Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

valier erstochen hätte. Ob nun gleich der Entleib-
te ein Engeländer von Geburth, so sähe man doch
wohl, daß Geld und Gold alles niederdrückte, indem
der Frantzose bereits Pardon erhalten. Ohngeach-
tet, daß sich unsere gebiethende Frau, zumahlen, da
sie Manns-Kleider am Leibe anhatte, ziemlich zu
verstellen wuste, so merckten wir beyden Bedienten
doch bald, was passirte, zumahlen, da unsere Frau
die Wirthin vermittelst eines Geschencks a. 3. Guine-
en gantz vollkommen treuhertzig machte, und diesel-
be inständig bath, ihn nur hinauf in das Zimmer zu
führen, wo beyde Frantzosen schlieffen, indem er
ein recht vertrauter Freund von allen beyden sey, in-
dem er so gut Frantzösisch als Englisch parliren kön-
te. Die Wirthin ließ sich also ohne ferneres Be-
dencken, und in Betrachtung der schönen Gold-
Stücke, deren sie vielleicht noch mehr zu fischen ver-
hoffte, dahin bewegen, daß sie uns alle 3. in das
Zimmer hinauf führete, allwo beyde verliebte Fran-
zösische Seelen im Bette angetroffen wurden, und
einander umarmten, auch sich keines Bösen befah-
reten, biß ihr mein Herr oder Frau, wie ich sagen
mag, seinen geschliffenen Degen zwischen beyden
Brüsten gantz sanffte hindurch bohrete, da sie denn
der Wirthin rieff, und dieselbe fragte: was im Hau-
se und hier oben vorgienge. Nichts, Madame,
schlaffet nur gantz ruhig, denn ich bin selber da.

Mir kam so wohl über die Frage, als über die
Antwort dieser beyden Personen ein hertzliches stilles
Lachen an, doch, da ich merckte, daß sich der Fran-
tzose rührete und umwenden wolte, stieß ich meinen
Cameraden in die Seite, um auf allen Fall unsere

Pistolen

valier erſtochen haͤtte. Ob nun gleich der Entleib-
te ein Engelaͤnder von Geburth, ſo ſaͤhe man doch
wohl, daß Geld und Gold alles niederdruͤckte, indem
der Frantzoſe bereits Pardon erhalten. Ohngeach-
tet, daß ſich unſere gebiethende Frau, zumahlen, da
ſie Manns-Kleider am Leibe anhatte, ziemlich zu
verſtellen wuſte, ſo merckten wir beyden Bedienten
doch bald, was paſſirte, zumahlen, da unſere Frau
die Wirthin vermittelſt eines Geſchencks a. 3. Guine-
en gantz vollkommen treuhertzig machte, und dieſel-
be inſtaͤndig bath, ihn nur hinauf in das Zimmer zu
fuͤhren, wo beyde Frantzoſen ſchlieffen, indem er
ein recht vertrauter Freund von allen beyden ſey, in-
dem er ſo gut Frantzoͤſiſch als Engliſch parliren koͤn-
te. Die Wirthin ließ ſich alſo ohne ferneres Be-
dencken, und in Betrachtung der ſchoͤnen Gold-
Stuͤcke, deren ſie vielleicht noch mehr zu fiſchen ver-
hoffte, dahin bewegen, daß ſie uns alle 3. in das
Zimmer hinauf fuͤhrete, allwo beyde verliebte Fran-
zoͤſiſche Seelen im Bette angetroffen wurden, und
einander umarmten, auch ſich keines Boͤſen befah-
reten, biß ihr mein Herr oder Frau, wie ich ſagen
mag, ſeinen geſchliffenen Degen zwiſchen beyden
Bruͤſten gantz ſanffte hindurch bohrete, da ſie denn
der Wirthin rieff, und dieſelbe fragte: was im Hau-
ſe und hier oben vorgienge. Nichts, Madame,
ſchlaffet nur gantz ruhig, denn ich bin ſelber da.

Mir kam ſo wohl uͤber die Frage, als uͤber die
Antwort dieſer beyden Perſonen ein hertzliches ſtilles
Lachen an, doch, da ich merckte, daß ſich der Fran-
tzoſe ruͤhrete und umwenden wolte, ſtieß ich meinen
Cameraden in die Seite, um auf allen Fall unſere

Piſtolen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0229" n="219"/><hi rendition="#aq">valier</hi> er&#x017F;tochen ha&#x0364;tte. Ob nun gleich der Entleib-<lb/>
te ein Engela&#x0364;nder von Geburth, &#x017F;o &#x017F;a&#x0364;he man doch<lb/>
wohl, daß Geld und Gold alles niederdru&#x0364;ckte, indem<lb/>
der Frantzo&#x017F;e bereits <hi rendition="#aq">Pardon</hi> erhalten. Ohngeach-<lb/>
tet, daß &#x017F;ich un&#x017F;ere gebiethende Frau, zumahlen, da<lb/>
&#x017F;ie Manns-Kleider am Leibe anhatte, ziemlich zu<lb/>
ver&#x017F;tellen wu&#x017F;te, &#x017F;o merckten wir beyden Bedienten<lb/>
doch bald, was <hi rendition="#aq">pa&#x017F;&#x017F;ir</hi>te, zumahlen, da un&#x017F;ere Frau<lb/>
die Wirthin vermittel&#x017F;t eines Ge&#x017F;chencks <hi rendition="#aq">a. 3. Guine-</hi><lb/>
en gantz vollkommen treuhertzig machte, und die&#x017F;el-<lb/>
be in&#x017F;ta&#x0364;ndig bath, ihn nur hinauf in das Zimmer zu<lb/>
fu&#x0364;hren, wo beyde Frantzo&#x017F;en &#x017F;chlieffen, indem er<lb/>
ein recht vertrauter Freund von allen beyden &#x017F;ey, in-<lb/>
dem er &#x017F;o gut Frantzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;ch als Engli&#x017F;ch <hi rendition="#aq">parlir</hi>en ko&#x0364;n-<lb/>
te. Die Wirthin ließ &#x017F;ich al&#x017F;o ohne ferneres Be-<lb/>
dencken, und in Betrachtung der &#x017F;cho&#x0364;nen Gold-<lb/>
Stu&#x0364;cke, deren &#x017F;ie vielleicht noch mehr zu fi&#x017F;chen ver-<lb/>
hoffte, dahin bewegen, daß &#x017F;ie uns alle 3. in das<lb/>
Zimmer hinauf fu&#x0364;hrete, allwo beyde verliebte Fran-<lb/>
zo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Seelen im Bette angetroffen wurden, und<lb/>
einander umarmten, auch &#x017F;ich keines Bo&#x0364;&#x017F;en befah-<lb/>
reten, biß ihr mein Herr oder Frau, wie ich &#x017F;agen<lb/>
mag, &#x017F;einen ge&#x017F;chliffenen Degen zwi&#x017F;chen beyden<lb/>
Bru&#x0364;&#x017F;ten gantz &#x017F;anffte hindurch bohrete, da &#x017F;ie denn<lb/>
der Wirthin rieff, und die&#x017F;elbe fragte: was im Hau-<lb/>
&#x017F;e und hier oben vorgienge. Nichts, <hi rendition="#aq">Madame,</hi><lb/>
&#x017F;chlaffet nur gantz ruhig, denn ich bin &#x017F;elber da.</p><lb/>
        <p>Mir kam &#x017F;o wohl u&#x0364;ber die Frage, als u&#x0364;ber die<lb/>
Antwort die&#x017F;er beyden Per&#x017F;onen ein hertzliches &#x017F;tilles<lb/>
Lachen an, doch, da ich merckte, daß &#x017F;ich der Fran-<lb/>
tzo&#x017F;e ru&#x0364;hrete und umwenden wolte, &#x017F;tieß ich meinen<lb/><hi rendition="#aq">Camerad</hi>en in die Seite, um auf allen Fall un&#x017F;ere<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Pi&#x017F;tolen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[219/0229] valier erſtochen haͤtte. Ob nun gleich der Entleib- te ein Engelaͤnder von Geburth, ſo ſaͤhe man doch wohl, daß Geld und Gold alles niederdruͤckte, indem der Frantzoſe bereits Pardon erhalten. Ohngeach- tet, daß ſich unſere gebiethende Frau, zumahlen, da ſie Manns-Kleider am Leibe anhatte, ziemlich zu verſtellen wuſte, ſo merckten wir beyden Bedienten doch bald, was paſſirte, zumahlen, da unſere Frau die Wirthin vermittelſt eines Geſchencks a. 3. Guine- en gantz vollkommen treuhertzig machte, und dieſel- be inſtaͤndig bath, ihn nur hinauf in das Zimmer zu fuͤhren, wo beyde Frantzoſen ſchlieffen, indem er ein recht vertrauter Freund von allen beyden ſey, in- dem er ſo gut Frantzoͤſiſch als Engliſch parliren koͤn- te. Die Wirthin ließ ſich alſo ohne ferneres Be- dencken, und in Betrachtung der ſchoͤnen Gold- Stuͤcke, deren ſie vielleicht noch mehr zu fiſchen ver- hoffte, dahin bewegen, daß ſie uns alle 3. in das Zimmer hinauf fuͤhrete, allwo beyde verliebte Fran- zoͤſiſche Seelen im Bette angetroffen wurden, und einander umarmten, auch ſich keines Boͤſen befah- reten, biß ihr mein Herr oder Frau, wie ich ſagen mag, ſeinen geſchliffenen Degen zwiſchen beyden Bruͤſten gantz ſanffte hindurch bohrete, da ſie denn der Wirthin rieff, und dieſelbe fragte: was im Hau- ſe und hier oben vorgienge. Nichts, Madame, ſchlaffet nur gantz ruhig, denn ich bin ſelber da. Mir kam ſo wohl uͤber die Frage, als uͤber die Antwort dieſer beyden Perſonen ein hertzliches ſtilles Lachen an, doch, da ich merckte, daß ſich der Fran- tzoſe ruͤhrete und umwenden wolte, ſtieß ich meinen Cameraden in die Seite, um auf allen Fall unſere Piſtolen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/229
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/229>, abgerufen am 04.05.2024.