Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

zwischen Licht und Finsterniß anzusehen war. Es
gieng also am Himmels-Gewölbe, zwischen Licht
und Finsterniß, ein etwas dunckel grauer Strich,
von Osten biß Westen hindurch, welches mit
Verwunderung anzusehen war.

Wir gedachten immer, die Schwärtze wür-
de sich weiter ausbreiten, und in die Helligkeit ge-
gen Süden zu hineindringen, mithin den gan-
gantzen Horizont schwartz machen; allein es ge-
schahe nicht, sondern die Schwärtze zog sich, da es
gegen 1. Uhr kam, allmählig nach Norden zurü-
cke, und wurde es in der Tieffe dergestalt schwartz,
als ich nicht beschreiben kan. Gleich da meine
Uhr ein Viertel auf 2. schlug, erblickte ich mit
grössesten Erstaunen, daß sich mitten in der dick-
sten Finsterniß ein ordentliches Feuer-Rad, in der
Grösse (unserm Augenmasse nach) der allergrö-
sten Mühl-Räder praesentirte, welches derge-
stallt schnell herum lief, als ob es durch die Kunst
eines Feuerwerckers also gemacht, und mit be-
sondern Fleisse dahin gestellet wäre.

Meine Frau, die gantz alleine bey mir war,
und ich sahen dieses Wunder-Ding mit gröster
Bestürtzung an, indem ich aber in die andere Stu-
be gegangen war, um nach der Uhr zu sehen, läufft
sie gleichfalls davon, und wecket Mons. von Blac,
nebst andern getreuen Nachbarn, welche schon im
tiefsten Schlafe gelegen. Es kamen ihrer sehr
viele herzu, indem sie aber von allem dem, was
vorgegangen war, nicht das geringste observirt
hatten, so verwunderten sie sich um so viel desto
mehr über das, was ich Jhnen in möglichster Kür-

tze
(a) 4

zwiſchen Licht und Finſterniß anzuſehen war. Es
gieng alſo am Himmels-Gewoͤlbe, zwiſchen Licht
und Finſterniß, ein etwas dunckel grauer Strich,
von Oſten biß Weſten hindurch, welches mit
Verwunderung anzuſehen war.

Wir gedachten immer, die Schwaͤrtze wuͤr-
de ſich weiter ausbreiten, und in die Helligkeit ge-
gen Suͤden zu hineindringen, mithin den gan-
gantzen Horizont ſchwartz machen; allein es ge-
ſchahe nicht, ſondern die Schwaͤrtze zog ſich, da es
gegen 1. Uhr kam, allmaͤhlig nach Norden zuruͤ-
cke, und wurde es in der Tieffe dergeſtalt ſchwartz,
als ich nicht beſchreiben kan. Gleich da meine
Uhr ein Viertel auf 2. ſchlug, erblickte ich mit
groͤſſeſten Erſtaunen, daß ſich mitten in der dick-
ſten Finſterniß ein ordentliches Feuer-Rad, in der
Groͤſſe (unſerm Augenmaſſe nach) der allergroͤ-
ſten Muͤhl-Raͤder præſentirte, welches derge-
ſtallt ſchnell herum lief, als ob es durch die Kunſt
eines Feuerwerckers alſo gemacht, und mit be-
ſondern Fleiſſe dahin geſtellet waͤre.

Meine Frau, die gantz alleine bey mir war,
und ich ſahen dieſes Wunder-Ding mit groͤſter
Beſtuͤrtzung an, indem ich aber in die andere Stu-
be gegangen war, um nach der Uhr zu ſehen, laͤufft
ſie gleichfalls davon, und wecket Monſ. von Blac,
nebſt andern getreuen Nachbarn, welche ſchon im
tiefſten Schlafe gelegen. Es kamen ihrer ſehr
viele herzu, indem ſie aber von allem dem, was
vorgegangen war, nicht das geringſte obſervirt
hatten, ſo verwunderten ſie ſich um ſo viel deſto
mehr uͤber das, was ich Jhnen in moͤglichſter Kuͤr-

tze
(a) 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0017" n="7"/>
zwi&#x017F;chen Licht und Fin&#x017F;terniß anzu&#x017F;ehen war. Es<lb/>
gieng al&#x017F;o am Himmels-Gewo&#x0364;lbe, zwi&#x017F;chen Licht<lb/>
und Fin&#x017F;terniß, ein etwas dunckel grauer Strich,<lb/>
von O&#x017F;ten biß We&#x017F;ten hindurch, welches mit<lb/>
Verwunderung anzu&#x017F;ehen war.</p><lb/>
        <p>Wir gedachten immer, die Schwa&#x0364;rtze wu&#x0364;r-<lb/>
de &#x017F;ich weiter ausbreiten, und in die Helligkeit ge-<lb/>
gen Su&#x0364;den zu hineindringen, mithin den gan-<lb/>
gantzen Horizont &#x017F;chwartz machen; allein es ge-<lb/>
&#x017F;chahe nicht, &#x017F;ondern die Schwa&#x0364;rtze zog &#x017F;ich, da es<lb/>
gegen 1. Uhr kam, allma&#x0364;hlig nach Norden zuru&#x0364;-<lb/>
cke, und wurde es in der Tieffe derge&#x017F;talt &#x017F;chwartz,<lb/>
als ich nicht be&#x017F;chreiben kan. Gleich da meine<lb/>
Uhr ein Viertel auf 2. &#x017F;chlug, erblickte ich mit<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten Er&#x017F;taunen, daß &#x017F;ich mitten in der dick-<lb/>
&#x017F;ten Fin&#x017F;terniß ein ordentliches Feuer-Rad, in der<lb/>
Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e (un&#x017F;erm Augenma&#x017F;&#x017F;e nach) der allergro&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ten Mu&#x0364;hl-Ra&#x0364;der <hi rendition="#aq">præ&#x017F;entir</hi>te, welches derge-<lb/>
&#x017F;tallt &#x017F;chnell herum lief, als ob es durch die Kun&#x017F;t<lb/>
eines Feuerwerckers al&#x017F;o gemacht, und mit be-<lb/>
&#x017F;ondern Flei&#x017F;&#x017F;e dahin ge&#x017F;tellet wa&#x0364;re.</p><lb/>
        <p>Meine Frau, die gantz alleine bey mir war,<lb/>
und ich &#x017F;ahen die&#x017F;es Wunder-Ding mit gro&#x0364;&#x017F;ter<lb/>
Be&#x017F;tu&#x0364;rtzung an, indem ich aber in die andere Stu-<lb/>
be gegangen war, um nach der Uhr zu &#x017F;ehen, la&#x0364;ufft<lb/>
&#x017F;ie gleichfalls davon, und wecket <hi rendition="#aq">Mon&#x017F;.</hi> von <hi rendition="#aq">Blac,</hi><lb/>
neb&#x017F;t andern getreuen Nachbarn, welche &#x017F;chon im<lb/>
tief&#x017F;ten Schlafe gelegen. Es kamen ihrer &#x017F;ehr<lb/>
viele herzu, indem &#x017F;ie aber von allem dem, was<lb/>
vorgegangen war, nicht das gering&#x017F;te <hi rendition="#aq">ob&#x017F;ervi</hi>rt<lb/>
hatten, &#x017F;o verwunderten &#x017F;ie &#x017F;ich um &#x017F;o viel de&#x017F;to<lb/>
mehr u&#x0364;ber das, was ich Jhnen in mo&#x0364;glich&#x017F;ter Ku&#x0364;r-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">(a) 4</fw><fw place="bottom" type="catch">tze</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0017] zwiſchen Licht und Finſterniß anzuſehen war. Es gieng alſo am Himmels-Gewoͤlbe, zwiſchen Licht und Finſterniß, ein etwas dunckel grauer Strich, von Oſten biß Weſten hindurch, welches mit Verwunderung anzuſehen war. Wir gedachten immer, die Schwaͤrtze wuͤr- de ſich weiter ausbreiten, und in die Helligkeit ge- gen Suͤden zu hineindringen, mithin den gan- gantzen Horizont ſchwartz machen; allein es ge- ſchahe nicht, ſondern die Schwaͤrtze zog ſich, da es gegen 1. Uhr kam, allmaͤhlig nach Norden zuruͤ- cke, und wurde es in der Tieffe dergeſtalt ſchwartz, als ich nicht beſchreiben kan. Gleich da meine Uhr ein Viertel auf 2. ſchlug, erblickte ich mit groͤſſeſten Erſtaunen, daß ſich mitten in der dick- ſten Finſterniß ein ordentliches Feuer-Rad, in der Groͤſſe (unſerm Augenmaſſe nach) der allergroͤ- ſten Muͤhl-Raͤder præſentirte, welches derge- ſtallt ſchnell herum lief, als ob es durch die Kunſt eines Feuerwerckers alſo gemacht, und mit be- ſondern Fleiſſe dahin geſtellet waͤre. Meine Frau, die gantz alleine bey mir war, und ich ſahen dieſes Wunder-Ding mit groͤſter Beſtuͤrtzung an, indem ich aber in die andere Stu- be gegangen war, um nach der Uhr zu ſehen, laͤufft ſie gleichfalls davon, und wecket Monſ. von Blac, nebſt andern getreuen Nachbarn, welche ſchon im tiefſten Schlafe gelegen. Es kamen ihrer ſehr viele herzu, indem ſie aber von allem dem, was vorgegangen war, nicht das geringſte obſervirt hatten, ſo verwunderten ſie ſich um ſo viel deſto mehr uͤber das, was ich Jhnen in moͤglichſter Kuͤr- tze (a) 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/17
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/17>, abgerufen am 27.04.2024.