Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

schon guten Theils bekannt seyn, oder ich will selbi-
ges zur andern Zeit erzählen, weiln uns die eingebro-
chene Nacht ins Bette weiset.

Hiermit endigte mein Vater den kurtzen Be-
richt von seinem Lebens-Lauffe, und wir begaben
uns insgesammt zur Ruhe, weil wir sehr stille
See hatten, so bald wird aber den Tropicum
Cancri passi
rt waren, erhub sich auf einmahl ein
solcher gewaltiger Sturm-Wind und Regen, daß
wir ingesammt nicht anders glaubten, als in die-
ser Gegend zu verderben; von Donnern und Bli-
tzen höreten und sahen wir nichts, nur der Sturm-
Wind erregte die Wellen dergestalt, daß wir alle
Augenblicke vermeynten, von denselben verschlun-
gen zu werden, wie uns denn ausser diesem der
grausame Regen die gröste Beschwerlichkeit ver-
ursachte. Dritten Tages hörte es zwar auf zu
regnen, allein der Wind stürmete desto schärffer,
so, daß man nirgend ruhig stehen oder liegen kon-
te. Unser Frauenzimmer wurde sehr unpäßlich,
meine Schwester aber recht tödlich kranck, und
ob wir gleich derselben die kostbarsten Artzeneyen,
nach Anweisung unsers sehr verständigen Schiffs-
Barbiers, eingaben, so wolte doch nichts anschla-
gen, sondern es wurde am 9ten Tage, da das
Stürmen noch immerfort währete, so schlimm mit
derselben, daß wir an ihrer Aufkunfft zweiffelten.
Dahin gegen es sich mit den andern Krancken ziem-
lich besserte. Mein Vater und ich waren dieser-
wegen aufs äusserste betrübt, ihr Bräutigam aber,
Mons. Schmeltzer, gantz Trostloß, so, daß er
sich fast nicht zu fassen wuste. Keiner unter allen

zeigte
III. Theil. (C)

ſchon guten Theils bekannt ſeyn, oder ich will ſelbi-
ges zur andern Zeit erzaͤhlen, weiln uns die eingebro-
chene Nacht ins Bette weiſet.

Hiermit endigte mein Vater den kurtzen Be-
richt von ſeinem Lebens-Lauffe, und wir begaben
uns insgeſammt zur Ruhe, weil wir ſehr ſtille
See hatten, ſo bald wird aber den Tropicum
Cancri paſſi
rt waren, erhub ſich auf einmahl ein
ſolcher gewaltiger Sturm-Wind und Regen, daß
wir ingeſammt nicht anders glaubten, als in die-
ſer Gegend zu verderben; von Donnern und Bli-
tzen hoͤreten und ſahen wir nichts, nur der Sturm-
Wind erregte die Wellen dergeſtalt, daß wir alle
Augenblicke vermeynten, von denſelben verſchlun-
gen zu werden, wie uns denn auſſer dieſem der
grauſame Regen die groͤſte Beſchwerlichkeit ver-
urſachte. Dritten Tages hoͤrte es zwar auf zu
regnen, allein der Wind ſtuͤrmete deſto ſchaͤrffer,
ſo, daß man nirgend ruhig ſtehen oder liegen kon-
te. Unſer Frauenzimmer wurde ſehr unpaͤßlich,
meine Schweſter aber recht toͤdlich kranck, und
ob wir gleich derſelben die koſtbarſten Artzeneyen,
nach Anweiſung unſers ſehr verſtaͤndigen Schiffs-
Barbiers, eingaben, ſo wolte doch nichts anſchla-
gen, ſondern es wurde am 9ten Tage, da das
Stuͤrmen noch immerfort waͤhrete, ſo ſchlimm mit
derſelben, daß wir an ihrer Aufkunfft zweiffelten.
Dahin gegen es ſich mit den andern Krancken ziem-
lich beſſerte. Mein Vater und ich waren dieſer-
wegen aufs aͤuſſerſte betruͤbt, ihr Braͤutigam aber,
Monſ. Schmeltzer, gantz Troſtloß, ſo, daß er
ſich faſt nicht zu faſſen wuſte. Keiner unter allen

zeigte
III. Theil. (C)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0041" n="33"/>
&#x017F;chon guten Theils bekannt &#x017F;eyn, oder ich will &#x017F;elbi-<lb/>
ges zur andern Zeit erza&#x0364;hlen, weiln uns die eingebro-<lb/>
chene Nacht ins Bette wei&#x017F;et.</p><lb/>
        <p>Hiermit endigte mein Vater den kurtzen Be-<lb/>
richt von &#x017F;einem Lebens-Lauffe, und wir begaben<lb/>
uns insge&#x017F;ammt zur Ruhe, weil wir &#x017F;ehr &#x017F;tille<lb/>
See hatten, &#x017F;o bald wird aber den <hi rendition="#aq">Tropicum<lb/>
Cancri pa&#x017F;&#x017F;i</hi>rt waren, erhub &#x017F;ich auf einmahl ein<lb/>
&#x017F;olcher gewaltiger Sturm-Wind und Regen, daß<lb/>
wir inge&#x017F;ammt nicht anders glaubten, als in die-<lb/>
&#x017F;er Gegend zu verderben; von Donnern und Bli-<lb/>
tzen ho&#x0364;reten und &#x017F;ahen wir nichts, nur der Sturm-<lb/>
Wind erregte die Wellen derge&#x017F;talt, daß wir alle<lb/>
Augenblicke vermeynten, von den&#x017F;elben ver&#x017F;chlun-<lb/>
gen zu werden, wie uns denn au&#x017F;&#x017F;er die&#x017F;em der<lb/>
grau&#x017F;ame Regen die gro&#x0364;&#x017F;te Be&#x017F;chwerlichkeit ver-<lb/>
ur&#x017F;achte. Dritten Tages ho&#x0364;rte es zwar auf zu<lb/>
regnen, allein der Wind &#x017F;tu&#x0364;rmete de&#x017F;to &#x017F;cha&#x0364;rffer,<lb/>
&#x017F;o, daß man nirgend ruhig &#x017F;tehen oder liegen kon-<lb/>
te. Un&#x017F;er Frauenzimmer wurde &#x017F;ehr unpa&#x0364;ßlich,<lb/>
meine Schwe&#x017F;ter aber recht to&#x0364;dlich kranck, und<lb/>
ob wir gleich der&#x017F;elben die ko&#x017F;tbar&#x017F;ten Artzeneyen,<lb/>
nach Anwei&#x017F;ung un&#x017F;ers &#x017F;ehr ver&#x017F;ta&#x0364;ndigen Schiffs-<lb/>
Barbiers, eingaben, &#x017F;o wolte doch nichts an&#x017F;chla-<lb/>
gen, &#x017F;ondern es wurde am 9ten Tage, da das<lb/>
Stu&#x0364;rmen noch immerfort wa&#x0364;hrete, &#x017F;o &#x017F;chlimm mit<lb/>
der&#x017F;elben, daß wir an ihrer Aufkunfft zweiffelten.<lb/>
Dahin gegen es &#x017F;ich mit den andern Krancken ziem-<lb/>
lich be&#x017F;&#x017F;erte. Mein Vater und ich waren die&#x017F;er-<lb/>
wegen aufs a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;te betru&#x0364;bt, ihr Bra&#x0364;utigam aber,<lb/><hi rendition="#aq">Mon&#x017F;. Schmeltzer,</hi> gantz Tro&#x017F;tloß, &#x017F;o, daß er<lb/>
&#x017F;ich fa&#x017F;t nicht zu fa&#x017F;&#x017F;en wu&#x017F;te. Keiner unter allen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">III.</hi><hi rendition="#fr">Theil.</hi> (C)</fw><fw place="bottom" type="catch">zeigte</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0041] ſchon guten Theils bekannt ſeyn, oder ich will ſelbi- ges zur andern Zeit erzaͤhlen, weiln uns die eingebro- chene Nacht ins Bette weiſet. Hiermit endigte mein Vater den kurtzen Be- richt von ſeinem Lebens-Lauffe, und wir begaben uns insgeſammt zur Ruhe, weil wir ſehr ſtille See hatten, ſo bald wird aber den Tropicum Cancri paſſirt waren, erhub ſich auf einmahl ein ſolcher gewaltiger Sturm-Wind und Regen, daß wir ingeſammt nicht anders glaubten, als in die- ſer Gegend zu verderben; von Donnern und Bli- tzen hoͤreten und ſahen wir nichts, nur der Sturm- Wind erregte die Wellen dergeſtalt, daß wir alle Augenblicke vermeynten, von denſelben verſchlun- gen zu werden, wie uns denn auſſer dieſem der grauſame Regen die groͤſte Beſchwerlichkeit ver- urſachte. Dritten Tages hoͤrte es zwar auf zu regnen, allein der Wind ſtuͤrmete deſto ſchaͤrffer, ſo, daß man nirgend ruhig ſtehen oder liegen kon- te. Unſer Frauenzimmer wurde ſehr unpaͤßlich, meine Schweſter aber recht toͤdlich kranck, und ob wir gleich derſelben die koſtbarſten Artzeneyen, nach Anweiſung unſers ſehr verſtaͤndigen Schiffs- Barbiers, eingaben, ſo wolte doch nichts anſchla- gen, ſondern es wurde am 9ten Tage, da das Stuͤrmen noch immerfort waͤhrete, ſo ſchlimm mit derſelben, daß wir an ihrer Aufkunfft zweiffelten. Dahin gegen es ſich mit den andern Krancken ziem- lich beſſerte. Mein Vater und ich waren dieſer- wegen aufs aͤuſſerſte betruͤbt, ihr Braͤutigam aber, Monſ. Schmeltzer, gantz Troſtloß, ſo, daß er ſich faſt nicht zu faſſen wuſte. Keiner unter allen zeigte III. Theil. (C)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/41
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/41>, abgerufen am 23.11.2024.