die aus redlichen Hertzen und Munde geflossen, zu bezeugen.
Von allen meinen Sachen hatte ich nichts be- halten, als ein Bündel schwartze Wäsche und eine ziemliche grosse lederne Tasche, worinnen meine Briefschafften befindlich, denn ich hatte selbige zum Füssen meines Bettes gesteckt, und meine Räuber mochten daselbst nicht gesucht haben. Von Gel- de oder Geldes-Werth aber hatte nicht das gering- ste mehr, vielweniger etwas an den Leib zu ziehen. Der Wirth war Zeit währender meiner Kranck- heit so wohlthätig, mich mit den besten Speisen zu versorgen, verschaffte auch, daß mir, nachdem ich wieder aufgestanden war, verschiedene gute Leu- te einige Kleidungs-Stücke zuwarffen; er verlangte keine Bezahlung von mir, biß ich wieder in dem Standt käme, so viel missen zu können, ihn zu re- compensiren. Das war nun endlich Höflich- keit genung, allein, es sind mir zum öfftern die Ge- dancken aufgestiegen, ob nicht der Wirth mit mei- nen Räubern und Mördern selbst unter einer De- cke gesteckt haben möchte. Thue ich ihm zu viel so vergebe es mir der Himmel. Er gab vor, die- se Leute habe er Zeit-Lebens sonsten nicht gesehen, sie hätten sich vor See- Officiers ausgegeben, und auf einen Monat das Logis bey ihm gemiethet, Abends vorhero aber, ehe sie mich so mörderisch tractirt und beraubt, ihre Schuld bezablt, und zu verstehen gegeben, wie noch diese Nacht etliche Matrosen ankommen würden, ihre Sachen abzu- holen, indem das Schiff, worauf sie gehörten, in Bereitschafft stünde abzuseegeln. Er, der Wirth,
hätte
(P 2)
die aus redlichen Hertzen und Munde gefloſſen, zu bezeugen.
Von allen meinen Sachen hatte ich nichts be- halten, als ein Buͤndel ſchwartze Waͤſche und eine ziemliche groſſe lederne Taſche, worinnen meine Briefſchafften befindlich, denn ich hatte ſelbige zum Fuͤſſen meines Bettes geſteckt, und meine Raͤuber mochten daſelbſt nicht geſucht haben. Von Gel- de oder Geldes-Werth aber hatte nicht das gering- ſte mehr, vielweniger etwas an den Leib zu ziehen. Der Wirth war Zeit waͤhrender meiner Kranck- heit ſo wohlthaͤtig, mich mit den beſten Speiſen zu verſorgen, verſchaffte auch, daß mir, nachdem ich wieder aufgeſtanden war, verſchiedene gute Leu- te einige Kleidungs-Stuͤcke zuwarffen; er verlangte keine Bezahlung von mir, biß ich wieder in dem Standt kaͤme, ſo viel miſſen zu koͤnnen, ihn zu re- compenſiren. Das war nun endlich Hoͤflich- keit genung, allein, es ſind mir zum oͤfftern die Ge- dancken aufgeſtiegen, ob nicht der Wirth mit mei- nen Raͤubern und Moͤrdern ſelbſt unter einer De- cke geſteckt haben moͤchte. Thue ich ihm zu viel ſo vergebe es mir der Himmel. Er gab vor, die- ſe Leute habe er Zeit-Lebens ſonſten nicht geſehen, ſie haͤtten ſich vor See- Officiers ausgegeben, und auf einen Monat das Logis bey ihm gemiethet, Abends vorhero aber, ehe ſie mich ſo moͤrderiſch tractirt und beraubt, ihre Schuld bezablt, und zu verſtehen gegeben, wie noch dieſe Nacht etliche Matroſen ankommen wuͤrden, ihre Sachen abzu- holen, indem das Schiff, worauf ſie gehoͤrten, in Bereitſchafft ſtuͤnde abzuſeegeln. Er, der Wirth,
haͤtte
(P 2)
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0235"n="227"/>
die aus redlichen Hertzen und Munde gefloſſen, zu<lb/>
bezeugen.</p><lb/><p>Von allen meinen Sachen hatte ich nichts be-<lb/>
halten, als ein Buͤndel ſchwartze Waͤſche und eine<lb/>
ziemliche groſſe lederne Taſche, worinnen meine<lb/>
Briefſchafften befindlich, denn ich hatte ſelbige zum<lb/>
Fuͤſſen meines Bettes geſteckt, und meine Raͤuber<lb/>
mochten daſelbſt nicht geſucht haben. Von Gel-<lb/>
de oder Geldes-Werth aber hatte nicht das gering-<lb/>ſte mehr, vielweniger etwas an den Leib zu ziehen.<lb/>
Der Wirth war Zeit waͤhrender meiner Kranck-<lb/>
heit ſo wohlthaͤtig, mich mit den beſten Speiſen<lb/>
zu verſorgen, verſchaffte auch, daß mir, nachdem<lb/>
ich wieder aufgeſtanden war, verſchiedene gute Leu-<lb/>
te einige Kleidungs-Stuͤcke zuwarffen; er verlangte<lb/>
keine Bezahlung von mir, biß ich wieder in dem<lb/>
Standt kaͤme, ſo viel miſſen zu koͤnnen, ihn zu <hirendition="#aq">re-<lb/>
compenſiren.</hi> Das war nun endlich Hoͤflich-<lb/>
keit genung, allein, es ſind mir zum oͤfftern die Ge-<lb/>
dancken aufgeſtiegen, ob nicht der Wirth mit mei-<lb/>
nen Raͤubern und Moͤrdern ſelbſt unter einer De-<lb/>
cke geſteckt haben moͤchte. Thue ich ihm zu viel<lb/>ſo vergebe es mir der Himmel. Er gab vor, die-<lb/>ſe Leute habe er Zeit-Lebens ſonſten nicht geſehen,<lb/>ſie haͤtten ſich vor See- <hirendition="#aq">Officiers</hi> ausgegeben, und<lb/>
auf einen Monat das <hirendition="#aq">Logis</hi> bey ihm gemiethet,<lb/>
Abends vorhero aber, ehe ſie mich ſo moͤrderiſch<lb/><hirendition="#aq">tractirt</hi> und beraubt, ihre Schuld bezablt, und<lb/>
zu verſtehen gegeben, wie noch dieſe Nacht etliche<lb/><hirendition="#aq">Matroſen</hi> ankommen wuͤrden, ihre Sachen abzu-<lb/>
holen, indem das Schiff, worauf ſie gehoͤrten, in<lb/>
Bereitſchafft ſtuͤnde abzuſeegeln. Er, der Wirth,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">(P 2)</fw><fwplace="bottom"type="catch">haͤtte</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[227/0235]
die aus redlichen Hertzen und Munde gefloſſen, zu
bezeugen.
Von allen meinen Sachen hatte ich nichts be-
halten, als ein Buͤndel ſchwartze Waͤſche und eine
ziemliche groſſe lederne Taſche, worinnen meine
Briefſchafften befindlich, denn ich hatte ſelbige zum
Fuͤſſen meines Bettes geſteckt, und meine Raͤuber
mochten daſelbſt nicht geſucht haben. Von Gel-
de oder Geldes-Werth aber hatte nicht das gering-
ſte mehr, vielweniger etwas an den Leib zu ziehen.
Der Wirth war Zeit waͤhrender meiner Kranck-
heit ſo wohlthaͤtig, mich mit den beſten Speiſen
zu verſorgen, verſchaffte auch, daß mir, nachdem
ich wieder aufgeſtanden war, verſchiedene gute Leu-
te einige Kleidungs-Stuͤcke zuwarffen; er verlangte
keine Bezahlung von mir, biß ich wieder in dem
Standt kaͤme, ſo viel miſſen zu koͤnnen, ihn zu re-
compenſiren. Das war nun endlich Hoͤflich-
keit genung, allein, es ſind mir zum oͤfftern die Ge-
dancken aufgeſtiegen, ob nicht der Wirth mit mei-
nen Raͤubern und Moͤrdern ſelbſt unter einer De-
cke geſteckt haben moͤchte. Thue ich ihm zu viel
ſo vergebe es mir der Himmel. Er gab vor, die-
ſe Leute habe er Zeit-Lebens ſonſten nicht geſehen,
ſie haͤtten ſich vor See- Officiers ausgegeben, und
auf einen Monat das Logis bey ihm gemiethet,
Abends vorhero aber, ehe ſie mich ſo moͤrderiſch
tractirt und beraubt, ihre Schuld bezablt, und
zu verſtehen gegeben, wie noch dieſe Nacht etliche
Matroſen ankommen wuͤrden, ihre Sachen abzu-
holen, indem das Schiff, worauf ſie gehoͤrten, in
Bereitſchafft ſtuͤnde abzuſeegeln. Er, der Wirth,
haͤtte
(P 2)
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/235>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.