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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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bens wegen Rechenschafft geben mußte, so bald die-
ses zu meiner Avantage geschehen war, bat ich mir
als eine ausserordentliche Gütigkeit aus, daß mir
vergönnet werden möchte, gleich morgenden Tages
vor Gelehrten und Ungelehrten, an einem öffentli-
chen Orte, jedoch ausser der Kirche, meine Lehr-Art
in einer sanfftmüthigen teutschen Oration ordent-
lich vorzustellen. Solches wurde mir gewünscht er-
laubt, und zwar in dem grossen Schul-Auditorio,
allwo sich früh zwischen 8. und 9. Uhr, alle gelehrte
und ungelehrte Honoratiores versammleten. Dem-
nach fieng ich an zu peroriren, erzehlete meinen Le-
bens-Lauff gantz kurtz, that mein Glaubens-Be-
känntniß desto weitläufftiger, und provocirte her-
nach meine boshafften Calumnianten, mit sanfft-
müthigem Geiste, sich allhier öffentlich meiner Lehre,
Leben und Wandel zu opponiren, und meiner fer-
nern Erklärung gewärtig zu seyn. Allein, ob gleich
alle dieselben zu gegen waren, so wolte doch kein ein-
tziger seinen Mund aufthun, derowegen sprach ich
nach langen warten: Es ist genug vor mich, daß
sich mein gantzes Wesen hiesiges Orts gerechtfer-
tigt gefunden, derowegen will im Nahmen des
HErrn meine Strasse wiederum zurück ziehen, und
mein anderweitiges Glück mit ruhiger Gelassenheit
erwarten, um denen, so an ihrer Beförderung ver-
zweife[ln] wollen, so wohl als meinen Verleumdern
keine fernere Ungelegenheit zu verursachen. Die-
serwegen wurde ich folgenden Nachmittag in eine
Versammlung verschiedener redlicher Leute geru-
fen, welche sich zwar, so wohl als der Primarius
des geistlichen Ministerii selbst, viele Mühe gaben,

meine

bens wegen Rechenſchafft geben mußte, ſo bald die-
ſes zu meiner Avantage geſchehen war, bat ich mir
als eine auſſerordentliche Guͤtigkeit aus, daß mir
vergoͤnnet werden moͤchte, gleich morgenden Tages
vor Gelehrten und Ungelehrten, an einem oͤffentli-
chen Orte, jedoch auſſer der Kirche, meine Lehr-Art
in einer ſanfftmuͤthigen teutſchen Oration ordent-
lich vorzuſtellen. Solches wurde mir gewuͤnſcht er-
laubt, und zwar in dem groſſen Schul-Auditorio,
allwo ſich fruͤh zwiſchen 8. und 9. Uhr, alle gelehrte
und ungelehrte Honoratiores verſammleten. Dem-
nach fieng ich an zu peroriren, erzehlete meinen Le-
bens-Lauff gantz kurtz, that mein Glaubens-Be-
kaͤnntniß deſto weitlaͤufftiger, und provocirte her-
nach meine boshafften Calumnianten, mit ſanfft-
muͤthigem Geiſte, ſich allhier oͤffentlich meiner Lehre,
Leben und Wandel zu opponiren, und meiner fer-
nern Erklaͤrung gewaͤrtig zu ſeyn. Allein, ob gleich
alle dieſelben zu gegen waren, ſo wolte doch kein ein-
tziger ſeinen Mund aufthun, derowegen ſprach ich
nach langen warten: Es iſt genug vor mich, daß
ſich mein gantzes Weſen hieſiges Orts gerechtfer-
tigt gefunden, derowegen will im Nahmen des
HErrn meine Straſſe wiederum zuruͤck ziehen, und
mein anderweitiges Gluͤck mit ruhiger Gelaſſenheit
erwarten, um denen, ſo an ihrer Befoͤrderung ver-
zweife[ln] wollen, ſo wohl als meinen Verleumdern
keine fernere Ungelegenheit zu verurſachen. Die-
ſerwegen wurde ich folgenden Nachmittag in eine
Verſammlung verſchiedener redlicher Leute geru-
fen, welche ſich zwar, ſo wohl als der Primarius
des geiſtlichen Miniſterii ſelbſt, viele Muͤhe gaben,

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[52/0066] bens wegen Rechenſchafft geben mußte, ſo bald die- ſes zu meiner Avantage geſchehen war, bat ich mir als eine auſſerordentliche Guͤtigkeit aus, daß mir vergoͤnnet werden moͤchte, gleich morgenden Tages vor Gelehrten und Ungelehrten, an einem oͤffentli- chen Orte, jedoch auſſer der Kirche, meine Lehr-Art in einer ſanfftmuͤthigen teutſchen Oration ordent- lich vorzuſtellen. Solches wurde mir gewuͤnſcht er- laubt, und zwar in dem groſſen Schul-Auditorio, allwo ſich fruͤh zwiſchen 8. und 9. Uhr, alle gelehrte und ungelehrte Honoratiores verſammleten. Dem- nach fieng ich an zu peroriren, erzehlete meinen Le- bens-Lauff gantz kurtz, that mein Glaubens-Be- kaͤnntniß deſto weitlaͤufftiger, und provocirte her- nach meine boshafften Calumnianten, mit ſanfft- muͤthigem Geiſte, ſich allhier oͤffentlich meiner Lehre, Leben und Wandel zu opponiren, und meiner fer- nern Erklaͤrung gewaͤrtig zu ſeyn. Allein, ob gleich alle dieſelben zu gegen waren, ſo wolte doch kein ein- tziger ſeinen Mund aufthun, derowegen ſprach ich nach langen warten: Es iſt genug vor mich, daß ſich mein gantzes Weſen hieſiges Orts gerechtfer- tigt gefunden, derowegen will im Nahmen des HErrn meine Straſſe wiederum zuruͤck ziehen, und mein anderweitiges Gluͤck mit ruhiger Gelaſſenheit erwarten, um denen, ſo an ihrer Befoͤrderung ver- zweifeln wollen, ſo wohl als meinen Verleumdern keine fernere Ungelegenheit zu verurſachen. Die- ſerwegen wurde ich folgenden Nachmittag in eine Verſammlung verſchiedener redlicher Leute geru- fen, welche ſich zwar, ſo wohl als der Primarius des geiſtlichen Miniſterii ſelbſt, viele Muͤhe gaben, meine

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/66>, abgerufen am 05.05.2024.