schiedenen mahlen von diesem Raub-Gesindel recht empfindlich bestohlen wurden. Wie nun von der hohen Obrigkeit ein sehr strenger Befehl ergieng, die- ses Volck, als Vogelfreygemachte Leute zu erken- nen, und deren so viel, als man nur habhafft werden könte, entweder gleich auf dem Platze zu tödten, oder dieselben in die Gefängnisse zu verschaffen; als ließ sich mein Vater aus Verbitterung gegen dieses Volck oder Leute, nebst andern mehr, Tag und Nacht äuserst angelegen seyn, die Zigeuner oder Tatarn auf das allerhefftigste zu verfolgen, de- rowegen, als er ihnen fast alle Tage nachgesetzt, ih- rer 3. auf die Köpffe geschossen, und 6. oder 8. in die Gefängnisse geliefert, musten wir mit Schmer- tzen erfahren, daß wenige Nächte hernach unser Hauß in vollen Flammen stund, und aus| dem Grunde abbrandte. Dieses hätte noch hingehen mögen, allein die Tatarn mochten unter sich beschlos- sen haben, meinen Vater noch weit empfindlicher zu kräncken, derowegen, als sie wahr genommen, daß mein Vater seine 2. Kinder, nemlich mich und meinen 16. jährigen Bruder, in ein ohnweit von un- serm Hofe gelegenes Bauer-Hauß brachte, damit wir uns daselbst von dem gehabten Schrecken er- hohlen, und vor fernerer Gefahr beschützt und gesi- chert seyn möchten, fielen sogleich 10. biß 12. der grimmigsten Tatarn in dieses kleine Bauer-Häuß- lein ein, kriegten so wohl mich, als meinen Bruder bey den Kollern, banden unsere Hände und Füsse mit Stricken, und schleppten uns, nachdem wir lan- ge genung um Hülffe geschryen, weiter aber keine andere Hülffe herbey kommen sahen, als 2. alte Wei-
ber
ſchiedenen mahlen von dieſem Raub-Geſindel recht empfindlich beſtohlen wurden. Wie nun von der hohen Obrigkeit ein ſehr ſtrenger Befehl ergieng, die- ſes Volck, als Vogelfreygemachte Leute zu erken- nen, und deren ſo viel, als man nur habhafft werden koͤnte, entweder gleich auf dem Platze zu toͤdten, oder dieſelben in die Gefaͤngniſſe zu verſchaffen; als ließ ſich mein Vater aus Verbitterung gegen dieſes Volck oder Leute, nebſt andern mehr, Tag und Nacht aͤuſerſt angelegen ſeyn, die Zigeuner oder Tatarn auf das allerhefftigſte zu verfolgen, de- rowegen, als er ihnen faſt alle Tage nachgeſetzt, ih- rer 3. auf die Koͤpffe geſchoſſen, und 6. oder 8. in die Gefaͤngniſſe geliefert, muſten wir mit Schmer- tzen erfahren, daß wenige Naͤchte hernach unſer Hauß in vollen Flammen ſtund, und aus| dem Grunde abbrandte. Dieſes haͤtte noch hingehen moͤgen, allein die Tatarn mochten unter ſich beſchloſ- ſen haben, meinen Vater noch weit empfindlicher zu kraͤncken, derowegen, als ſie wahr genommen, daß mein Vater ſeine 2. Kinder, nemlich mich und meinen 16. jaͤhrigen Bruder, in ein ohnweit von un- ſerm Hofe gelegenes Bauer-Hauß brachte, damit wir uns daſelbſt von dem gehabten Schrecken er- hohlen, und vor fernerer Gefahr beſchuͤtzt und geſi- chert ſeyn moͤchten, fielen ſogleich 10. biß 12. der grimmigſten Tatarn in dieſes kleine Bauer-Haͤuß- lein ein, kriegten ſo wohl mich, als meinen Bruder bey den Kollern, banden unſere Haͤnde und Fuͤſſe mit Stricken, und ſchleppten uns, nachdem wir lan- ge genung um Huͤlffe geſchryen, weiter aber keine andere Huͤlffe herbey kommen ſahen, als 2. alte Wei-
ber
<TEI><text><body><divn="1"><floatingText><body><div><p><pbfacs="#f0423"n="413"/>ſchiedenen mahlen von dieſem Raub-Geſindel recht<lb/>
empfindlich beſtohlen wurden. Wie nun von der<lb/>
hohen Obrigkeit ein ſehr ſtrenger Befehl ergieng, die-<lb/>ſes Volck, als Vogelfreygemachte Leute zu erken-<lb/>
nen, und deren ſo viel, als man nur habhafft werden<lb/>
koͤnte, entweder gleich auf dem Platze zu toͤdten, oder<lb/>
dieſelben in die Gefaͤngniſſe zu verſchaffen; als ließ<lb/>ſich mein Vater aus Verbitterung gegen dieſes<lb/>
Volck oder Leute, nebſt andern mehr, Tag und<lb/>
Nacht aͤuſerſt angelegen ſeyn, die <hirendition="#g">Zigeuner</hi><lb/>
oder Tatarn auf das allerhefftigſte zu verfolgen, de-<lb/>
rowegen, als er ihnen faſt alle Tage nachgeſetzt, ih-<lb/>
rer 3. auf die Koͤpffe geſchoſſen, und 6. oder 8. in<lb/>
die Gefaͤngniſſe geliefert, muſten wir mit Schmer-<lb/>
tzen erfahren, daß wenige Naͤchte hernach unſer<lb/>
Hauß in vollen Flammen ſtund, und aus| dem<lb/>
Grunde abbrandte. Dieſes haͤtte noch hingehen<lb/>
moͤgen, allein die Tatarn mochten unter ſich beſchloſ-<lb/>ſen haben, meinen Vater noch weit empfindlicher zu<lb/>
kraͤncken, derowegen, als ſie wahr genommen, daß<lb/>
mein Vater ſeine 2. Kinder, nemlich mich und<lb/>
meinen 16. jaͤhrigen Bruder, in ein ohnweit von un-<lb/>ſerm Hofe gelegenes Bauer-Hauß brachte, damit<lb/>
wir uns daſelbſt von dem gehabten Schrecken er-<lb/>
hohlen, und vor fernerer Gefahr beſchuͤtzt und geſi-<lb/>
chert ſeyn moͤchten, fielen ſogleich 10. biß 12. der<lb/>
grimmigſten Tatarn in dieſes kleine Bauer-Haͤuß-<lb/>
lein ein, kriegten ſo wohl mich, als meinen Bruder<lb/>
bey den Kollern, banden unſere Haͤnde und Fuͤſſe<lb/>
mit Stricken, und ſchleppten uns, nachdem wir lan-<lb/>
ge genung um Huͤlffe geſchryen, weiter aber keine<lb/>
andere Huͤlffe herbey kommen ſahen, als 2. alte Wei-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ber</fw><lb/></p></div></body></floatingText></div></body></text></TEI>
[413/0423]
ſchiedenen mahlen von dieſem Raub-Geſindel recht
empfindlich beſtohlen wurden. Wie nun von der
hohen Obrigkeit ein ſehr ſtrenger Befehl ergieng, die-
ſes Volck, als Vogelfreygemachte Leute zu erken-
nen, und deren ſo viel, als man nur habhafft werden
koͤnte, entweder gleich auf dem Platze zu toͤdten, oder
dieſelben in die Gefaͤngniſſe zu verſchaffen; als ließ
ſich mein Vater aus Verbitterung gegen dieſes
Volck oder Leute, nebſt andern mehr, Tag und
Nacht aͤuſerſt angelegen ſeyn, die Zigeuner
oder Tatarn auf das allerhefftigſte zu verfolgen, de-
rowegen, als er ihnen faſt alle Tage nachgeſetzt, ih-
rer 3. auf die Koͤpffe geſchoſſen, und 6. oder 8. in
die Gefaͤngniſſe geliefert, muſten wir mit Schmer-
tzen erfahren, daß wenige Naͤchte hernach unſer
Hauß in vollen Flammen ſtund, und aus| dem
Grunde abbrandte. Dieſes haͤtte noch hingehen
moͤgen, allein die Tatarn mochten unter ſich beſchloſ-
ſen haben, meinen Vater noch weit empfindlicher zu
kraͤncken, derowegen, als ſie wahr genommen, daß
mein Vater ſeine 2. Kinder, nemlich mich und
meinen 16. jaͤhrigen Bruder, in ein ohnweit von un-
ſerm Hofe gelegenes Bauer-Hauß brachte, damit
wir uns daſelbſt von dem gehabten Schrecken er-
hohlen, und vor fernerer Gefahr beſchuͤtzt und geſi-
chert ſeyn moͤchten, fielen ſogleich 10. biß 12. der
grimmigſten Tatarn in dieſes kleine Bauer-Haͤuß-
lein ein, kriegten ſo wohl mich, als meinen Bruder
bey den Kollern, banden unſere Haͤnde und Fuͤſſe
mit Stricken, und ſchleppten uns, nachdem wir lan-
ge genung um Huͤlffe geſchryen, weiter aber keine
andere Huͤlffe herbey kommen ſahen, als 2. alte Wei-
ber
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/423>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.