Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

Binnen der Zeit nun, die wir uns selbst bestimmt
hatten, auf Klein-Felsenburg zu verharren, schickten
uns unsere Freunde von Groß-Felsenburg zu dreyen
mahlen überflüßige Lebens-Mittel zu, und die
Mannschafft lösete einander ohne Befehl, sondern
recht gutwilliger Weise ab. Also konten wir recht
vergnügt leben, zumahlen, da wir unsern Seelen-
Sorger, als offtgemeldten Herrn Mag. Schmel-
tzern, so zu sagen, als einen Feld-Prediger bey uns
hatten. Mittlerweile aber begab sich ein wunder-
licher Streich, denn da dreyen dreusten Felsen-
burgern, welche mit dabey gewesen, die Hadscha
zurück zu hohlen, die unordentliche Lust angekom-
men, um zu sehen, ob deren Cörper annoch auf sel-
biger Stelle läge, oder ob der Satan denselben etwa
anders wohin geführet hätte, so sahen sie (ihrem
Berichte nach) den Cörper noch auf derselben Stel-
le liegen, wo sie denselben zum letzten mahle liegen
sehen, wurden aber gewahr, daß 5. oder 6. Kohl-
schwartze Vögel, fast in der Grösse einer Gans, auf
demselben sassen, und ihm die Kleider vom Gerip-
pe abrissen; diese schwartzen Vögel bissen sich selb-
sten unter einander, indem sie die Kleidungs-Stü-
cke abrissen, und einander aus den Mäulern zerreten,
wenn nun aber einer oder der andere ein gut Klei-
dungs-Stück, oder Lappen erhascht, schwung er
sich damit in die Lufft, da denn die andern gleich auf-
flogen, und ihn so lange verfolgten, biß er den Lap-
pen wieder zur Erden muste fallen lassen. Wir, (sag-
ten unsere Referenten ferner) bekamen zwar einen
ziemlichen Abscheu vor diesem schändlichen Schau-
spiele, jedoch, da einer von uns im währenden Gehen

auf

Binnen der Zeit nun, die wir uns ſelbſt beſtim̃t
hatten, auf Klein-Felſenburg zu verharren, ſchickten
uns unſere Freunde von Groß-Felſenburg zu dreyen
mahlen uͤberfluͤßige Lebens-Mittel zu, und die
Mannſchafft loͤſete einander ohne Befehl, ſondern
recht gutwilliger Weiſe ab. Alſo konten wir recht
vergnuͤgt leben, zumahlen, da wir unſern Seelen-
Sorger, als offtgemeldten Herrn Mag. Schmel-
tzern, ſo zu ſagen, als einen Feld-Prediger bey uns
hatten. Mittlerweile aber begab ſich ein wunder-
licher Streich, denn da dreyen dreuſten Felſen-
burgern, welche mit dabey geweſen, die Hadſcha
zuruͤck zu hohlen, die unordentliche Luſt angekom-
men, um zu ſehen, ob deren Coͤrper annoch auf ſel-
biger Stelle laͤge, oder ob der Satan denſelben etwa
anders wohin gefuͤhret haͤtte, ſo ſahen ſie (ihrem
Berichte nach) den Coͤrper noch auf derſelben Stel-
le liegen, wo ſie denſelben zum letzten mahle liegen
ſehen, wurden aber gewahr, daß 5. oder 6. Kohl-
ſchwartze Voͤgel, faſt in der Groͤſſe einer Gans, auf
demſelben ſaſſen, und ihm die Kleider vom Gerip-
pe abriſſen; dieſe ſchwartzen Voͤgel biſſen ſich ſelb-
ſten unter einander, indem ſie die Kleidungs-Stuͤ-
cke abriſſen, und einander aus den Maͤulern zerreten,
wenn nun aber einer oder der andere ein gut Klei-
dungs-Stuͤck, oder Lappen erhaſcht, ſchwung er
ſich damit in die Lufft, da denn die andern gleich auf-
flogen, und ihn ſo lange verfolgten, biß er den Lap-
pen wieder zur Erden muſte fallen laſſen. Wir, (ſag-
ten unſere Referenten ferner) bekamen zwar einen
ziemlichen Abſcheu vor dieſem ſchaͤndlichen Schau-
ſpiele, jedoch, da einer von uns im waͤhrenden Gehen

auf
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0416" n="406"/>
        <p>Binnen der Zeit nun, die wir uns &#x017F;elb&#x017F;t be&#x017F;tim&#x0303;t<lb/>
hatten, auf Klein-Fel&#x017F;enburg zu verharren, &#x017F;chickten<lb/>
uns un&#x017F;ere Freunde von Groß-Fel&#x017F;enburg zu dreyen<lb/>
mahlen u&#x0364;berflu&#x0364;ßige Lebens-Mittel zu, und die<lb/>
Mann&#x017F;chafft lo&#x0364;&#x017F;ete einander ohne Befehl, &#x017F;ondern<lb/>
recht gutwilliger Wei&#x017F;e ab. Al&#x017F;o konten wir recht<lb/>
vergnu&#x0364;gt leben, zumahlen, da wir un&#x017F;ern Seelen-<lb/>
Sorger, als offtgemeldten Herrn <hi rendition="#aq">Mag.</hi> Schmel-<lb/>
tzern, &#x017F;o zu &#x017F;agen, als einen Feld-Prediger bey uns<lb/>
hatten. Mittlerweile aber begab &#x017F;ich ein wunder-<lb/>
licher Streich, denn da dreyen dreu&#x017F;ten Fel&#x017F;en-<lb/>
burgern, welche mit dabey gewe&#x017F;en, die <hi rendition="#aq">Had&#x017F;cha</hi><lb/>
zuru&#x0364;ck zu hohlen, die unordentliche Lu&#x017F;t angekom-<lb/>
men, um zu &#x017F;ehen, ob deren Co&#x0364;rper annoch auf &#x017F;el-<lb/>
biger Stelle la&#x0364;ge, oder ob der Satan den&#x017F;elben etwa<lb/>
anders wohin gefu&#x0364;hret ha&#x0364;tte, &#x017F;o &#x017F;ahen &#x017F;ie (ihrem<lb/>
Berichte nach) den Co&#x0364;rper noch auf der&#x017F;elben Stel-<lb/>
le liegen, wo &#x017F;ie den&#x017F;elben zum letzten mahle liegen<lb/>
&#x017F;ehen, wurden aber gewahr, daß 5. oder 6. Kohl-<lb/>
&#x017F;chwartze Vo&#x0364;gel, fa&#x017F;t in der Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e einer Gans, auf<lb/>
dem&#x017F;elben &#x017F;a&#x017F;&#x017F;en, und ihm die Kleider vom Gerip-<lb/>
pe abri&#x017F;&#x017F;en; die&#x017F;e &#x017F;chwartzen Vo&#x0364;gel bi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich &#x017F;elb-<lb/>
&#x017F;ten unter einander, indem &#x017F;ie die Kleidungs-Stu&#x0364;-<lb/>
cke abri&#x017F;&#x017F;en, und einander aus den Ma&#x0364;ulern zerreten,<lb/>
wenn nun aber einer oder der andere ein gut Klei-<lb/>
dungs-Stu&#x0364;ck, oder Lappen erha&#x017F;cht, &#x017F;chwung er<lb/>
&#x017F;ich damit in die Lufft, da denn die andern gleich auf-<lb/>
flogen, und ihn &#x017F;o lange verfolgten, biß er den Lap-<lb/>
pen wieder zur Erden mu&#x017F;te fallen la&#x017F;&#x017F;en. Wir, (&#x017F;ag-<lb/>
ten un&#x017F;ere <hi rendition="#aq">Referent</hi>en ferner) bekamen zwar einen<lb/>
ziemlichen Ab&#x017F;cheu vor die&#x017F;em &#x017F;cha&#x0364;ndlichen Schau-<lb/>
&#x017F;piele, jedoch, da einer von uns im wa&#x0364;hrenden Gehen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">auf</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[406/0416] Binnen der Zeit nun, die wir uns ſelbſt beſtim̃t hatten, auf Klein-Felſenburg zu verharren, ſchickten uns unſere Freunde von Groß-Felſenburg zu dreyen mahlen uͤberfluͤßige Lebens-Mittel zu, und die Mannſchafft loͤſete einander ohne Befehl, ſondern recht gutwilliger Weiſe ab. Alſo konten wir recht vergnuͤgt leben, zumahlen, da wir unſern Seelen- Sorger, als offtgemeldten Herrn Mag. Schmel- tzern, ſo zu ſagen, als einen Feld-Prediger bey uns hatten. Mittlerweile aber begab ſich ein wunder- licher Streich, denn da dreyen dreuſten Felſen- burgern, welche mit dabey geweſen, die Hadſcha zuruͤck zu hohlen, die unordentliche Luſt angekom- men, um zu ſehen, ob deren Coͤrper annoch auf ſel- biger Stelle laͤge, oder ob der Satan denſelben etwa anders wohin gefuͤhret haͤtte, ſo ſahen ſie (ihrem Berichte nach) den Coͤrper noch auf derſelben Stel- le liegen, wo ſie denſelben zum letzten mahle liegen ſehen, wurden aber gewahr, daß 5. oder 6. Kohl- ſchwartze Voͤgel, faſt in der Groͤſſe einer Gans, auf demſelben ſaſſen, und ihm die Kleider vom Gerip- pe abriſſen; dieſe ſchwartzen Voͤgel biſſen ſich ſelb- ſten unter einander, indem ſie die Kleidungs-Stuͤ- cke abriſſen, und einander aus den Maͤulern zerreten, wenn nun aber einer oder der andere ein gut Klei- dungs-Stuͤck, oder Lappen erhaſcht, ſchwung er ſich damit in die Lufft, da denn die andern gleich auf- flogen, und ihn ſo lange verfolgten, biß er den Lap- pen wieder zur Erden muſte fallen laſſen. Wir, (ſag- ten unſere Referenten ferner) bekamen zwar einen ziemlichen Abſcheu vor dieſem ſchaͤndlichen Schau- ſpiele, jedoch, da einer von uns im waͤhrenden Gehen auf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/416
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/416>, abgerufen am 18.05.2024.