Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

vorjetzo nicht weiter mit ihm einlassen würde, biß
ich sähe, wo meines Bleibens wäre. Er führete
sich demnach, als er meinen harten Ernst vermerck-
te, jederzeit sehr vernünfftig auf, da aber die Zeit
kam, daß er unter Seegel gehen solte, that er mir
solches zu wissen. Wie ich nun zwar noch Zeit
genug übrig gehabt hätte, mich anders zu besinnen,
und mein ihm gethanes Versprechen zurück zu ruf-
fen, so weiß dennoch biß diese Stunde nicht eigent-
lich, wie mir zur selbigen Zeit zu Muthe war, ja ich
glaube sicherlich, es muste mich dieser Mensch be-
zaubert haben, daß ich nicht von ihm ablassen kon-
te, packte derowegen bey nächtlicher Weile alle
meine Habseligkeiten ein, und begab mich damit
zu meinem Liebsten, ohne vorhero Abschied weder
von meiner Herrschafft, noch von meinem Bru-
der zu nehmen.

Es war mein Liebster ungemein erfreuet,
daß ich mein Wort gehalten hätte, und zu ihm
gekommen, denn seinem Sagen nach, war ihm die
Zeit schon allzu lang worden; wir giengen auch
bald darauf unter Seegel, und nahmen die or-
dentliche Strasse nach Ost-Jndien zu, allein
Sturm, Wetter und Wind kehreten sich nicht
an unsere vorgesetzte Ordnung, sondern unterbra-
chen dieselbe bald, indem sie uns von der ordentli-
chen Ost-Jndischen Strasse bald ab, bald nach
ihren wütenden Wellen hin und her, und endlich
gantz auser der ordentlichen Strasse, an die Per-
sianischen Küsten trieben, jedoch, ehe wir dieselben
erreichten, zerscheiterten alle unsere 3. Schiffe, die
damahls mit einander in Compagnie reiseten.

Jch

vorjetzo nicht weiter mit ihm einlaſſen wuͤrde, biß
ich ſaͤhe, wo meines Bleibens waͤre. Er fuͤhrete
ſich demnach, als er meinen harten Ernſt vermerck-
te, jederzeit ſehr vernuͤnfftig auf, da aber die Zeit
kam, daß er unter Seegel gehen ſolte, that er mir
ſolches zu wiſſen. Wie ich nun zwar noch Zeit
genug uͤbrig gehabt haͤtte, mich anders zu beſinnen,
und mein ihm gethanes Verſprechen zuruͤck zu ruf-
fen, ſo weiß dennoch biß dieſe Stunde nicht eigent-
lich, wie mir zur ſelbigen Zeit zu Muthe war, ja ich
glaube ſicherlich, es muſte mich dieſer Menſch be-
zaubert haben, daß ich nicht von ihm ablaſſen kon-
te, packte derowegen bey naͤchtlicher Weile alle
meine Habſeligkeiten ein, und begab mich damit
zu meinem Liebſten, ohne vorhero Abſchied weder
von meiner Herrſchafft, noch von meinem Bru-
der zu nehmen.

Es war mein Liebſter ungemein erfreuet,
daß ich mein Wort gehalten haͤtte, und zu ihm
gekommen, denn ſeinem Sagen nach, war ihm die
Zeit ſchon allzu lang worden; wir giengen auch
bald darauf unter Seegel, und nahmen die or-
dentliche Straſſe nach Oſt-Jndien zu, allein
Sturm, Wetter und Wind kehreten ſich nicht
an unſere vorgeſetzte Ordnung, ſondern unterbra-
chen dieſelbe bald, indem ſie uns von der ordentli-
chen Oſt-Jndiſchen Straſſe bald ab, bald nach
ihren wuͤtenden Wellen hin und her, und endlich
gantz auſer der ordentlichen Straſſe, an die Per-
ſianiſchen Kuͤſten trieben, jedoch, ehe wir dieſelben
erreichten, zerſcheiterten alle unſere 3. Schiffe, die
damahls mit einander in Compagnie reiſeten.

Jch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div>
              <p><pb facs="#f0436" n="426"/>
vorjetzo nicht weiter mit ihm einla&#x017F;&#x017F;en wu&#x0364;rde, biß<lb/>
ich &#x017F;a&#x0364;he, wo meines Bleibens wa&#x0364;re. Er fu&#x0364;hrete<lb/>
&#x017F;ich demnach, als er meinen harten Ern&#x017F;t vermerck-<lb/>
te, jederzeit &#x017F;ehr vernu&#x0364;nfftig auf, da aber die Zeit<lb/>
kam, daß er unter Seegel gehen &#x017F;olte, that er mir<lb/>
&#x017F;olches zu wi&#x017F;&#x017F;en. Wie ich nun zwar noch Zeit<lb/>
genug u&#x0364;brig gehabt ha&#x0364;tte, mich anders zu be&#x017F;innen,<lb/>
und mein ihm gethanes Ver&#x017F;prechen zuru&#x0364;ck zu ruf-<lb/>
fen, &#x017F;o weiß dennoch biß die&#x017F;e Stunde nicht eigent-<lb/>
lich, wie mir zur &#x017F;elbigen Zeit zu Muthe war, ja ich<lb/>
glaube &#x017F;icherlich, es mu&#x017F;te mich die&#x017F;er Men&#x017F;ch be-<lb/>
zaubert haben, daß ich nicht von ihm abla&#x017F;&#x017F;en kon-<lb/>
te, packte derowegen bey na&#x0364;chtlicher Weile alle<lb/>
meine Hab&#x017F;eligkeiten ein, und begab mich damit<lb/>
zu meinem Lieb&#x017F;ten, ohne vorhero Ab&#x017F;chied weder<lb/>
von meiner Herr&#x017F;chafft, noch von meinem Bru-<lb/>
der zu nehmen.</p><lb/>
              <p>Es war mein Lieb&#x017F;ter ungemein erfreuet,<lb/>
daß ich mein Wort gehalten ha&#x0364;tte, und zu ihm<lb/>
gekommen, denn &#x017F;einem Sagen nach, war ihm die<lb/>
Zeit &#x017F;chon allzu lang worden; wir giengen auch<lb/>
bald darauf unter Seegel, und nahmen die or-<lb/>
dentliche Stra&#x017F;&#x017F;e nach O&#x017F;t-Jndien zu, allein<lb/>
Sturm, Wetter und Wind kehreten &#x017F;ich nicht<lb/>
an un&#x017F;ere vorge&#x017F;etzte Ordnung, &#x017F;ondern unterbra-<lb/>
chen die&#x017F;elbe bald, indem &#x017F;ie uns von der ordentli-<lb/>
chen O&#x017F;t-Jndi&#x017F;chen Stra&#x017F;&#x017F;e bald ab, bald nach<lb/>
ihren wu&#x0364;tenden Wellen hin und her, und endlich<lb/>
gantz au&#x017F;er der ordentlichen Stra&#x017F;&#x017F;e, an die Per-<lb/>
&#x017F;iani&#x017F;chen Ku&#x0364;&#x017F;ten trieben, jedoch, ehe wir die&#x017F;elben<lb/>
erreichten, zer&#x017F;cheiterten alle un&#x017F;ere 3. Schiffe, die<lb/>
damahls mit einander in <hi rendition="#aq">Compagnie</hi> rei&#x017F;eten.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[426/0436] vorjetzo nicht weiter mit ihm einlaſſen wuͤrde, biß ich ſaͤhe, wo meines Bleibens waͤre. Er fuͤhrete ſich demnach, als er meinen harten Ernſt vermerck- te, jederzeit ſehr vernuͤnfftig auf, da aber die Zeit kam, daß er unter Seegel gehen ſolte, that er mir ſolches zu wiſſen. Wie ich nun zwar noch Zeit genug uͤbrig gehabt haͤtte, mich anders zu beſinnen, und mein ihm gethanes Verſprechen zuruͤck zu ruf- fen, ſo weiß dennoch biß dieſe Stunde nicht eigent- lich, wie mir zur ſelbigen Zeit zu Muthe war, ja ich glaube ſicherlich, es muſte mich dieſer Menſch be- zaubert haben, daß ich nicht von ihm ablaſſen kon- te, packte derowegen bey naͤchtlicher Weile alle meine Habſeligkeiten ein, und begab mich damit zu meinem Liebſten, ohne vorhero Abſchied weder von meiner Herrſchafft, noch von meinem Bru- der zu nehmen. Es war mein Liebſter ungemein erfreuet, daß ich mein Wort gehalten haͤtte, und zu ihm gekommen, denn ſeinem Sagen nach, war ihm die Zeit ſchon allzu lang worden; wir giengen auch bald darauf unter Seegel, und nahmen die or- dentliche Straſſe nach Oſt-Jndien zu, allein Sturm, Wetter und Wind kehreten ſich nicht an unſere vorgeſetzte Ordnung, ſondern unterbra- chen dieſelbe bald, indem ſie uns von der ordentli- chen Oſt-Jndiſchen Straſſe bald ab, bald nach ihren wuͤtenden Wellen hin und her, und endlich gantz auſer der ordentlichen Straſſe, an die Per- ſianiſchen Kuͤſten trieben, jedoch, ehe wir dieſelben erreichten, zerſcheiterten alle unſere 3. Schiffe, die damahls mit einander in Compagnie reiſeten. Jch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/436
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/436>, abgerufen am 18.05.2024.