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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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ungemein viel Kisten, Ballen, Fässer und andere
Sachen, ingleichen noch 2. todte Cörper an den Fel-
sen geschoben waren, derowegen ließ ich meine erste
Arbeit seyn die Todten biß auf die Hembder auszu-
ziehen, und sie in den Sand zu scharren, weilen,
wenn gleich Schauffeln und Hacken da gewesen
wären, ich ihnen dennoch in den harten Felß keine
Gräber machen können. Jch fand bey den 2. Letz-
tern, welche sehr wohl gekleidet waren, viel goldene
und silberne Müntze, schöne Ringe, auch viel Gold
und edle Steine in ihren Kleidern vernehet, allein, ich
hatte gar keine Freude darüber, vielmehr gereichte
mir zu meiner Ergötzlichkeit, daß ich 2. wohl ver-
wahrte Fäßlein Wein und 3. Fässer süsses Wasser,
ingleichen 2. Faß voll Zwieback und 1. Faß voll ge-
räuchert Fleisch in die Hände bekam. Um die an-
dern Kisten, Kasten, Fässer und Ballen bekümmerte
ich mich wenig, sondern nur um Holtz, Splittern,
und Breter aufzufischen, damit ich mir ein Wetter-
Dach bauen und auch zum Verbrennen etwas ha-
ben könte, denn auf meinem Felsen war weder Laub
noch Graß, auch nicht die geringste Staude, sondern
nur hie und da etwas Mooß zu sehen, weil es ein pu-
rer Stein-Klippe und gar keine Erde darauf war.

Dem nach richtete ich mir binnen etlichen Tagen
ein Wetter-Dach über mein Felsen-Bette auf, so,
daß ich auch im Regen trocken liegen konte. Meine
Nahrung war der gefundene Zwieback, Wasser und
Wein, und weil ich kein Trinck-Geschirr hatte, so
verfertigte ich mir eins aus einem Stück Leder,
welches ich auch so ohngefähr am Ufer gefunden hat-
te. Das Fleisch so ich hatte, konte in Ermangelung

eines

ungemein viel Kiſten, Ballen, Faͤſſer und andere
Sachen, ingleichen noch 2. todte Coͤrper an den Fel-
ſen geſchoben waren, derowegen ließ ich meine erſte
Arbeit ſeyn die Todten biß auf die Hembder auszu-
ziehen, und ſie in den Sand zu ſcharren, weilen,
wenn gleich Schauffeln und Hacken da geweſen
waͤren, ich ihnen dennoch in den harten Felß keine
Graͤber machen koͤnnen. Jch fand bey den 2. Letz-
tern, welche ſehr wohl gekleidet waren, viel goldene
und ſilberne Muͤntze, ſchoͤne Ringe, auch viel Gold
und edle Steine in ihren Kleidern vernehet, allein, ich
hatte gar keine Freude daruͤber, vielmehr gereichte
mir zu meiner Ergoͤtzlichkeit, daß ich 2. wohl ver-
wahrte Faͤßlein Wein und 3. Faͤſſer ſuͤſſes Waſſer,
ingleichen 2. Faß voll Zwieback und 1. Faß voll ge-
raͤuchert Fleiſch in die Haͤnde bekam. Um die an-
dern Kiſten, Kaſten, Faͤſſer und Ballen bekuͤmmerte
ich mich wenig, ſondern nur um Holtz, Splittern,
und Breter aufzufiſchen, damit ich mir ein Wetter-
Dach bauen und auch zum Verbrennen etwas ha-
ben koͤnte, denn auf meinem Felſen war weder Laub
noch Graß, auch nicht die geringſte Staude, ſondern
nur hie und da etwas Mooß zu ſehen, weil es ein pu-
rer Stein-Klippe und gar keine Erde darauf war.

Dem nach richtete ich mir binnen etlichen Tagen
ein Wetter-Dach uͤber mein Felſen-Bette auf, ſo,
daß ich auch im Regen trocken liegen konte. Meine
Nahrung war der gefundene Zwieback, Waſſer und
Wein, und weil ich kein Trinck-Geſchirr hatte, ſo
verfertigte ich mir eins aus einem Stuͤck Leder,
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te. Das Fleiſch ſo ich hatte, konte in Ermangelung

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[262/0270] ungemein viel Kiſten, Ballen, Faͤſſer und andere Sachen, ingleichen noch 2. todte Coͤrper an den Fel- ſen geſchoben waren, derowegen ließ ich meine erſte Arbeit ſeyn die Todten biß auf die Hembder auszu- ziehen, und ſie in den Sand zu ſcharren, weilen, wenn gleich Schauffeln und Hacken da geweſen waͤren, ich ihnen dennoch in den harten Felß keine Graͤber machen koͤnnen. Jch fand bey den 2. Letz- tern, welche ſehr wohl gekleidet waren, viel goldene und ſilberne Muͤntze, ſchoͤne Ringe, auch viel Gold und edle Steine in ihren Kleidern vernehet, allein, ich hatte gar keine Freude daruͤber, vielmehr gereichte mir zu meiner Ergoͤtzlichkeit, daß ich 2. wohl ver- wahrte Faͤßlein Wein und 3. Faͤſſer ſuͤſſes Waſſer, ingleichen 2. Faß voll Zwieback und 1. Faß voll ge- raͤuchert Fleiſch in die Haͤnde bekam. Um die an- dern Kiſten, Kaſten, Faͤſſer und Ballen bekuͤmmerte ich mich wenig, ſondern nur um Holtz, Splittern, und Breter aufzufiſchen, damit ich mir ein Wetter- Dach bauen und auch zum Verbrennen etwas ha- ben koͤnte, denn auf meinem Felſen war weder Laub noch Graß, auch nicht die geringſte Staude, ſondern nur hie und da etwas Mooß zu ſehen, weil es ein pu- rer Stein-Klippe und gar keine Erde darauf war. Dem nach richtete ich mir binnen etlichen Tagen ein Wetter-Dach uͤber mein Felſen-Bette auf, ſo, daß ich auch im Regen trocken liegen konte. Meine Nahrung war der gefundene Zwieback, Waſſer und Wein, und weil ich kein Trinck-Geſchirr hatte, ſo verfertigte ich mir eins aus einem Stuͤck Leder, welches ich auch ſo ohngefaͤhr am Ufer gefunden hat- te. Das Fleiſch ſo ich hatte, konte in Ermangelung eines

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/270>, abgerufen am 23.11.2024.