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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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Zu diesen heiligen Gedancken veranlassete
unsern lieben Hn. M. Schmeltzern, wie ich glaub-
te, der kleine Sprüh-und so genannte Sonnen-
Regen, denn ohngeachtet die Sonne noch in völ-
liger Glut stunde, und uns ihre Strahlen fast ge-
doppelt zuschickte, so bedünckte es uns doch, als
ob ob uns ein angenehmer Thau erquickte, dero-
wegen giengen sehr viele von unserer Gesellschafft
ausserhalb, und liessen sich muthwilliger Weise
Pfütze-naß beregnen. Die kühlen Lüfftgen er-
quickten uns, der hefftig brennenden Sonne, wie
es das Ansehen hatte, zum Trotze, unterdessen kam
doch dem Regenten, welcher noch nüchtern war,
eine kleine Schwachheit an; Er bekannte solches
selbst, sagte aber, daß ihm nicht sein eigener Hun-
ger noch Durst plagete, sondern ihm nur des
Volcks jammerte, vornemlich der unmündigen
Kinder, welche ihm sehr nahe giengen.

Derowegen gaben sich so gleich 50. der stärck-
sten Männer und auch gleich 50. der stärcksten Wei-
ber an, welche Erlaubniß bathen, auf die Alberts-
Burg zu gehen, und Proviant zu holen. Es wurde
ihnen mit gröstem Vergnügen erlaubt, und sie ka-
men fast |ehe man es sich vermuthen können, starck
beladen wieder, indem sie Brod, Butter, Käse,
geräucherte grosse Fische, Schincken, Würste,
Wein, Bier, Milch und dergleichen, in Körben,
Säcken, und auf Hand-Tragen herbey brachten.
Ausser diesen hatten sich viele Einwohner aus den
nächst gelegenen Pflantz-Städten mit gröster Ge-
schwindigkeit auf den Marsch begeben, und aus
ihren Häusern die besten Victualien geholet, welche

sie
(b) 4

Zu dieſen heiligen Gedancken veranlaſſete
unſern lieben Hn. M. Schmeltzern, wie ich glaub-
te, der kleine Spruͤh-und ſo genannte Sonnen-
Regen, denn ohngeachtet die Sonne noch in voͤl-
liger Glut ſtunde, und uns ihre Strahlen faſt ge-
doppelt zuſchickte, ſo beduͤnckte es uns doch, als
ob ob uns ein angenehmer Thau erquickte, dero-
wegen giengen ſehr viele von unſerer Geſellſchafft
auſſerhalb, und lieſſen ſich muthwilliger Weiſe
Pfuͤtze-naß beregnen. Die kuͤhlen Luͤfftgen er-
quickten uns, der hefftig brennenden Sonne, wie
es das Anſehen hatte, zum Trotze, unterdeſſen kam
doch dem Regenten, welcher noch nuͤchtern war,
eine kleine Schwachheit an; Er bekannte ſolches
ſelbſt, ſagte aber, daß ihm nicht ſein eigener Hun-
ger noch Durſt plagete, ſondern ihm nur des
Volcks jammerte, vornemlich der unmuͤndigen
Kinder, welche ihm ſehr nahe giengen.

Derowegen gaben ſich ſo gleich 50. der ſtaͤrck-
ſten Maͤnner und auch gleich 50. der ſtaͤrckſten Wei-
ber an, welche Erlaubniß bathen, auf die Alberts-
Burg zu gehen, und Proviant zu holen. Es wurde
ihnen mit groͤſtem Vergnuͤgen erlaubt, und ſie ka-
men faſt |ehe man es ſich vermuthen koͤnnen, ſtarck
beladen wieder, indem ſie Brod, Butter, Kaͤſe,
geraͤucherte groſſe Fiſche, Schincken, Wuͤrſte,
Wein, Bier, Milch und dergleichen, in Koͤrben,
Saͤcken, und auf Hand-Tragen herbey brachten.
Auſſer dieſen hatten ſich viele Einwohner aus den
naͤchſt gelegenen Pflantz-Staͤdten mit groͤſter Ge-
ſchwindigkeit auf den Marſch begeben, und aus
ihren Haͤuſern die beſten Victualien geholet, welche

ſie
(b) 4
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[23/0033] Zu dieſen heiligen Gedancken veranlaſſete unſern lieben Hn. M. Schmeltzern, wie ich glaub- te, der kleine Spruͤh-und ſo genannte Sonnen- Regen, denn ohngeachtet die Sonne noch in voͤl- liger Glut ſtunde, und uns ihre Strahlen faſt ge- doppelt zuſchickte, ſo beduͤnckte es uns doch, als ob ob uns ein angenehmer Thau erquickte, dero- wegen giengen ſehr viele von unſerer Geſellſchafft auſſerhalb, und lieſſen ſich muthwilliger Weiſe Pfuͤtze-naß beregnen. Die kuͤhlen Luͤfftgen er- quickten uns, der hefftig brennenden Sonne, wie es das Anſehen hatte, zum Trotze, unterdeſſen kam doch dem Regenten, welcher noch nuͤchtern war, eine kleine Schwachheit an; Er bekannte ſolches ſelbſt, ſagte aber, daß ihm nicht ſein eigener Hun- ger noch Durſt plagete, ſondern ihm nur des Volcks jammerte, vornemlich der unmuͤndigen Kinder, welche ihm ſehr nahe giengen. Derowegen gaben ſich ſo gleich 50. der ſtaͤrck- ſten Maͤnner und auch gleich 50. der ſtaͤrckſten Wei- ber an, welche Erlaubniß bathen, auf die Alberts- Burg zu gehen, und Proviant zu holen. Es wurde ihnen mit groͤſtem Vergnuͤgen erlaubt, und ſie ka- men faſt |ehe man es ſich vermuthen koͤnnen, ſtarck beladen wieder, indem ſie Brod, Butter, Kaͤſe, geraͤucherte groſſe Fiſche, Schincken, Wuͤrſte, Wein, Bier, Milch und dergleichen, in Koͤrben, Saͤcken, und auf Hand-Tragen herbey brachten. Auſſer dieſen hatten ſich viele Einwohner aus den naͤchſt gelegenen Pflantz-Staͤdten mit groͤſter Ge- ſchwindigkeit auf den Marſch begeben, und aus ihren Haͤuſern die beſten Victualien geholet, welche ſie (b) 4

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/33>, abgerufen am 26.04.2024.