gehen, wohin es ihr selbst beliebte, zumahlen, da sie alle Abende wieder zu kommen, und uns zu besuchen versprach.
Es verstrichen demnach nicht mehr, als 8. oder 10. Tage, als sie das erste mahl zurück kam, und uns die traurige Nachricht brachte, daß mein lieber Vater von einem Frantz-Manne, den er bey seiner Maitraisse angetroffen, so zu sagen, meuchelmör- derischer Weise ermordet worden, wessentwegen auch der Mörder so gleich in gefängliche Hafft ge- bracht worden; Hergegen lebte die Maitraisse lustig und guter Dinge, und sähe sich nur bloß allein nach unserm Vater um, ob derselbe den Geld-Sack bald schickte, oder selbsten mit sich brächte. Es hatte mei- ne Mutter diese Nachricht nicht allein in des Vaters, sondern auch so gar in der Maitraisse Logis mit vie- len Umständen vernommen, sich aber an beyden Or- ten gantz und gar nicht darvor ausgegeben, als ob ihr sonderlich viel daran gelegen wäre. Der Maitraisse Schönheit konte sie nicht gnugsam beschreiben, zweiffelte aber sehr, ob selbige nicht etwa eine falsche Schmincke wäre, dem ohngeachtet schwur sie auch in der ersten Hitze, ihren Hohn auch so gar mit Dar- stellung ihres Lebens zu rächen, und nicht eher zu ru- chen, biß die Canaille entleibt wäre.
Jch bath den Himmel mit bittern Thränen, meiner Mutter diese Gedancken zu benehmen, allein mein Gebet wurde in diesem Stücke dißmahl nicht erhöret, denn wenig Tage hernach kam ihr der Rummel auf einmahl wieder an, derowegen zohe sie abermahls eins von meines Vaters käntlichen Kleidern an, die ihr sehr wohl passeten, wie sie denn
in
gehen, wohin es ihr ſelbſt beliebte, zumahlen, da ſie alle Abende wieder zu kommen, und uns zu beſuchen verſprach.
Es verſtrichen demnach nicht mehr, als 8. oder 10. Tage, als ſie das erſte mahl zuruͤck kam, und uns die traurige Nachricht brachte, daß mein lieber Vater von einem Frantz-Manne, den er bey ſeiner Maitraiſſe angetroffen, ſo zu ſagen, meuchelmoͤr- deriſcher Weiſe ermordet worden, weſſentwegen auch der Moͤrder ſo gleich in gefaͤngliche Hafft ge- bracht worden; Hergegen lebte die Maitraiſſe luſtig und guter Dinge, und ſaͤhe ſich nur bloß allein nach unſerm Vater um, ob derſelbe den Geld-Sack bald ſchickte, oder ſelbſten mit ſich braͤchte. Es hatte mei- ne Mutter dieſe Nachricht nicht allein in des Vaters, ſondern auch ſo gar in der Maitraiſſe Logis mit vie- len Umſtaͤnden vernommen, ſich aber an beyden Or- ten gantz und gar nicht darvor ausgegeben, als ob ihr ſonderlich viel daran gelegen waͤre. Der Maitraiſſe Schoͤnheit konte ſie nicht gnugſam beſchreiben, zweiffelte aber ſehr, ob ſelbige nicht etwa eine falſche Schmincke waͤre, dem ohngeachtet ſchwur ſie auch in der erſten Hitze, ihren Hohn auch ſo gar mit Dar- ſtellung ihres Lebens zu raͤchen, und nicht eher zu ru- chen, biß die Canaille entleibt waͤre.
Jch bath den Himmel mit bittern Thraͤnen, meiner Mutter dieſe Gedancken zu benehmen, allein mein Gebet wurde in dieſem Stuͤcke dißmahl nicht erhoͤret, denn wenig Tage hernach kam ihr der Rummel auf einmahl wieder an, derowegen zohe ſie abermahls eins von meines Vaters kaͤntlichen Kleidern an, die ihr ſehr wohl paſſeten, wie ſie denn
in
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0226"n="216"/>
gehen, wohin es ihr ſelbſt beliebte, zumahlen, da ſie<lb/>
alle Abende wieder zu kommen, und uns zu beſuchen<lb/>
verſprach.</p><lb/><p>Es verſtrichen demnach nicht mehr, als 8. oder<lb/>
10. Tage, als ſie das erſte mahl zuruͤck kam, und<lb/>
uns die traurige Nachricht brachte, daß mein lieber<lb/>
Vater von einem Frantz-Manne, den er bey ſeiner<lb/><hirendition="#aq">Maitraiſſe</hi> angetroffen, ſo zu ſagen, meuchelmoͤr-<lb/>
deriſcher Weiſe ermordet worden, weſſentwegen<lb/>
auch der Moͤrder ſo gleich in gefaͤngliche Hafft ge-<lb/>
bracht worden; Hergegen lebte die <hirendition="#aq">Maitraiſſe</hi> luſtig<lb/>
und guter Dinge, und ſaͤhe ſich nur bloß allein nach<lb/>
unſerm Vater um, ob derſelbe den Geld-Sack bald<lb/>ſchickte, oder ſelbſten mit ſich braͤchte. Es hatte mei-<lb/>
ne Mutter dieſe Nachricht nicht allein in des Vaters,<lb/>ſondern auch ſo gar in der <hirendition="#aq">Maitraiſſe Logis</hi> mit vie-<lb/>
len Umſtaͤnden vernommen, ſich aber an beyden Or-<lb/>
ten gantz und gar nicht darvor ausgegeben, als ob ihr<lb/>ſonderlich viel daran gelegen waͤre. Der <hirendition="#aq">Maitraiſſe</hi><lb/>
Schoͤnheit konte ſie nicht gnugſam beſchreiben,<lb/>
zweiffelte aber ſehr, ob ſelbige nicht etwa eine falſche<lb/>
Schmincke waͤre, dem ohngeachtet ſchwur ſie auch<lb/>
in der erſten Hitze, ihren Hohn auch ſo gar mit Dar-<lb/>ſtellung ihres Lebens zu raͤchen, und nicht eher zu ru-<lb/>
chen, biß die <hirendition="#aq">Canaille</hi> entleibt waͤre.</p><lb/><p>Jch bath den Himmel mit bittern Thraͤnen,<lb/>
meiner Mutter dieſe Gedancken zu benehmen, allein<lb/>
mein Gebet wurde in dieſem Stuͤcke dißmahl nicht<lb/>
erhoͤret, denn wenig Tage hernach kam ihr der<lb/>
Rummel auf einmahl wieder an, derowegen zohe<lb/>ſie abermahls eins von meines Vaters kaͤntlichen<lb/>
Kleidern an, die ihr ſehr wohl paſſeten, wie ſie denn<lb/><fwplace="bottom"type="catch">in</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[216/0226]
gehen, wohin es ihr ſelbſt beliebte, zumahlen, da ſie
alle Abende wieder zu kommen, und uns zu beſuchen
verſprach.
Es verſtrichen demnach nicht mehr, als 8. oder
10. Tage, als ſie das erſte mahl zuruͤck kam, und
uns die traurige Nachricht brachte, daß mein lieber
Vater von einem Frantz-Manne, den er bey ſeiner
Maitraiſſe angetroffen, ſo zu ſagen, meuchelmoͤr-
deriſcher Weiſe ermordet worden, weſſentwegen
auch der Moͤrder ſo gleich in gefaͤngliche Hafft ge-
bracht worden; Hergegen lebte die Maitraiſſe luſtig
und guter Dinge, und ſaͤhe ſich nur bloß allein nach
unſerm Vater um, ob derſelbe den Geld-Sack bald
ſchickte, oder ſelbſten mit ſich braͤchte. Es hatte mei-
ne Mutter dieſe Nachricht nicht allein in des Vaters,
ſondern auch ſo gar in der Maitraiſſe Logis mit vie-
len Umſtaͤnden vernommen, ſich aber an beyden Or-
ten gantz und gar nicht darvor ausgegeben, als ob ihr
ſonderlich viel daran gelegen waͤre. Der Maitraiſſe
Schoͤnheit konte ſie nicht gnugſam beſchreiben,
zweiffelte aber ſehr, ob ſelbige nicht etwa eine falſche
Schmincke waͤre, dem ohngeachtet ſchwur ſie auch
in der erſten Hitze, ihren Hohn auch ſo gar mit Dar-
ſtellung ihres Lebens zu raͤchen, und nicht eher zu ru-
chen, biß die Canaille entleibt waͤre.
Jch bath den Himmel mit bittern Thraͤnen,
meiner Mutter dieſe Gedancken zu benehmen, allein
mein Gebet wurde in dieſem Stuͤcke dißmahl nicht
erhoͤret, denn wenig Tage hernach kam ihr der
Rummel auf einmahl wieder an, derowegen zohe
ſie abermahls eins von meines Vaters kaͤntlichen
Kleidern an, die ihr ſehr wohl paſſeten, wie ſie denn
in
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/226>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.