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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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andere Nothwendigkeit erforderte. Wir hatten
eine umgemeine, bequeme und vergnügte Reise,
überrumpelten auch den Herrn W. in Hamburg
zum größten Vergnügen, da er sich unserer am we-
nigsten versahe. Jch will mich aber mit einer weit-
läufftigen Erzehlung seiner vielfältigen Anstalten,
die er binnen 14. Tagen zu unser trefflichsten Be-
wirthung blicken ließ, nicht aufhalten, sondern nur
melden, daß er eine unintressirte vollkommene
Freundschafft gegen uns bezeigte, welche wir auf
alle möglichste Art zu erwiedern bedacht waren.

Etwa 6. oder 8. Tage vor unserer Abreise, kam
ein armer Studiosus in des Herrn W. Behausung,
der so wohl bey ihm, als dessen Informatore um
ein Viaticum Ansuchung that. Jch erkannte den-
selben sogleich vor denjenigen, der er würcklich war,
nemlich vor einen meiner ehemahligen besten Uni-
versitäts-Freunde in Kiel. Diesen ehrlichen Men-
schen (*) hatte ich in ungemeinem Wohlstande ver-
lassen, verwunderte mich derowegen nicht wenig,
ihn also verändert anzutreffen, zumahlen, da seine
Meriten eines besondern Glücks würdig sind. Es
hielt mich weiter nichts ab, als seine kränckliche, zur
Schwindsucht und Blutauswerffen sehr geneigte
Leibes-Constitution, dergleichen Personen sich zu
See-Fahrern gar nicht schicken, sonst hätte ich ihn
leichtlich zur Mit-Reise nach Felsenburg persua-

diren
(*) Dieses ist der gute Mensch, welcher, wie in der Vorrede
des ersten Theils gemeldet worden, so unglücklich ge-
wesen, vom Post-Wagen herunter zu stürtzen, und
das Leben zu verliehren.
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andere Nothwendigkeit erforderte. Wir hatten
eine umgemeine, bequeme und vergnuͤgte Reiſe,
uͤberrumpelten auch den Herrn W. in Hamburg
zum groͤßten Vergnuͤgen, da er ſich unſerer am we-
nigſten verſahe. Jch will mich aber mit einer weit-
laͤufftigen Erzehlung ſeiner vielfaͤltigen Anſtalten,
die er binnen 14. Tagen zu unſer trefflichſten Be-
wirthung blicken ließ, nicht aufhalten, ſondern nur
melden, daß er eine unintreſſirte vollkommene
Freundſchafft gegen uns bezeigte, welche wir auf
alle moͤglichſte Art zu erwiedern bedacht waren.

Etwa 6. oder 8. Tage vor unſerer Abreiſe, kam
ein armer Studioſus in des Herrn W. Behauſung,
der ſo wohl bey ihm, als deſſen Informatore um
ein Viaticum Anſuchung that. Jch erkannte den-
ſelben ſogleich vor denjenigen, der er wuͤrcklich war,
nemlich vor einen meiner ehemahligen beſten Uni-
verſitaͤts-Freunde in Kiel. Dieſen ehrlichen Men-
ſchen (*) hatte ich in ungemeinem Wohlſtande ver-
laſſen, verwunderte mich derowegen nicht wenig,
ihn alſo veraͤndert anzutreffen, zumahlen, da ſeine
Meriten eines beſondern Gluͤcks wuͤrdig ſind. Es
hielt mich weiter nichts ab, als ſeine kraͤnckliche, zur
Schwindſucht und Blutauswerffen ſehr geneigte
Leibes-Conſtitution, dergleichen Perſonen ſich zu
See-Fahrern gar nicht ſchicken, ſonſt haͤtte ich ihn
leichtlich zur Mit-Reiſe nach Felſenburg perſua-

diren
(*) Dieſes iſt der gute Menſch, welcher, wie in der Vorrede
des erſten Theils gemeldet worden, ſo ungluͤcklich ge-
weſen, vom Poſt-Wagen herunter zu ſtuͤrtzen, und
das Leben zu verliehren.
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[611/0627] andere Nothwendigkeit erforderte. Wir hatten eine umgemeine, bequeme und vergnuͤgte Reiſe, uͤberrumpelten auch den Herrn W. in Hamburg zum groͤßten Vergnuͤgen, da er ſich unſerer am we- nigſten verſahe. Jch will mich aber mit einer weit- laͤufftigen Erzehlung ſeiner vielfaͤltigen Anſtalten, die er binnen 14. Tagen zu unſer trefflichſten Be- wirthung blicken ließ, nicht aufhalten, ſondern nur melden, daß er eine unintreſſirte vollkommene Freundſchafft gegen uns bezeigte, welche wir auf alle moͤglichſte Art zu erwiedern bedacht waren. Etwa 6. oder 8. Tage vor unſerer Abreiſe, kam ein armer Studioſus in des Herrn W. Behauſung, der ſo wohl bey ihm, als deſſen Informatore um ein Viaticum Anſuchung that. Jch erkannte den- ſelben ſogleich vor denjenigen, der er wuͤrcklich war, nemlich vor einen meiner ehemahligen beſten Uni- verſitaͤts-Freunde in Kiel. Dieſen ehrlichen Men- ſchen (*) hatte ich in ungemeinem Wohlſtande ver- laſſen, verwunderte mich derowegen nicht wenig, ihn alſo veraͤndert anzutreffen, zumahlen, da ſeine Meriten eines beſondern Gluͤcks wuͤrdig ſind. Es hielt mich weiter nichts ab, als ſeine kraͤnckliche, zur Schwindſucht und Blutauswerffen ſehr geneigte Leibes-Conſtitution, dergleichen Perſonen ſich zu See-Fahrern gar nicht ſchicken, ſonſt haͤtte ich ihn leichtlich zur Mit-Reiſe nach Felſenburg perſua- diren (*) Dieſes iſt der gute Menſch, welcher, wie in der Vorrede des erſten Theils gemeldet worden, ſo ungluͤcklich ge- weſen, vom Poſt-Wagen herunter zu ſtuͤrtzen, und das Leben zu verliehren. q q 2

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 611. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/627>, abgerufen am 25.11.2024.