Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

noch immer im Begriff war, der Dame den Rock
aufzuheben, da er aber den dritten und etwas stär-
ckern Hieb in die eine Waade (denn auf den ent-
blösten Kopff durffte ich nicht hacken/ weil ich son-
sten die Dame selbst mit verwundet hätte,) empfing,
ließ er von der hitzigen Arbeit ab, drehete sich her-
um, und langete nach seinem auf dem Stuhle lie-
genden Degen, jedoch, ehe er selbigen erreichen
konte, bekam er noch 2 Hiebe über den Kopff, und
wurde von mir mit der blossen Hand zu Boden
gestoffen, da ich ihm denn die Klinge auf die Brust
setzte, und fragte: ob er etwa in dieser Welt noch
etwas zu erinnern hätte? Nichts! war seine Ant-
wort, als daß ich um Gnade bitte, und meinen
Fehltritt mit baaren Gelde zu bezahlen verspreche.

Die van Bredal hatte sich inzwischen wieder er-
holt, und diese Worte verstanden, weßwegen sie
hurtig vom Stuhle aussprang, und schrye: Ver-
flucht ist dein Geld, du verfluchter Ehrenschänder,
denn das ist nun das andere mahl, daß du mich
listiger und gewaltsamer Weise um meine Ehre zu
bringen gesucht, aber es wird doch auch allhier in
der Fremde noch Recht und Gerechtigkeit zu finden
seyn. Hiermit wolte sie die Wirthin ruffen, und
nach der Wache schicken, allein, ich nahm beyde
Degen in meine Hand, hielt die erzürnte Frau zu-
rücke, und bath, daß sie sich nur besänfftigen möch-
te, indem dergleichen Sachen [wie ich ihr heimlich
ins Ohr sagte,] nur Weitläufftigkeiten verursachten,
wir aber schlechte Ehre davon hätten. Sie ging
derowegen zurück, und schloß sich in ihr Cabinet;
Rackhuysen vergoß so viel Blut, daß es schon fast

biß
(M 4)

noch immer im Begriff war, der Dame den Rock
aufzuheben, da er aber den dritten und etwas ſtaͤr-
ckern Hieb in die eine Waade (denn auf den ent-
bloͤſten Kopff durffte ich nicht hacken/ weil ich ſon-
ſten die Dame ſelbſt mit verwundet haͤtte,) empfing,
ließ er von der hitzigen Arbeit ab, drehete ſich her-
um, und langete nach ſeinem auf dem Stuhle lie-
genden Degen, jedoch, ehe er ſelbigen erreichen
konte, bekam er noch 2 Hiebe uͤber den Kopff, und
wurde von mir mit der bloſſen Hand zu Boden
geſtoffen, da ich ihm denn die Klinge auf die Bruſt
ſetzte, und fragte: ob er etwa in dieſer Welt noch
etwas zu erinnern haͤtte? Nichts! war ſeine Ant-
wort, als daß ich um Gnade bitte, und meinen
Fehltritt mit baaren Gelde zu bezahlen verſpreche.

Die van Bredal hatte ſich inzwiſchen wieder er-
holt, und dieſe Worte verſtanden, weßwegen ſie
hurtig vom Stuhle auſſprang, und ſchrye: Ver-
flucht iſt dein Geld, du verfluchter Ehrenſchaͤnder,
denn das iſt nun das andere mahl, daß du mich
liſtiger und gewaltſamer Weiſe um meine Ehre zu
bringen geſucht, aber es wird doch auch allhier in
der Fremde noch Recht und Gerechtigkeit zu finden
ſeyn. Hiermit wolte ſie die Wirthin ruffen, und
nach der Wache ſchicken, allein, ich nahm beyde
Degen in meine Hand, hielt die erzuͤrnte Frau zu-
ruͤcke, und bath, daß ſie ſich nur beſaͤnfftigen moͤch-
te, indem dergleichen Sachen [wie ich ihr heimlich
ins Ohr ſagte,] nur Weitlaͤufftigkeiten verurſachten,
wir aber ſchlechte Ehre davon haͤtten. Sie ging
derowegen zuruͤck, und ſchloß ſich in ihr Cabinet;
Rackhuyſen vergoß ſo viel Blut, daß es ſchon faſt

biß
(M 4)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0191" n="183"/>
noch immer im Begriff war, der <hi rendition="#aq">Dame</hi> den Rock<lb/>
aufzuheben, da er aber den dritten und etwas &#x017F;ta&#x0364;r-<lb/>
ckern Hieb in die eine Waade (denn auf den ent-<lb/>
blo&#x0364;&#x017F;ten Kopff durffte ich nicht hacken/ weil ich &#x017F;on-<lb/>
&#x017F;ten die <hi rendition="#aq">Dame</hi> &#x017F;elb&#x017F;t mit verwundet ha&#x0364;tte,) empfing,<lb/>
ließ er von der hitzigen Arbeit ab, drehete &#x017F;ich her-<lb/>
um, und langete nach &#x017F;einem auf dem Stuhle lie-<lb/>
genden Degen, jedoch, ehe er &#x017F;elbigen erreichen<lb/>
konte, bekam er noch 2 Hiebe u&#x0364;ber den Kopff, und<lb/>
wurde von mir mit der blo&#x017F;&#x017F;en Hand zu Boden<lb/>
ge&#x017F;toffen, da ich ihm denn die Klinge auf die Bru&#x017F;t<lb/>
&#x017F;etzte, und fragte: ob er etwa in die&#x017F;er Welt noch<lb/>
etwas zu erinnern ha&#x0364;tte? Nichts! war &#x017F;eine Ant-<lb/>
wort, als daß ich um Gnade bitte, und meinen<lb/>
Fehltritt mit baaren Gelde zu bezahlen ver&#x017F;preche.</p><lb/>
          <p>Die <hi rendition="#aq">van Bredal</hi> hatte &#x017F;ich inzwi&#x017F;chen wieder er-<lb/>
holt, und die&#x017F;e Worte ver&#x017F;tanden, weßwegen &#x017F;ie<lb/>
hurtig vom Stuhle au&#x017F;&#x017F;prang, und &#x017F;chrye: Ver-<lb/>
flucht i&#x017F;t dein Geld, du verfluchter Ehren&#x017F;cha&#x0364;nder,<lb/>
denn das i&#x017F;t nun das andere mahl, daß du mich<lb/>
li&#x017F;tiger und gewalt&#x017F;amer Wei&#x017F;e um meine Ehre zu<lb/>
bringen ge&#x017F;ucht, aber es wird doch auch allhier in<lb/>
der Fremde noch Recht und Gerechtigkeit zu finden<lb/>
&#x017F;eyn. Hiermit wolte &#x017F;ie die Wirthin ruffen, und<lb/>
nach der Wache &#x017F;chicken, allein, ich nahm beyde<lb/>
Degen in meine Hand, hielt die erzu&#x0364;rnte Frau zu-<lb/>
ru&#x0364;cke, und bath, daß &#x017F;ie &#x017F;ich nur be&#x017F;a&#x0364;nfftigen mo&#x0364;ch-<lb/>
te, indem dergleichen Sachen [wie ich ihr heimlich<lb/>
ins Ohr &#x017F;agte,] nur Weitla&#x0364;ufftigkeiten verur&#x017F;achten,<lb/>
wir aber &#x017F;chlechte Ehre davon ha&#x0364;tten. Sie ging<lb/>
derowegen zuru&#x0364;ck, und &#x017F;chloß &#x017F;ich in ihr Cabinet;<lb/><hi rendition="#aq">Rackhuy&#x017F;en</hi> vergoß &#x017F;o viel Blut, daß es &#x017F;chon fa&#x017F;t<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">(M 4)</fw><fw place="bottom" type="catch">biß</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0191] noch immer im Begriff war, der Dame den Rock aufzuheben, da er aber den dritten und etwas ſtaͤr- ckern Hieb in die eine Waade (denn auf den ent- bloͤſten Kopff durffte ich nicht hacken/ weil ich ſon- ſten die Dame ſelbſt mit verwundet haͤtte,) empfing, ließ er von der hitzigen Arbeit ab, drehete ſich her- um, und langete nach ſeinem auf dem Stuhle lie- genden Degen, jedoch, ehe er ſelbigen erreichen konte, bekam er noch 2 Hiebe uͤber den Kopff, und wurde von mir mit der bloſſen Hand zu Boden geſtoffen, da ich ihm denn die Klinge auf die Bruſt ſetzte, und fragte: ob er etwa in dieſer Welt noch etwas zu erinnern haͤtte? Nichts! war ſeine Ant- wort, als daß ich um Gnade bitte, und meinen Fehltritt mit baaren Gelde zu bezahlen verſpreche. Die van Bredal hatte ſich inzwiſchen wieder er- holt, und dieſe Worte verſtanden, weßwegen ſie hurtig vom Stuhle auſſprang, und ſchrye: Ver- flucht iſt dein Geld, du verfluchter Ehrenſchaͤnder, denn das iſt nun das andere mahl, daß du mich liſtiger und gewaltſamer Weiſe um meine Ehre zu bringen geſucht, aber es wird doch auch allhier in der Fremde noch Recht und Gerechtigkeit zu finden ſeyn. Hiermit wolte ſie die Wirthin ruffen, und nach der Wache ſchicken, allein, ich nahm beyde Degen in meine Hand, hielt die erzuͤrnte Frau zu- ruͤcke, und bath, daß ſie ſich nur beſaͤnfftigen moͤch- te, indem dergleichen Sachen [wie ich ihr heimlich ins Ohr ſagte,] nur Weitlaͤufftigkeiten verurſachten, wir aber ſchlechte Ehre davon haͤtten. Sie ging derowegen zuruͤck, und ſchloß ſich in ihr Cabinet; Rackhuyſen vergoß ſo viel Blut, daß es ſchon faſt biß (M 4)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/191
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/191>, abgerufen am 23.11.2024.