Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

aus beyden Schiffen darauf gerichtet, und bemerck-
ten, daß das feindliche Schiff schon ziemlich leck
geschossen sey. Jm übrigen so wären wir mehren-
theils Holländer, die nach Ost-Jndien gehen wol-
ten. Ey, ey! sagte der Portugiese, die Holländer
sind unsere lieben Brüder, haltet euch nur noch
tapffer, ehe 1. oder 2. Stunden vergehen, will ich
euch 2. tüchtige Portugiesische Schiffe, worauf
tapffere Soldaten sind, zur Hülffe anhero brin-
gen. Lebet und haltet euch wohl, ich muß eilen,
daß ich bald wieder zu euch komme.

Es war uns nicht anders ums Hertze, als
wenn uns GOtt einen Engel vom Himmel zum
Troste zugeschickt hätte, derowegen verdoppelte
sich unsere Courage, dergestalt, daß es noch man-
chem Barbar den Halß kostete, so sahen wir auch
mit Vergnügen, daß das mittelste feindliche
Schiff, so zu sagen, in letzten Zügen lagen, denn
unsere Canonen hatten es recht jämmerlich durch-
bohrt, auch bemerckten wir, daß die Feinde auf
dem Obertheil dieses ihres Schiffes nach gerade
immer weniger und weniger worden, woraus wir
schlossen, daß alles zur Pumpe beruffen worden.

Endlich aber wider alles Vermuthen wolte
dieses feindliche Schiff sich umwenden, und die
Flucht nehmen, es gieng aber dergestallt matt
und merode, daß man nicht zweiffeln durffte, wie
es tödtliche Blessuren haben müsse. Aber, indem
wir uns umsahen, kamen 2. der schönsten und fe-
stesten Portugiesischen Schiffe, welche sich zwi-
schen mich und meinen Bruder einlegten, und in
unerhörter Geschwindigkeit ihre Canonen auf die

Barbaren

aus beyden Schiffen darauf gerichtet, und bemerck-
ten, daß das feindliche Schiff ſchon ziemlich leck
geſchoſſen ſey. Jm uͤbrigen ſo waͤren wir mehren-
theils Hollaͤnder, die nach Oſt-Jndien gehen wol-
ten. Ey, ey! ſagte der Portugieſe, die Hollaͤnder
ſind unſere lieben Bruͤder, haltet euch nur noch
tapffer, ehe 1. oder 2. Stunden vergehen, will ich
euch 2. tuͤchtige Portugieſiſche Schiffe, worauf
tapffere Soldaten ſind, zur Huͤlffe anhero brin-
gen. Lebet und haltet euch wohl, ich muß eilen,
daß ich bald wieder zu euch komme.

Es war uns nicht anders ums Hertze, als
wenn uns GOtt einen Engel vom Himmel zum
Troſte zugeſchickt haͤtte, derowegen verdoppelte
ſich unſere Courage, dergeſtalt, daß es noch man-
chem Barbar den Halß koſtete, ſo ſahen wir auch
mit Vergnuͤgen, daß das mittelſte feindliche
Schiff, ſo zu ſagen, in letzten Zuͤgen lagen, denn
unſere Canonen hatten es recht jaͤmmerlich durch-
bohrt, auch bemerckten wir, daß die Feinde auf
dem Obertheil dieſes ihres Schiffes nach gerade
immer weniger und weniger worden, woraus wir
ſchloſſen, daß alles zur Pumpe beruffen worden.

Endlich aber wider alles Vermuthen wolte
dieſes feindliche Schiff ſich umwenden, und die
Flucht nehmen, es gieng aber dergeſtallt matt
und merode, daß man nicht zweiffeln durffte, wie
es toͤdtliche Bleſſuren haben muͤſſe. Aber, indem
wir uns umſahen, kamen 2. der ſchoͤnſten und fe-
ſteſten Portugieſiſchen Schiffe, welche ſich zwi-
ſchen mich und meinen Bruder einlegten, und in
unerhoͤrter Geſchwindigkeit ihre Canonen auf die

Barbaren
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0078" n="68"/>
aus beyden Schiffen darauf gerichtet, und bemerck-<lb/>
ten, daß das feindliche Schiff &#x017F;chon ziemlich leck<lb/>
ge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ey. Jm u&#x0364;brigen &#x017F;o wa&#x0364;ren wir mehren-<lb/>
theils Holla&#x0364;nder, die nach O&#x017F;t-Jndien gehen wol-<lb/>
ten. Ey, ey! &#x017F;agte der Portugie&#x017F;e, die Holla&#x0364;nder<lb/>
&#x017F;ind un&#x017F;ere lieben Bru&#x0364;der, haltet euch nur noch<lb/>
tapffer, ehe 1. oder 2. Stunden vergehen, will ich<lb/>
euch 2. tu&#x0364;chtige Portugie&#x017F;i&#x017F;che Schiffe, worauf<lb/>
tapffere Soldaten &#x017F;ind, zur Hu&#x0364;lffe anhero brin-<lb/>
gen. Lebet und haltet euch wohl, ich muß eilen,<lb/>
daß ich bald wieder zu euch komme.</p><lb/>
        <p>Es war uns nicht anders ums Hertze, als<lb/>
wenn uns GOtt einen Engel vom Himmel zum<lb/>
Tro&#x017F;te zuge&#x017F;chickt ha&#x0364;tte, derowegen verdoppelte<lb/>
&#x017F;ich un&#x017F;ere <hi rendition="#aq">Courage,</hi> derge&#x017F;talt, daß es noch man-<lb/>
chem Barbar den Halß ko&#x017F;tete, &#x017F;o &#x017F;ahen wir auch<lb/>
mit Vergnu&#x0364;gen, daß das mittel&#x017F;te feindliche<lb/>
Schiff, &#x017F;o zu &#x017F;agen, in letzten Zu&#x0364;gen lagen, denn<lb/>
un&#x017F;ere <hi rendition="#aq">Canon</hi>en hatten es recht ja&#x0364;mmerlich durch-<lb/>
bohrt, auch bemerckten wir, daß die Feinde auf<lb/>
dem Obertheil die&#x017F;es ihres Schiffes nach gerade<lb/>
immer weniger und weniger worden, woraus wir<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, daß alles zur Pumpe beruffen worden.</p><lb/>
        <p>Endlich aber wider alles Vermuthen wolte<lb/>
die&#x017F;es feindliche Schiff &#x017F;ich umwenden, und die<lb/>
Flucht nehmen, es gieng aber derge&#x017F;tallt matt<lb/>
und <hi rendition="#aq">merode,</hi> daß man nicht zweiffeln durffte, wie<lb/>
es to&#x0364;dtliche <hi rendition="#aq">Ble&#x017F;&#x017F;ur</hi>en haben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Aber, indem<lb/>
wir uns um&#x017F;ahen, kamen 2. der &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten und fe-<lb/>
&#x017F;te&#x017F;ten Portugie&#x017F;i&#x017F;chen Schiffe, welche &#x017F;ich zwi-<lb/>
&#x017F;chen mich und meinen Bruder einlegten, und in<lb/>
unerho&#x0364;rter Ge&#x017F;chwindigkeit ihre <hi rendition="#aq">Canon</hi>en auf die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Barbaren</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[68/0078] aus beyden Schiffen darauf gerichtet, und bemerck- ten, daß das feindliche Schiff ſchon ziemlich leck geſchoſſen ſey. Jm uͤbrigen ſo waͤren wir mehren- theils Hollaͤnder, die nach Oſt-Jndien gehen wol- ten. Ey, ey! ſagte der Portugieſe, die Hollaͤnder ſind unſere lieben Bruͤder, haltet euch nur noch tapffer, ehe 1. oder 2. Stunden vergehen, will ich euch 2. tuͤchtige Portugieſiſche Schiffe, worauf tapffere Soldaten ſind, zur Huͤlffe anhero brin- gen. Lebet und haltet euch wohl, ich muß eilen, daß ich bald wieder zu euch komme. Es war uns nicht anders ums Hertze, als wenn uns GOtt einen Engel vom Himmel zum Troſte zugeſchickt haͤtte, derowegen verdoppelte ſich unſere Courage, dergeſtalt, daß es noch man- chem Barbar den Halß koſtete, ſo ſahen wir auch mit Vergnuͤgen, daß das mittelſte feindliche Schiff, ſo zu ſagen, in letzten Zuͤgen lagen, denn unſere Canonen hatten es recht jaͤmmerlich durch- bohrt, auch bemerckten wir, daß die Feinde auf dem Obertheil dieſes ihres Schiffes nach gerade immer weniger und weniger worden, woraus wir ſchloſſen, daß alles zur Pumpe beruffen worden. Endlich aber wider alles Vermuthen wolte dieſes feindliche Schiff ſich umwenden, und die Flucht nehmen, es gieng aber dergeſtallt matt und merode, daß man nicht zweiffeln durffte, wie es toͤdtliche Bleſſuren haben muͤſſe. Aber, indem wir uns umſahen, kamen 2. der ſchoͤnſten und fe- ſteſten Portugieſiſchen Schiffe, welche ſich zwi- ſchen mich und meinen Bruder einlegten, und in unerhoͤrter Geſchwindigkeit ihre Canonen auf die Barbaren

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/78
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/78>, abgerufen am 06.05.2024.