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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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ich ihn jemahls getruncken hatte, nachdem ich aber
noch einige kleine Gläser ausgeleeret, fuhr der Ju-
de mit Reden also fort: Mein Herr, ich mercke
wohl, daß ihr auf meine Reden kein besonderes
Vertrauen setzet, allein, glaubet sicherlich, daß
wir Juden es hier zu Lande mehr, und weit lieber
mit den Christen halten, als mit den Mohren und
andern Nationen, die Kauff-Leute wissen auch selbst,
daß wir es allezeit redlicher mit ihnen meynen, als
mit den Maroccanern, allein, wir müssen uns sehr
behutsam dabey aufführen. Damit ihr aber dessen
vollkommen überzeugt werdet, so kommet nach
zweyen Tagen wieder zu mir, alsdenn will ich euch
einem Christlichen Kauffmanne aus Engelland
praesentiren, welcher ein Contoir in Gibraltar, und
zum öfftern starcken Verkehr allhier gehabt hat,
nunmehro aber ist er resolvirt, in sein Vater-
land, nehmlich nach Engelland, zurück zu reisen,
vielleicht ists möglich, daß ihr alle beyde von ihm
durch List mitgenommen werden könnet; wo nicht?
werde ich ein ander Mittel zu erfinden wissen, denn,
wie schon gesagt, wir Juden dienen den Christen
gern vor ein billiges Geschencke, welches aber etwas
kostbarer seyn muß, wenn Lebens-Gefahr bey der
Sache zu besorgen ist.

Hierauf trunck ich noch etliche Gläser-Wein,
zahlete dem Juden eine Zechin darvor, versprach,
die Sache mit meiner Schwester zu überlegen, und
am dritten Tage in der Mittags-Stunde wieder
bey ihm zu seyn, auch daferne er sein Wort halten.
und uns in Freyheit verhelffen könte, ihm seine
Mühe besser zu bezahlen, als er sich wohl einbil-

den

ich ihn jemahls getruncken hatte, nachdem ich aber
noch einige kleine Glaͤſer ausgeleeret, fuhr der Ju-
de mit Reden alſo fort: Mein Herr, ich mercke
wohl, daß ihr auf meine Reden kein beſonderes
Vertrauen ſetzet, allein, glaubet ſicherlich, daß
wir Juden es hier zu Lande mehr, und weit lieber
mit den Chriſten halten, als mit den Mohren und
andern Nationen, die Kauff-Leute wiſſen auch ſelbſt,
daß wir es allezeit redlicher mit ihnen meynen, als
mit den Maroccanern, allein, wir muͤſſen uns ſehr
behutſam dabey auffuͤhren. Damit ihr aber deſſen
vollkommen uͤberzeugt werdet, ſo kommet nach
zweyen Tagen wieder zu mir, alsdenn will ich euch
einem Chriſtlichen Kauffmanne aus Engelland
præſentiren, welcher ein Contoir in Gibraltar, und
zum oͤfftern ſtarcken Verkehr allhier gehabt hat,
nunmehro aber iſt er reſolvirt, in ſein Vater-
land, nehmlich nach Engelland, zuruͤck zu reiſen,
vielleicht iſts moͤglich, daß ihr alle beyde von ihm
durch Liſt mitgenommen werden koͤnnet; wo nicht?
werde ich ein ander Mittel zu erfinden wiſſen, denn,
wie ſchon geſagt, wir Juden dienen den Chriſten
gern vor ein billiges Geſchencke, welches aber etwas
koſtbarer ſeyn muß, wenn Lebens-Gefahr bey der
Sache zu beſorgen iſt.

Hierauf trunck ich noch etliche Glaͤſer-Wein,
zahlete dem Juden eine Zechin darvor, verſprach,
die Sache mit meiner Schweſter zu uͤberlegen, und
am dritten Tage in der Mittags-Stunde wieder
bey ihm zu ſeyn, auch daferne er ſein Wort halten.
und uns in Freyheit verhelffen koͤnte, ihm ſeine
Muͤhe beſſer zu bezahlen, als er ſich wohl einbil-

den
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[124/0132] ich ihn jemahls getruncken hatte, nachdem ich aber noch einige kleine Glaͤſer ausgeleeret, fuhr der Ju- de mit Reden alſo fort: Mein Herr, ich mercke wohl, daß ihr auf meine Reden kein beſonderes Vertrauen ſetzet, allein, glaubet ſicherlich, daß wir Juden es hier zu Lande mehr, und weit lieber mit den Chriſten halten, als mit den Mohren und andern Nationen, die Kauff-Leute wiſſen auch ſelbſt, daß wir es allezeit redlicher mit ihnen meynen, als mit den Maroccanern, allein, wir muͤſſen uns ſehr behutſam dabey auffuͤhren. Damit ihr aber deſſen vollkommen uͤberzeugt werdet, ſo kommet nach zweyen Tagen wieder zu mir, alsdenn will ich euch einem Chriſtlichen Kauffmanne aus Engelland præſentiren, welcher ein Contoir in Gibraltar, und zum oͤfftern ſtarcken Verkehr allhier gehabt hat, nunmehro aber iſt er reſolvirt, in ſein Vater- land, nehmlich nach Engelland, zuruͤck zu reiſen, vielleicht iſts moͤglich, daß ihr alle beyde von ihm durch Liſt mitgenommen werden koͤnnet; wo nicht? werde ich ein ander Mittel zu erfinden wiſſen, denn, wie ſchon geſagt, wir Juden dienen den Chriſten gern vor ein billiges Geſchencke, welches aber etwas koſtbarer ſeyn muß, wenn Lebens-Gefahr bey der Sache zu beſorgen iſt. Hierauf trunck ich noch etliche Glaͤſer-Wein, zahlete dem Juden eine Zechin darvor, verſprach, die Sache mit meiner Schweſter zu uͤberlegen, und am dritten Tage in der Mittags-Stunde wieder bey ihm zu ſeyn, auch daferne er ſein Wort halten. und uns in Freyheit verhelffen koͤnte, ihm ſeine Muͤhe beſſer zu bezahlen, als er ſich wohl einbil- den

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/132>, abgerufen am 25.11.2024.