, und ich dachte im Laufe dieser Unterhaltung, ja höre nur, was ich dachte: Was ist das doch für ein lieber, entzückender, junger Mensch, - er müßte jetzt nur ein Wort sprechen, freilich, das richtige müßte es sein, so käme ich zu ihm hinaus auf die Wiese und spazierte mit ihm, wohin es ihm beliebte, - in den Wald vielleicht; - oder schöner noch wäre es, wir führen im Kahn zusammen in den See hinaus - und er könnte von mir in dieser Nacht alles haben, was er nur verlangte. Ja, das dachte ich mir. - Aber er sprach das Wort nicht aus, der entzückende junge Mensch; er küßte nur zart meine Hand, - und am Morgen darauf fragte er mich - ob ich seine Frau werden wollte. Und ich sagte ja." Fridolin ließ unmutig ihre Hand los. "Und wenn an jenem Abend", sagte er dann, "zufällig ein anderer an deinem Fenster gestanden hätte und ihm wäre das richtige Wort eingefallen, zum Beispiel - -", er dachte nach, welchen Namen er nennen sollte, da streckte sie schon wie abwehrend die Arme vor. "Ein anderer, wer immer es gewesen wäre, er hätte sagen können, was er wollte, - es hätte ihm wenig geholfen. Und wärst nicht du es gewesen, der vor dem Fenster stand," - sie lächelte zu ihm auf -, "dann wäre wohl auch der Sommerabend nicht so schön gewesen." hinaussah, wir plauderten miteinander, und ich dachte im Laufe dieser Unterhaltung, ja höre nur, was ich dachte: Was ist das doch für ein lieber, entzückender, junger Mensch, – er müßte jetzt nur ein Wort sprechen, freilich, das richtige müßte es sein, so käme ich zu ihm hinaus auf die Wiese und spazierte mit ihm, wohin es ihm beliebte, – in den Wald vielleicht; – oder schöner noch wäre es, wir führen im Kahn zusammen in den See hinaus – und er könnte von mir in dieser Nacht alles haben, was er nur verlangte. Ja, das dachte ich mir. – Aber er sprach das Wort nicht aus, der entzückende junge Mensch; er küßte nur zart meine Hand, – und am Morgen darauf fragte er mich – ob ich seine Frau werden wollte. Und ich sagte ja.“ Fridolin ließ unmutig ihre Hand los. „Und wenn an jenem Abend“, sagte er dann, „zufällig ein anderer an deinem Fenster gestanden hätte und ihm wäre das richtige Wort eingefallen, zum Beispiel – –“, er dachte nach, welchen Namen er nennen sollte, da streckte sie schon wie abwehrend die Arme vor. „Ein anderer, wer immer es gewesen wäre, er hätte sagen können, was er wollte, – es hätte ihm wenig geholfen. Und wärst nicht du es gewesen, der vor dem Fenster stand,“ – sie lächelte zu ihm auf –, „dann wäre wohl auch der Sommerabend nicht so schön gewesen.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0016" n="14"/> hinaussah, wir plauderten miteinander, und ich dachte im Laufe dieser Unterhaltung, ja höre nur, was ich dachte: Was ist das doch für ein lieber, entzückender, junger Mensch, – er müßte jetzt nur ein Wort sprechen, freilich, das richtige müßte es sein, so käme ich zu ihm hinaus auf die Wiese und spazierte mit ihm, wohin es ihm beliebte, – in den Wald vielleicht; – oder schöner noch wäre es, wir führen im Kahn zusammen in den See hinaus – und er könnte von mir in dieser Nacht alles haben, was er nur verlangte. Ja, das dachte ich mir. – Aber er sprach das Wort nicht aus, der entzückende junge Mensch; er küßte nur zart meine Hand, – und am Morgen darauf fragte er mich – ob ich seine Frau werden wollte. Und ich sagte ja.“</p> <p>Fridolin ließ unmutig ihre Hand los. „Und wenn an jenem Abend“, sagte er dann, „zufällig ein anderer an deinem Fenster gestanden hätte und ihm wäre das richtige Wort eingefallen, zum Beispiel – –“, er dachte nach, welchen Namen er nennen sollte, da streckte sie schon wie abwehrend die Arme vor.</p> <p>„Ein anderer, wer immer es gewesen wäre, er hätte sagen können, was er wollte, – es hätte ihm wenig geholfen. Und wärst nicht du es gewesen, der vor dem Fenster stand,“ – sie lächelte zu ihm auf –, „dann wäre wohl auch der Sommerabend nicht so schön gewesen.“</p> <p> </p> </div> </body> </text> </TEI> [14/0016]
hinaussah, wir plauderten miteinander, und ich dachte im Laufe dieser Unterhaltung, ja höre nur, was ich dachte: Was ist das doch für ein lieber, entzückender, junger Mensch, – er müßte jetzt nur ein Wort sprechen, freilich, das richtige müßte es sein, so käme ich zu ihm hinaus auf die Wiese und spazierte mit ihm, wohin es ihm beliebte, – in den Wald vielleicht; – oder schöner noch wäre es, wir führen im Kahn zusammen in den See hinaus – und er könnte von mir in dieser Nacht alles haben, was er nur verlangte. Ja, das dachte ich mir. – Aber er sprach das Wort nicht aus, der entzückende junge Mensch; er küßte nur zart meine Hand, – und am Morgen darauf fragte er mich – ob ich seine Frau werden wollte. Und ich sagte ja.“
Fridolin ließ unmutig ihre Hand los. „Und wenn an jenem Abend“, sagte er dann, „zufällig ein anderer an deinem Fenster gestanden hätte und ihm wäre das richtige Wort eingefallen, zum Beispiel – –“, er dachte nach, welchen Namen er nennen sollte, da streckte sie schon wie abwehrend die Arme vor.
„Ein anderer, wer immer es gewesen wäre, er hätte sagen können, was er wollte, – es hätte ihm wenig geholfen. Und wärst nicht du es gewesen, der vor dem Fenster stand,“ – sie lächelte zu ihm auf –, „dann wäre wohl auch der Sommerabend nicht so schön gewesen.“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |