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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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endlich die Nacht heran, gingen deßwegen auch mit
dieser Curiosität wohl vergnügt wieder zurück, la-
gerten uns in dem geraumlichen Vorhoffe des Tem-
pels, der so gleich vor der Thür nach Norden zu
befindlich, auf den Boden, liessen unsere Wind-
Lichter bey uns stehen, hielten die Abend-Mahlzeit,
nach derselben aber eine andächtige Bet-Stunde,
und warteten mit Verlangen auf die Mitternachts-
Stunde. Allein, mit Eintritt derselben geschahe
ein grausamer Knall, eben als wenn 100. Canonen
auf einmahl gelöset würden, auf diesen folgte ein
grausames Geprassele, der Boden bebete unteruns,
und es ließ sich anhören, als ob der gantze Berg
in viel tausend Stücken zerspringen und in einen
Klumpen zerfallen wolte. Wie uns hierbey zu
Muthe gewesen, wird jederman leicht muthmassen,
zumahlen da unsere Lichter nur einen kleinen Schem
von sich gaben, als ob sie indem ausgehen wolten,
weil ein dicker Staub oder Nebel dieselben verdun-
ckelte. Endlich, da das gräßliche Geprassele und
unser erster Schrecken über 3. Minuten lang gewäh-
ret, ward alles stille, wir spüreten keine Erschütte-
rung mehr, unsere Lichter fingen an heller zu bren-
nen, der dicke Nebel verzohe sich zum Theil, so, daß
wir erstlich mit Verwunderung bemerckten, wie die
auf dem Altare befindliche runde Kugel als ein Uhr-
werck sehr schnell herum lieff, und Strahlen von
allerhand Farben von sich warff. Ferner bemerck-
ten wir, doch als im Nebel, womit der Tempel
angefüllet war, daß sich Figuren wie Menschen in
demselben regten, so theils gingen, theils stille stun-
den, theils auf dem Boden herum webelten. Um

halb
(X 3)

endlich die Nacht heran, gingen deßwegen auch mit
dieſer Curiositaͤt wohl vergnuͤgt wieder zuruͤck, la-
gerten uns in dem geraumlichen Vorhoffe des Tem-
pels, der ſo gleich vor der Thuͤr nach Norden zu
befindlich, auf den Boden, lieſſen unſere Wind-
Lichter bey uns ſtehen, hielten die Abend-Mahlzeit,
nach derſelben aber eine andaͤchtige Bet-Stunde,
und warteten mit Verlangen auf die Mitternachts-
Stunde. Allein, mit Eintritt derſelben geſchahe
ein grauſamer Knall, eben als wenn 100. Canonen
auf einmahl geloͤſet wuͤrden, auf dieſen folgte ein
grauſames Gepraſſele, der Boden bebete unteruns,
und es ließ ſich anhoͤren, als ob der gantze Berg
in viel tauſend Stuͤcken zerſpringen und in einen
Klumpen zerfallen wolte. Wie uns hierbey zu
Muthe geweſen, wird jederman leicht muthmaſſen,
zumahlen da unſere Lichter nur einen kleinen Schem
von ſich gaben, als ob ſie indem ausgehen wolten,
weil ein dicker Staub oder Nebel dieſelben verdun-
ckelte. Endlich, da das graͤßliche Gepraſſele und
unſer erſter Schrecken uͤber 3. Minuten lang gewaͤh-
ret, ward alles ſtille, wir ſpuͤreten keine Erſchuͤtte-
rung mehr, unſere Lichter fingen an heller zu bren-
nen, der dicke Nebel verzohe ſich zum Theil, ſo, daß
wir erſtlich mit Verwunderung bemerckten, wie die
auf dem Altare befindliche runde Kugel als ein Uhr-
werck ſehr ſchnell herum lieff, und Strahlen von
allerhand Farben von ſich warff. Ferner bemerck-
ten wir, doch als im Nebel, womit der Tempel
angefuͤllet war, daß ſich Figuren wie Menſchen in
demſelben regten, ſo theils gingen, theils ſtille ſtun-
den, theils auf dem Boden herum webelten. Um

halb
(X 3)
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[325/0333] endlich die Nacht heran, gingen deßwegen auch mit dieſer Curiositaͤt wohl vergnuͤgt wieder zuruͤck, la- gerten uns in dem geraumlichen Vorhoffe des Tem- pels, der ſo gleich vor der Thuͤr nach Norden zu befindlich, auf den Boden, lieſſen unſere Wind- Lichter bey uns ſtehen, hielten die Abend-Mahlzeit, nach derſelben aber eine andaͤchtige Bet-Stunde, und warteten mit Verlangen auf die Mitternachts- Stunde. Allein, mit Eintritt derſelben geſchahe ein grauſamer Knall, eben als wenn 100. Canonen auf einmahl geloͤſet wuͤrden, auf dieſen folgte ein grauſames Gepraſſele, der Boden bebete unteruns, und es ließ ſich anhoͤren, als ob der gantze Berg in viel tauſend Stuͤcken zerſpringen und in einen Klumpen zerfallen wolte. Wie uns hierbey zu Muthe geweſen, wird jederman leicht muthmaſſen, zumahlen da unſere Lichter nur einen kleinen Schem von ſich gaben, als ob ſie indem ausgehen wolten, weil ein dicker Staub oder Nebel dieſelben verdun- ckelte. Endlich, da das graͤßliche Gepraſſele und unſer erſter Schrecken uͤber 3. Minuten lang gewaͤh- ret, ward alles ſtille, wir ſpuͤreten keine Erſchuͤtte- rung mehr, unſere Lichter fingen an heller zu bren- nen, der dicke Nebel verzohe ſich zum Theil, ſo, daß wir erſtlich mit Verwunderung bemerckten, wie die auf dem Altare befindliche runde Kugel als ein Uhr- werck ſehr ſchnell herum lieff, und Strahlen von allerhand Farben von ſich warff. Ferner bemerck- ten wir, doch als im Nebel, womit der Tempel angefuͤllet war, daß ſich Figuren wie Menſchen in demſelben regten, ſo theils gingen, theils ſtille ſtun- den, theils auf dem Boden herum webelten. Um halb (X 3)

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/333>, abgerufen am 17.05.2024.