der, der nicht wuste, daß ich mehr auf meinem Her- tzen und Gewissen hatte, als er selbst, sahe mich scheel und sauer über die Achsel an.
Wir sahen uns aber balde gemüßiget, un- sern Zwietracht bey Seite zu setzen, denn so bald die abgeschickten Barbaren bey den Jhrigen ange- kommen, bemerckten wir, daß sie mit ihren Schif- fen gantz andere Wendungen machten, und gera- des Weges auf uns zu seegelten. Wir konten ihnen, so zu sagen, gleich an den Augen absehen, was sie haben wolten, derowegen setzten wir uns mit beyden Schiffen in die beste Positur, denn die Canonen waren schon alle scharff geladen, und die Mannschafft, so zum Feuer-geben und Fechten be- ordert, stund mit freudigem Muthe da, und er- wartete den Feind recht mit Lachen.
So bald die Barbaren ihren Vortheil er- sahen, machten sie aus allen ihren drey Schiffen ein entsetzliches Feuer auf uns, welches aber doch un- sern starcken Schiffen wenigen Schaden that, ohn- geachtet sie keine kleine Canonen-Kugeln führeten. Unsere Leute hingegen waren noch geschwinder als der Wind, die Löcher zu verstopffen und auszu- bessern. Wir gaben ihnen aus beyden Schiffen auch 2. Salven, die wohl anschlugen, der Haupt- Spas aber war dieser, daß mein Bruder, der so wohl als ich drey mittelmäßige Feuer-Mörser auf seinem Schiffe hatte, die erste Bombe, als ein guter Feuerwercker, durch seine mathematische Kunst-Erfahrenheit, ungemein glücklich in das eine Barbarische Schiff spielte, welche, indem sie accurat aufs Oberdeck fiel, eine artige Menuet
auf-
der, der nicht wuſte, daß ich mehr auf meinem Her- tzen und Gewiſſen hatte, als er ſelbſt, ſahe mich ſcheel und ſauer uͤber die Achſel an.
Wir ſahen uns aber balde gemuͤßiget, un- ſern Zwietracht bey Seite zu ſetzen, denn ſo bald die abgeſchickten Barbaren bey den Jhrigen ange- kommen, bemerckten wir, daß ſie mit ihren Schif- fen gantz andere Wendungen machten, und gera- des Weges auf uns zu ſeegelten. Wir konten ihnen, ſo zu ſagen, gleich an den Augen abſehen, was ſie haben wolten, derowegen ſetzten wir uns mit beyden Schiffen in die beſte Poſitur, denn die Canonen waren ſchon alle ſcharff geladen, und die Mannſchafft, ſo zum Feuer-geben und Fechten be- ordert, ſtund mit freudigem Muthe da, und er- wartete den Feind recht mit Lachen.
So bald die Barbaren ihren Vortheil er- ſahen, machten ſie aus allen ihren drey Schiffen ein entſetzliches Feuer auf uns, welches aber doch un- ſern ſtarcken Schiffen wenigen Schaden that, ohn- geachtet ſie keine kleine Canonen-Kugeln fuͤhreten. Unſere Leute hingegen waren noch geſchwinder als der Wind, die Loͤcher zu verſtopffen und auszu- beſſern. Wir gaben ihnen aus beyden Schiffen auch 2. Salven, die wohl anſchlugen, der Haupt- Spas aber war dieſer, daß mein Bruder, der ſo wohl als ich drey mittelmaͤßige Feuer-Moͤrſer auf ſeinem Schiffe hatte, die erſte Bombe, als ein guter Feuerwercker, durch ſeine mathematiſche Kunſt-Erfahrenheit, ungemein gluͤcklich in das eine Barbariſche Schiff ſpielte, welche, indem ſie accurat aufs Oberdeck fiel, eine artige Menuet
auf-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0066"n="56"/>
der, der nicht wuſte, daß ich mehr auf meinem Her-<lb/>
tzen und Gewiſſen hatte, als er ſelbſt, ſahe mich<lb/>ſcheel und ſauer uͤber die Achſel an.</p><lb/><p>Wir ſahen uns aber balde gemuͤßiget, un-<lb/>ſern Zwietracht bey Seite zu ſetzen, denn ſo bald die<lb/>
abgeſchickten Barbaren bey den Jhrigen ange-<lb/>
kommen, bemerckten wir, daß ſie mit ihren Schif-<lb/>
fen gantz andere Wendungen machten, und gera-<lb/>
des Weges auf uns zu ſeegelten. Wir konten<lb/>
ihnen, ſo zu ſagen, gleich an den Augen abſehen,<lb/>
was ſie haben wolten, derowegen ſetzten wir uns<lb/>
mit beyden Schiffen in die beſte <hirendition="#aq">Poſitur,</hi> denn die<lb/><hirendition="#aq">Canon</hi>en waren ſchon alle ſcharff geladen, und die<lb/>
Mannſchafft, ſo zum Feuer-geben und Fechten be-<lb/>
ordert, ſtund mit freudigem Muthe da, und er-<lb/>
wartete den Feind recht mit Lachen.</p><lb/><p>So bald die Barbaren ihren Vortheil er-<lb/>ſahen, machten ſie aus allen ihren drey Schiffen ein<lb/>
entſetzliches Feuer auf uns, welches aber doch un-<lb/>ſern ſtarcken Schiffen wenigen Schaden that, ohn-<lb/>
geachtet ſie keine kleine <hirendition="#aq">Canon</hi>en-Kugeln fuͤhreten.<lb/>
Unſere Leute hingegen waren noch geſchwinder als<lb/>
der Wind, die Loͤcher zu verſtopffen und auszu-<lb/>
beſſern. Wir gaben ihnen aus beyden Schiffen<lb/>
auch 2. Salven, die wohl anſchlugen, der Haupt-<lb/>
Spas aber war dieſer, daß mein Bruder, der<lb/>ſo wohl als ich drey mittelmaͤßige Feuer-Moͤrſer<lb/>
auf ſeinem Schiffe hatte, die erſte <hirendition="#aq">Bombe,</hi> als ein<lb/>
guter Feuerwercker, durch ſeine <hirendition="#aq">mathemati</hi>ſche<lb/>
Kunſt-Erfahrenheit, ungemein gluͤcklich in das<lb/>
eine Barbariſche Schiff ſpielte, welche, indem ſie<lb/><hirendition="#aq">accurat</hi> aufs Oberdeck fiel, eine artige <hirendition="#aq">Menuet</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch">auf-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[56/0066]
der, der nicht wuſte, daß ich mehr auf meinem Her-
tzen und Gewiſſen hatte, als er ſelbſt, ſahe mich
ſcheel und ſauer uͤber die Achſel an.
Wir ſahen uns aber balde gemuͤßiget, un-
ſern Zwietracht bey Seite zu ſetzen, denn ſo bald die
abgeſchickten Barbaren bey den Jhrigen ange-
kommen, bemerckten wir, daß ſie mit ihren Schif-
fen gantz andere Wendungen machten, und gera-
des Weges auf uns zu ſeegelten. Wir konten
ihnen, ſo zu ſagen, gleich an den Augen abſehen,
was ſie haben wolten, derowegen ſetzten wir uns
mit beyden Schiffen in die beſte Poſitur, denn die
Canonen waren ſchon alle ſcharff geladen, und die
Mannſchafft, ſo zum Feuer-geben und Fechten be-
ordert, ſtund mit freudigem Muthe da, und er-
wartete den Feind recht mit Lachen.
So bald die Barbaren ihren Vortheil er-
ſahen, machten ſie aus allen ihren drey Schiffen ein
entſetzliches Feuer auf uns, welches aber doch un-
ſern ſtarcken Schiffen wenigen Schaden that, ohn-
geachtet ſie keine kleine Canonen-Kugeln fuͤhreten.
Unſere Leute hingegen waren noch geſchwinder als
der Wind, die Loͤcher zu verſtopffen und auszu-
beſſern. Wir gaben ihnen aus beyden Schiffen
auch 2. Salven, die wohl anſchlugen, der Haupt-
Spas aber war dieſer, daß mein Bruder, der
ſo wohl als ich drey mittelmaͤßige Feuer-Moͤrſer
auf ſeinem Schiffe hatte, die erſte Bombe, als ein
guter Feuerwercker, durch ſeine mathematiſche
Kunſt-Erfahrenheit, ungemein gluͤcklich in das
eine Barbariſche Schiff ſpielte, welche, indem ſie
accurat aufs Oberdeck fiel, eine artige Menuet
auf-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/66>, abgerufen am 09.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.