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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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schafften unterrichten zu lassen, und ich hatte in
Wahrheit auch eine besondere Lust zum Studiren,
allein, in meinem 15ten Jahre, da mein Vater eben
wieder zu Hause kam, doch sich nicht länger als
etwa einen Monat bey uns aufgehalten hatte, gab
er zu vernehmen, daß er mich mit zu Schiffe neh-
men wolte; meine Mutter setzte sich zwar starck
darwider, und wendete vor, daß es ewig Schade
sey, mich itzo in den besten Jahren vom Studiren
abzuziehen, da ich, meiner Praeceptorum Zeug-
nisse nach, schon so sehr weit gekommen wäre; allein,
er schmeichelte ihr daß er noch einmahl so frölich
und vergnügt leben wolte, wenn er wenigstens eins
von seinen Kindern bey sich hätte, und ihr Eben-
bild darinnen betrachten könte, zu dem wäre auf
seinem Schiffe ein Grund-gelehrter Mensch befind-
lich, welcher sich eines in Franckreich gehabten Un-
glücks-Falls wegen auf die See begeben müssen,
dieser könte nicht allein meine bereits erlerneten
Wissenschafften mit mir repetiren, sondern mich
auch viel weiter bringen, weiln wir auf dem Schif-
fe Zeit genung darzu hätten. Auf diese Vorstel-
lungen gab endlich meine Mutter ihren Willen
drein, und ließ mich mit ihm fortfahren, nach dem
er noch eine gewaltige Geld-Summe in Antwer-
pen aufgenommen, und meiner Mutter vorgesagt
hatte, binnen 8. oder 9. Monathen vier mahl so viel
davor zurück zu bringen. Allein, es war nicht an
dem, daß er dieses mahl so bald wieder kommen
konte, denn wir nahmen unsern Lauff nach Ost-
Jndien zu, und ich befand in der That wahr zu
seyn, daß ich auf dem Schiffe von obgemeldten

Studio-

ſchafften unterrichten zu laſſen, und ich hatte in
Wahrheit auch eine beſondere Luſt zum Studiren,
allein, in meinem 15ten Jahre, da mein Vater eben
wieder zu Hauſe kam, doch ſich nicht laͤnger als
etwa einen Monat bey uns aufgehalten hatte, gab
er zu vernehmen, daß er mich mit zu Schiffe neh-
men wolte; meine Mutter ſetzte ſich zwar ſtarck
darwider, und wendete vor, daß es ewig Schade
ſey, mich itzo in den beſten Jahren vom Studiren
abzuziehen, da ich, meiner Præceptorum Zeug-
niſſe nach, ſchon ſo ſehr weit gekom̃en waͤre; allein,
er ſchmeichelte ihr daß er noch einmahl ſo froͤlich
und vergnuͤgt leben wolte, wenn er wenigſtens eins
von ſeinen Kindern bey ſich haͤtte, und ihr Eben-
bild darinnen betrachten koͤnte, zu dem waͤre auf
ſeinem Schiffe ein Grund-gelehrter Menſch befind-
lich, welcher ſich eines in Franckreich gehabten Un-
gluͤcks-Falls wegen auf die See begeben muͤſſen,
dieſer koͤnte nicht allein meine bereits erlerneten
Wiſſenſchafften mit mir repetiren, ſondern mich
auch viel weiter bringen, weiln wir auf dem Schif-
fe Zeit genung darzu haͤtten. Auf dieſe Vorſtel-
lungen gab endlich meine Mutter ihren Willen
drein, und ließ mich mit ihm fortfahren, nach dem
er noch eine gewaltige Geld-Summe in Antwer-
pen aufgenommen, und meiner Mutter vorgeſagt
hatte, binnen 8. oder 9. Monathen vier mahl ſo viel
davor zuruͤck zu bringen. Allein, es war nicht an
dem, daß er dieſes mahl ſo bald wieder kommen
konte, denn wir nahmen unſern Lauff nach Oſt-
Jndien zu, und ich befand in der That wahr zu
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Studio-
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[94/0102] ſchafften unterrichten zu laſſen, und ich hatte in Wahrheit auch eine beſondere Luſt zum Studiren, allein, in meinem 15ten Jahre, da mein Vater eben wieder zu Hauſe kam, doch ſich nicht laͤnger als etwa einen Monat bey uns aufgehalten hatte, gab er zu vernehmen, daß er mich mit zu Schiffe neh- men wolte; meine Mutter ſetzte ſich zwar ſtarck darwider, und wendete vor, daß es ewig Schade ſey, mich itzo in den beſten Jahren vom Studiren abzuziehen, da ich, meiner Præceptorum Zeug- niſſe nach, ſchon ſo ſehr weit gekom̃en waͤre; allein, er ſchmeichelte ihr daß er noch einmahl ſo froͤlich und vergnuͤgt leben wolte, wenn er wenigſtens eins von ſeinen Kindern bey ſich haͤtte, und ihr Eben- bild darinnen betrachten koͤnte, zu dem waͤre auf ſeinem Schiffe ein Grund-gelehrter Menſch befind- lich, welcher ſich eines in Franckreich gehabten Un- gluͤcks-Falls wegen auf die See begeben muͤſſen, dieſer koͤnte nicht allein meine bereits erlerneten Wiſſenſchafften mit mir repetiren, ſondern mich auch viel weiter bringen, weiln wir auf dem Schif- fe Zeit genung darzu haͤtten. Auf dieſe Vorſtel- lungen gab endlich meine Mutter ihren Willen drein, und ließ mich mit ihm fortfahren, nach dem er noch eine gewaltige Geld-Summe in Antwer- pen aufgenommen, und meiner Mutter vorgeſagt hatte, binnen 8. oder 9. Monathen vier mahl ſo viel davor zuruͤck zu bringen. Allein, es war nicht an dem, daß er dieſes mahl ſo bald wieder kommen konte, denn wir nahmen unſern Lauff nach Oſt- Jndien zu, und ich befand in der That wahr zu ſeyn, daß ich auf dem Schiffe von obgemeldten Studio-

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/102>, abgerufen am 04.05.2024.