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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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schaffen, so bald ich eure Freyheit zuwege
gebracht. Mittlerweile will auch schon
auf Mittel bedacht seyn, Gelegenheit zu
verschaffen, daß wir einander einmahl auf
eine Stunde mündlich sprechen können.
Weil ich sonsten glaubte, daß ihr vielleicht
eben nicht mit vielen Mitteln versehen, so
habe einige Gold-Stücke beygelegt, damit
ihr euch ein und anderes beliebige davor
köntet einkauffen lassen, zu unterst aber
liegt mein
Portrait, damit ihr an selbigen
möchtet erkennen lernen

Eure
redlich gesinnete
Landsmännin.

P. S. Findet ihr euch im Stande, mir auf
dieses zu antworten, so könnet ihr das
Schreiben nur in ein ausgehöltes Wachs-
Licht einhüllen, und euren kleinen Moh-
ren anvertrauen, denn er ist getreu, so wie
seine Schwester bey mir, diesen Brief aber
verbrennet, oder nehmet ihn nebst dem Bild-
nisse sehr wohl in Acht, damit wir nicht
beyde unglücklich dadurch werden.

Nach etlichmahliger Uberlesung dieses Briefes
beschauete ich das Portrait etwas genauer, und
befand dessen Lineamenten sehr schön gezeichnet,
küssete selbiges aus hertzlicher Danckbarkeit gegen
meine Lebens-Erhalterin, wäre auch wohl noch
lange in tieffen Gedancken am Fenster stehen ge-
blieben, wenn mich nicht mein Aufwärter erinnert

hät-

ſchaffen, ſo bald ich eure Freyheit zuwege
gebracht. Mittlerweile will auch ſchon
auf Mittel bedacht ſeyn, Gelegenheit zu
verſchaffen, daß wir einander einmahl auf
eine Stunde muͤndlich ſprechen koͤnnen.
Weil ich ſonſten glaubte, daß ihr vielleicht
eben nicht mit vielen Mitteln verſehen, ſo
habe einige Gold-Stuͤcke beygelegt, damit
ihr euch ein und anderes beliebige davor
koͤntet einkauffen laſſen, zu unterſt aber
liegt mein
Portrait, damit ihr an ſelbigen
moͤchtet erkennen lernen

Eure
redlich geſinnete
Landsmaͤnnin.

P. S. Findet ihr euch im Stande, mir auf
dieſes zu antworten, ſo koͤnnet ihr das
Schreiben nur in ein ausgehoͤltes Wachs-
Licht einhuͤllen, und euren kleinen Moh-
ren anvertrauen, denn er iſt getreu, ſo wie
ſeine Schweſter bey mir, dieſen Brief aber
verbrennet, oder nehmet ihn nebſt dem Bild-
niſſe ſehr wohl in Acht, damit wir nicht
beyde ungluͤcklich dadurch werden.

Nach etlichmahliger Uberleſung dieſes Briefes
beſchauete ich das Portrait etwas genauer, und
befand deſſen Lineamenten ſehr ſchoͤn gezeichnet,
kuͤſſete ſelbiges aus hertzlicher Danckbarkeit gegen
meine Lebens-Erhalterin, waͤre auch wohl noch
lange in tieffen Gedancken am Fenſter ſtehen ge-
blieben, wenn mich nicht mein Aufwaͤrter erinnert

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[112/0120] ſchaffen, ſo bald ich eure Freyheit zuwege gebracht. Mittlerweile will auch ſchon auf Mittel bedacht ſeyn, Gelegenheit zu verſchaffen, daß wir einander einmahl auf eine Stunde muͤndlich ſprechen koͤnnen. Weil ich ſonſten glaubte, daß ihr vielleicht eben nicht mit vielen Mitteln verſehen, ſo habe einige Gold-Stuͤcke beygelegt, damit ihr euch ein und anderes beliebige davor koͤntet einkauffen laſſen, zu unterſt aber liegt mein Portrait, damit ihr an ſelbigen moͤchtet erkennen lernen Eure redlich geſinnete Landsmaͤnnin. P. S. Findet ihr euch im Stande, mir auf dieſes zu antworten, ſo koͤnnet ihr das Schreiben nur in ein ausgehoͤltes Wachs- Licht einhuͤllen, und euren kleinen Moh- ren anvertrauen, denn er iſt getreu, ſo wie ſeine Schweſter bey mir, dieſen Brief aber verbrennet, oder nehmet ihn nebſt dem Bild- niſſe ſehr wohl in Acht, damit wir nicht beyde ungluͤcklich dadurch werden. Nach etlichmahliger Uberleſung dieſes Briefes beſchauete ich das Portrait etwas genauer, und befand deſſen Lineamenten ſehr ſchoͤn gezeichnet, kuͤſſete ſelbiges aus hertzlicher Danckbarkeit gegen meine Lebens-Erhalterin, waͤre auch wohl noch lange in tieffen Gedancken am Fenſter ſtehen ge- blieben, wenn mich nicht mein Aufwaͤrter erinnert haͤt-

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/120>, abgerufen am 25.11.2024.