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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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von euren Amanten abzuwenden, und mich zu lie-
ben, aber ich müste unvernünfftig handeln, wenn
ich euch darum verdächte, weil mir ja ebenfalls
nicht anders zu Muthe ist. Mein eintziger Trost
ist, daß ihr selbsten wisset, was massen ich am we-
nigsten Schuld an unsern Malheur bin, ja ich schwö-
re: daß ich mehr als die Helffte meines gantzen
Vermögens daran spendirte, wenn wir beyde un-
ser Schicksal geändert, und uns vergnügt sehen kön-
ten. Damit ihr aber nicht Ursach habt, über mich
zu klagen, so schencke ich euch eure vollkommene
Freyheit, so zu leben, als ob ihr an keinen Mann
gebunden wäret, denn ich werde eher diejenigen Or-
te, wo ihr euer Divertissement findet, vermelden,
als euch vorsätzlich darinnen stöhren. Lasset euren
Amanten, oder wen ihr sonst gern leiden möget, so
offt, als euch beliebt, zu euch kommen, ich werde
thun, als ob ich von nichts wüste, denn ich bin schon
so viel von eurer Conduite versichert, daß ihr bey
der Galanterie eure Reputation nicht vergessen
werdet. Jm Gegentheil aber hoffe, daß ihr auch so
raisonnable seyn, und euch um meine Gänge, Thun
und Lassen, vornehmlich aber um meine Galante-
rie-Affair
en unbekümmert lassen werdet. Meine
Frau saß, nach Endigung meiner Rede, eine gute
Weile in tieffen Gedancken, da ich sie aber erinnerte,
mir doch einige Antwort zu geben, öffnete sich end-
lich ihr Mund, und sagte: Monsieur, ihr ver-
dienet eurer guten Gestalt und vortrefflichen Con-
duite
wegen von Königlichen Printzeßinnen geliebt
zu werden, allein, vergebet, und habt ein wahrhaff-
tes Mitleyden mit mir Unglückseligen, da ich ge-

stehen

von euren Amanten abzuwenden, und mich zu lie-
ben, aber ich muͤſte unvernuͤnfftig handeln, wenn
ich euch darum verdaͤchte, weil mir ja ebenfalls
nicht anders zu Muthe iſt. Mein eintziger Troſt
iſt, daß ihr ſelbſten wiſſet, was maſſen ich am we-
nigſten Schuld an unſern Malheur bin, ja ich ſchwoͤ-
re: daß ich mehr als die Helffte meines gantzen
Vermoͤgens daran ſpendirte, wenn wir beyde un-
ſer Schickſal geaͤndert, und uns vergnuͤgt ſehen koͤn-
ten. Damit ihr aber nicht Urſach habt, uͤber mich
zu klagen, ſo ſchencke ich euch eure vollkommene
Freyheit, ſo zu leben, als ob ihr an keinen Mann
gebunden waͤret, denn ich werde eher diejenigen Or-
te, wo ihr euer Divertiſſement findet, vermelden,
als euch vorſaͤtzlich darinnen ſtoͤhren. Laſſet euren
Amanten, oder wen ihr ſonſt gern leiden moͤget, ſo
offt, als euch beliebt, zu euch kommen, ich werde
thun, als ob ich von nichts wuͤſte, denn ich bin ſchon
ſo viel von eurer Conduite verſichert, daß ihr bey
der Galanterie eure Reputation nicht vergeſſen
werdet. Jm Gegentheil aber hoffe, daß ihr auch ſo
raiſonnable ſeyn, und euch um meine Gaͤnge, Thun
und Laſſen, vornehmlich aber um meine Galante-
rie-Affair
en unbekuͤmmert laſſen werdet. Meine
Frau ſaß, nach Endigung meiner Rede, eine gute
Weile in tieffen Gedancken, da ich ſie aber erinnerte,
mir doch einige Antwort zu geben, oͤffnete ſich end-
lich ihr Mund, und ſagte: Monsieur, ihr ver-
dienet eurer guten Geſtalt und vortrefflichen Con-
duite
wegen von Koͤniglichen Printzeßinnen geliebt
zu werden, allein, vergebet, und habt ein wahrhaff-
tes Mitleyden mit mir Ungluͤckſeligen, da ich ge-

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[397/0405] von euren Amanten abzuwenden, und mich zu lie- ben, aber ich muͤſte unvernuͤnfftig handeln, wenn ich euch darum verdaͤchte, weil mir ja ebenfalls nicht anders zu Muthe iſt. Mein eintziger Troſt iſt, daß ihr ſelbſten wiſſet, was maſſen ich am we- nigſten Schuld an unſern Malheur bin, ja ich ſchwoͤ- re: daß ich mehr als die Helffte meines gantzen Vermoͤgens daran ſpendirte, wenn wir beyde un- ſer Schickſal geaͤndert, und uns vergnuͤgt ſehen koͤn- ten. Damit ihr aber nicht Urſach habt, uͤber mich zu klagen, ſo ſchencke ich euch eure vollkommene Freyheit, ſo zu leben, als ob ihr an keinen Mann gebunden waͤret, denn ich werde eher diejenigen Or- te, wo ihr euer Divertiſſement findet, vermelden, als euch vorſaͤtzlich darinnen ſtoͤhren. Laſſet euren Amanten, oder wen ihr ſonſt gern leiden moͤget, ſo offt, als euch beliebt, zu euch kommen, ich werde thun, als ob ich von nichts wuͤſte, denn ich bin ſchon ſo viel von eurer Conduite verſichert, daß ihr bey der Galanterie eure Reputation nicht vergeſſen werdet. Jm Gegentheil aber hoffe, daß ihr auch ſo raiſonnable ſeyn, und euch um meine Gaͤnge, Thun und Laſſen, vornehmlich aber um meine Galante- rie-Affairen unbekuͤmmert laſſen werdet. Meine Frau ſaß, nach Endigung meiner Rede, eine gute Weile in tieffen Gedancken, da ich ſie aber erinnerte, mir doch einige Antwort zu geben, oͤffnete ſich end- lich ihr Mund, und ſagte: Monsieur, ihr ver- dienet eurer guten Geſtalt und vortrefflichen Con- duite wegen von Koͤniglichen Printzeßinnen geliebt zu werden, allein, vergebet, und habt ein wahrhaff- tes Mitleyden mit mir Ungluͤckſeligen, da ich ge- ſtehen

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/405>, abgerufen am 17.05.2024.