Jahr so manches Vergnügen mit dir gehabt habe. Sie, meine Liebste: Liebster Schatz! wenn du mir an meinen Bräutigam, Horn, gedenckest, möchte ich allezeit bitterlich weinen. Wolte der Himmel! daß ich nicht unter der Gewalt meiner Eltern stünde, so solte nimmermehr ein anderer an meine Seite kommen, als Du, ich werde auch nim- mermehr jemanden recht lieben können, als dich al- lein, denn die erste Liebe ist doch die hefftigste und beständigste, derowegen wird mir es mein zukünff- tiger Mann nimmermehr so zu Dancke machen können, als wie du es mir nun, nicht allein seit dritthalb Jahren, sondern noch länger her gemacht hast. Weist du nicht - - Er: Jch weiß es wohl, aber damahls spieleten wir nur wie die Kinder, und nunmehro, da wir kaum recht klug geworden sind, werden wir auf ewig von einander gerissen. Sie: Das will ich nicht hoffen, mein Engel, be- dencke doch: mein künfftiger Mann wird man- chen Tag und manche liebe Nacht nicht zu Hause seyn, indem er bey seiner itzigen Bedienung auch gar öffters auf etliche Wochen verreisen muß, ich verspreche dir mit Hand und Hertzen/ dich bey sol- cher schönen Gelegenheit, allezeit heimlich zu mir und dir manchen schönen Thaler zukommen zu las- sen. Das 20. Ducaten-Stücke aber, welches mir Horn geschenckt, und ich dir heute wieder ge- schenckt habe, must du ja behutsam verwechseln, da- mit es nicht offenbahr wird. Laß dir gegen meine Hochzeit ein neues Kleid und andere schöne Sa- chen davor machen, damit ich an meinem trauri-
gen
Jahr ſo manches Vergnuͤgen mit dir gehabt habe. Sie, meine Liebſte: Liebſter Schatz! wenn du mir an meinen Braͤutigam, Horn, gedenckeſt, moͤchte ich allezeit bitterlich weinen. Wolte der Himmel! daß ich nicht unter der Gewalt meiner Eltern ſtuͤnde, ſo ſolte nimmermehr ein anderer an meine Seite kommen, als Du, ich werde auch nim- mermehr jemanden recht lieben koͤnnen, als dich al- lein, denn die erſte Liebe iſt doch die hefftigſte und beſtaͤndigſte, derowegen wird mir es mein zukuͤnff- tiger Mann nimmermehr ſo zu Dancke machen koͤnnen, als wie du es mir nun, nicht allein ſeit dritthalb Jahren, ſondern noch laͤnger her gemacht haſt. Weiſt du nicht ‒ ‒ Er: Jch weiß es wohl, aber damahls ſpieleten wir nur wie die Kinder, und nunmehro, da wir kaum recht klug geworden ſind, werden wir auf ewig von einander geriſſen. Sie: Das will ich nicht hoffen, mein Engel, be- dencke doch: mein kuͤnfftiger Mann wird man- chen Tag und manche liebe Nacht nicht zu Hauſe ſeyn, indem er bey ſeiner itzigen Bedienung auch gar oͤffters auf etliche Wochen verreiſen muß, ich verſpreche dir mit Hand und Hertzen/ dich bey ſol- cher ſchoͤnen Gelegenheit, allezeit heimlich zu mir und dir manchen ſchoͤnen Thaler zukommen zu laſ- ſen. Das 20. Ducaten-Stuͤcke aber, welches mir Horn geſchenckt, und ich dir heute wieder ge- ſchenckt habe, muſt du ja behutſam verwechſeln, da- mit es nicht offenbahr wird. Laß dir gegen meine Hochzeit ein neues Kleid und andere ſchoͤne Sa- chen davor machen, damit ich an meinem trauri-
gen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0450"n="442"/>
Jahr ſo manches Vergnuͤgen mit dir gehabt habe.<lb/><hirendition="#fr">Sie, meine Liebſte:</hi> Liebſter Schatz! wenn du<lb/>
mir an meinen Braͤutigam, Horn, gedenckeſt,<lb/>
moͤchte ich allezeit bitterlich weinen. Wolte der<lb/>
Himmel! daß ich nicht unter der Gewalt meiner<lb/>
Eltern ſtuͤnde, ſo ſolte nimmermehr ein anderer an<lb/>
meine Seite kommen, als Du, ich werde auch nim-<lb/>
mermehr jemanden recht lieben koͤnnen, als dich al-<lb/>
lein, denn die erſte Liebe iſt doch die hefftigſte und<lb/>
beſtaͤndigſte, derowegen wird mir es mein zukuͤnff-<lb/>
tiger Mann nimmermehr ſo zu Dancke machen<lb/>
koͤnnen, als wie du es mir nun, nicht allein ſeit<lb/>
dritthalb Jahren, ſondern noch laͤnger her gemacht<lb/>
haſt. Weiſt du nicht ‒‒<hirendition="#fr">Er:</hi> Jch weiß es wohl,<lb/>
aber damahls ſpieleten wir nur wie die Kinder,<lb/>
und nunmehro, da wir kaum recht klug geworden<lb/>ſind, werden wir auf ewig von einander geriſſen.<lb/><hirendition="#fr">Sie:</hi> Das will ich nicht hoffen, mein Engel, be-<lb/>
dencke doch: mein kuͤnfftiger Mann wird man-<lb/>
chen Tag und manche liebe Nacht nicht zu Hauſe<lb/>ſeyn, indem er bey ſeiner itzigen Bedienung auch<lb/>
gar oͤffters auf etliche Wochen verreiſen muß, ich<lb/>
verſpreche dir mit Hand und Hertzen/ dich bey ſol-<lb/>
cher ſchoͤnen Gelegenheit, allezeit heimlich zu mir<lb/>
und dir manchen ſchoͤnen Thaler zukommen zu laſ-<lb/>ſen. Das 20. <hirendition="#aq">Ducat</hi>en-Stuͤcke aber, welches<lb/>
mir Horn geſchenckt, und ich dir heute wieder ge-<lb/>ſchenckt habe, muſt du ja behutſam verwechſeln, da-<lb/>
mit es nicht offenbahr wird. Laß dir gegen meine<lb/>
Hochzeit ein neues Kleid und andere ſchoͤne Sa-<lb/>
chen davor machen, damit ich an meinem trauri-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">gen</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[442/0450]
Jahr ſo manches Vergnuͤgen mit dir gehabt habe.
Sie, meine Liebſte: Liebſter Schatz! wenn du
mir an meinen Braͤutigam, Horn, gedenckeſt,
moͤchte ich allezeit bitterlich weinen. Wolte der
Himmel! daß ich nicht unter der Gewalt meiner
Eltern ſtuͤnde, ſo ſolte nimmermehr ein anderer an
meine Seite kommen, als Du, ich werde auch nim-
mermehr jemanden recht lieben koͤnnen, als dich al-
lein, denn die erſte Liebe iſt doch die hefftigſte und
beſtaͤndigſte, derowegen wird mir es mein zukuͤnff-
tiger Mann nimmermehr ſo zu Dancke machen
koͤnnen, als wie du es mir nun, nicht allein ſeit
dritthalb Jahren, ſondern noch laͤnger her gemacht
haſt. Weiſt du nicht ‒ ‒ Er: Jch weiß es wohl,
aber damahls ſpieleten wir nur wie die Kinder,
und nunmehro, da wir kaum recht klug geworden
ſind, werden wir auf ewig von einander geriſſen.
Sie: Das will ich nicht hoffen, mein Engel, be-
dencke doch: mein kuͤnfftiger Mann wird man-
chen Tag und manche liebe Nacht nicht zu Hauſe
ſeyn, indem er bey ſeiner itzigen Bedienung auch
gar oͤffters auf etliche Wochen verreiſen muß, ich
verſpreche dir mit Hand und Hertzen/ dich bey ſol-
cher ſchoͤnen Gelegenheit, allezeit heimlich zu mir
und dir manchen ſchoͤnen Thaler zukommen zu laſ-
ſen. Das 20. Ducaten-Stuͤcke aber, welches
mir Horn geſchenckt, und ich dir heute wieder ge-
ſchenckt habe, muſt du ja behutſam verwechſeln, da-
mit es nicht offenbahr wird. Laß dir gegen meine
Hochzeit ein neues Kleid und andere ſchoͤne Sa-
chen davor machen, damit ich an meinem trauri-
gen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/450>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.