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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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mein Hertz hätte offenbaren und ihm wenig-
stens die Helffte von allen in Verwahrung geben
können.

Meiner Nachläßigkeit konte ich dieses nicht
Schuld geben, denn ohngeacht ich in Mequinez
einen und andern Holländer und Engelländer ge-
sehen, so war mir doch von allen diesen, keiner als
ein Werckzeug vorgekommen, durch welches ich
meine und meiner Lands-Männin Befreyung zu
erlangen hoffen können, denn Deutsch zu sagen,
sie kamen mir alle zu dumm vor. Eines Ta-
ges aber, da ich durch die Juden-Stadt ging, kom
ein ohngefehr etliche 30. jähriger Jude eben zu sei-
ner Thür heraus, und fragte, ob mir nicht beliebte,
ihm etwas von Galanterie Waaren abzuhandeln.
Jch fragte in Maroccanischer Sprache: was er
besonders hätte? und ging auf sein Bitten mit ins
Hauß, da er mir denn allerhand artige Sachen
von Silber, Gold und andern Metallen kostbar ver-
fertiget, vorzeigte, und die Lust erweckte, vor mehr
als 50. Zechinen von ihm zu kauffen, welches aber
alles gantz leicht in den Schubsäcken verbergen
konte, denn es waren lauter kleine Sachen. End-
lich zeigte er | mir eine saubere goldene Repetir-Uhr
vor 120. Zechinen, vor welche ich ihm ohne langes
Handeln das geforderte Geld hinzählete, jedoch
mit dem Bedinge, daß, wo ich dieselbe binnen 8.
Tagen falsch befinden solte, er mir das Geld wie-
der zurück zu geben schuldig sey, denn ich wäre ein
Bedienter des Kaysers, und könte mir bald Hülf-
fe schaffen. Der Jude war damit zu frieden, sag-
te, daß er heut über 8. Tage den gantzen Tag allhier

in
(H 5)

mein Hertz haͤtte offenbaren und ihm wenig-
ſtens die Helffte von allen in Verwahrung geben
koͤnnen.

Meiner Nachlaͤßigkeit konte ich dieſes nicht
Schuld geben, denn ohngeacht ich in Mequinez
einen und andern Hollaͤnder und Engellaͤnder ge-
ſehen, ſo war mir doch von allen dieſen, keiner als
ein Werckzeug vorgekommen, durch welches ich
meine und meiner Lands-Maͤnnin Befreyung zu
erlangen hoffen koͤnnen, denn Deutſch zu ſagen,
ſie kamen mir alle zu dumm vor. Eines Ta-
ges aber, da ich durch die Juden-Stadt ging, kom
ein ohngefehr etliche 30. jaͤhriger Jude eben zu ſei-
ner Thuͤr heraus, und fragte, ob mir nicht beliebte,
ihm etwas von Galanterie Waaren abzuhandeln.
Jch fragte in Maroccaniſcher Sprache: was er
beſonders haͤtte? und ging auf ſein Bitten mit ins
Hauß, da er mir denn allerhand artige Sachen
von Silber, Gold und andern Metallen koſtbar ver-
fertiget, vorzeigte, und die Luſt erweckte, vor mehr
als 50. Zechinen von ihm zu kauffen, welches aber
alles gantz leicht in den Schubſaͤcken verbergen
konte, denn es waren lauter kleine Sachen. End-
lich zeigte er | mir eine ſaubere goldene Repetir-Uhr
vor 120. Zechinen, vor welche ich ihm ohne langes
Handeln das geforderte Geld hinzaͤhlete, jedoch
mit dem Bedinge, daß, wo ich dieſelbe binnen 8.
Tagen falſch befinden ſolte, er mir das Geld wie-
der zuruͤck zu geben ſchuldig ſey, denn ich waͤre ein
Bedienter des Kayſers, und koͤnte mir bald Huͤlf-
fe ſchaffen. Der Jude war damit zu frieden, ſag-
te, daß er heut uͤber 8. Tage den gantzen Tag allhier

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[121/0129] mein Hertz haͤtte offenbaren und ihm wenig- ſtens die Helffte von allen in Verwahrung geben koͤnnen. Meiner Nachlaͤßigkeit konte ich dieſes nicht Schuld geben, denn ohngeacht ich in Mequinez einen und andern Hollaͤnder und Engellaͤnder ge- ſehen, ſo war mir doch von allen dieſen, keiner als ein Werckzeug vorgekommen, durch welches ich meine und meiner Lands-Maͤnnin Befreyung zu erlangen hoffen koͤnnen, denn Deutſch zu ſagen, ſie kamen mir alle zu dumm vor. Eines Ta- ges aber, da ich durch die Juden-Stadt ging, kom ein ohngefehr etliche 30. jaͤhriger Jude eben zu ſei- ner Thuͤr heraus, und fragte, ob mir nicht beliebte, ihm etwas von Galanterie Waaren abzuhandeln. Jch fragte in Maroccaniſcher Sprache: was er beſonders haͤtte? und ging auf ſein Bitten mit ins Hauß, da er mir denn allerhand artige Sachen von Silber, Gold und andern Metallen koſtbar ver- fertiget, vorzeigte, und die Luſt erweckte, vor mehr als 50. Zechinen von ihm zu kauffen, welches aber alles gantz leicht in den Schubſaͤcken verbergen konte, denn es waren lauter kleine Sachen. End- lich zeigte er | mir eine ſaubere goldene Repetir-Uhr vor 120. Zechinen, vor welche ich ihm ohne langes Handeln das geforderte Geld hinzaͤhlete, jedoch mit dem Bedinge, daß, wo ich dieſelbe binnen 8. Tagen falſch befinden ſolte, er mir das Geld wie- der zuruͤck zu geben ſchuldig ſey, denn ich waͤre ein Bedienter des Kayſers, und koͤnte mir bald Huͤlf- fe ſchaffen. Der Jude war damit zu frieden, ſag- te, daß er heut uͤber 8. Tage den gantzen Tag allhier in (H 5)

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/129>, abgerufen am 03.05.2024.