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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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tes an ihm verspüret; allein die arme Creatur fing
bitterlich an zu weinen, zumahl da sie aus meinen
Reden verspürete, daß es mein ernstlicher Wille sey
und ich mir dadurch aus meinen Nöthen zu helffen
gedächte; bath sich aber wenigstens einen Monat
Bedenck-Zeit aus, welche ich ihr denn nicht abschla-
gen konte, dem Peterson dessen benachrichtigte und
ihm die Freyheit ließ, seine Werbung selbst anzu-
bringen, indem er meinen väterlichen Consens zwar
völlig hätte, ich aber doch meine Tochter, welche biß
dato noch keine Lust zum Heyrathen bezeigte, mit
Gewalt darzu zu zwingen gar nicht gesonnen wäre,
sondern ihm viellieber seine mir vorgeschossenen Gel-
der cum Interesse so gleich wieder baar bezahlen und
mein Glück weiter suchen wolte.

Peterson wolte hiervon nichts hören, sondern
blieb bey seinem Versprechen, mir mit mehr als noch
einmahl so viel an die Hand zu gehen, übrigens solte
ich ihn nur walten lassen, denn ob er gleich wisse, daß
er meiner Tochter nicht galant genung in die Augen
fiele, so würde sich doch durch öfftern Umgang und
andere honetten Vortheile, deren sich ein Verliebter
gebrauchen müste, mit der Zeit alles geben. Dem-
nach ließ ich ihm die Freyheit, sie täglich im Beyseyn
ihrer Baase zu sprechen und erfuhr selbst von ihm,
daß meine Tochter ihm zwar täglich höflicher und
freundlicher, aber noch gar nicht verliebt begegnete,
weßwegen er jedoch noch die allergröste Hoffnung
hätte ihr Hertz zu besiegen.

Bey diesem allen versäu[mete] ich, wie schon ge-
meldet, keine Zeit, den Res[t, m]einer aus Brasilien
mitgebrachten Waaren loß zu schlagen und da ich

voll-

tes an ihm verſpuͤret; allein die arme Creatur fing
bitterlich an zu weinen, zumahl da ſie aus meinen
Reden verſpuͤrete, daß es mein ernſtlicher Wille ſey
und ich mir dadurch aus meinen Noͤthen zu helffen
gedaͤchte; bath ſich aber wenigſtens einen Monat
Bedenck-Zeit aus, welche ich ihr denn nicht abſchla-
gen konte, dem Peterſon deſſen benachrichtigte und
ihm die Freyheit ließ, ſeine Werbung ſelbſt anzu-
bringen, indem er meinen vaͤterlichen Conſens zwar
voͤllig haͤtte, ich aber doch meine Tochter, welche biß
dato noch keine Luſt zum Heyrathen bezeigte, mit
Gewalt darzu zu zwingen gar nicht geſonnen waͤre,
ſondern ihm viellieber ſeine mir vorgeſchoſſenen Gel-
der cum Intereſſe ſo gleich wieder baar bezahlen und
mein Gluͤck weiter ſuchen wolte.

Peterſon wolte hiervon nichts hoͤren, ſondern
blieb bey ſeinem Verſprechen, mir mit mehr als noch
einmahl ſo viel an die Hand zu gehen, uͤbrigens ſolte
ich ihn nur walten laſſen, denn ob er gleich wiſſe, daß
er meiner Tochter nicht galant genung in die Augen
fiele, ſo wuͤrde ſich doch durch oͤfftern Umgang und
andere honetten Vortheile, deren ſich ein Verliebter
gebrauchen muͤſte, mit der Zeit alles geben. Dem-
nach ließ ich ihm die Freyheit, ſie taͤglich im Beyſeyn
ihrer Baaſe zu ſprechen und erfuhr ſelbſt von ihm,
daß meine Tochter ihm zwar taͤglich hoͤflicher und
freundlicher, aber noch gar nicht verliebt begegnete,
weßwegen er jedoch noch die allergroͤſte Hoffnung
haͤtte ihr Hertz zu beſiegen.

Bey dieſem allen verſaͤu[mete] ich, wie ſchon ge-
meldet, keine Zeit, den Reſ[t, m]einer aus Braſilien
mitgebrachten Waaren loß zu ſchlagen und da ich

voll-
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[27/0035] tes an ihm verſpuͤret; allein die arme Creatur fing bitterlich an zu weinen, zumahl da ſie aus meinen Reden verſpuͤrete, daß es mein ernſtlicher Wille ſey und ich mir dadurch aus meinen Noͤthen zu helffen gedaͤchte; bath ſich aber wenigſtens einen Monat Bedenck-Zeit aus, welche ich ihr denn nicht abſchla- gen konte, dem Peterſon deſſen benachrichtigte und ihm die Freyheit ließ, ſeine Werbung ſelbſt anzu- bringen, indem er meinen vaͤterlichen Conſens zwar voͤllig haͤtte, ich aber doch meine Tochter, welche biß dato noch keine Luſt zum Heyrathen bezeigte, mit Gewalt darzu zu zwingen gar nicht geſonnen waͤre, ſondern ihm viellieber ſeine mir vorgeſchoſſenen Gel- der cum Intereſſe ſo gleich wieder baar bezahlen und mein Gluͤck weiter ſuchen wolte. Peterſon wolte hiervon nichts hoͤren, ſondern blieb bey ſeinem Verſprechen, mir mit mehr als noch einmahl ſo viel an die Hand zu gehen, uͤbrigens ſolte ich ihn nur walten laſſen, denn ob er gleich wiſſe, daß er meiner Tochter nicht galant genung in die Augen fiele, ſo wuͤrde ſich doch durch oͤfftern Umgang und andere honetten Vortheile, deren ſich ein Verliebter gebrauchen muͤſte, mit der Zeit alles geben. Dem- nach ließ ich ihm die Freyheit, ſie taͤglich im Beyſeyn ihrer Baaſe zu ſprechen und erfuhr ſelbſt von ihm, daß meine Tochter ihm zwar taͤglich hoͤflicher und freundlicher, aber noch gar nicht verliebt begegnete, weßwegen er jedoch noch die allergroͤſte Hoffnung haͤtte ihr Hertz zu beſiegen. Bey dieſem allen verſaͤumete ich, wie ſchon ge- meldet, keine Zeit, den Reſt, meiner aus Braſilien mitgebrachten Waaren loß zu ſchlagen und da ich voll-

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/35>, abgerufen am 26.04.2024.