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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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berufen sich alle auf den Contract, den Peterson mit
meinem Vater geschlossen, allein ich glaube die O-
brigkeit in Schweden wird nicht billigen, daß ein Va-
ter seine Tochter als eine leibeigene Sclavin verkauf-
fen kan.

Unter diesen Gesprächen trat Peterson, mit dem
gantzen Gefolge seiner Freunde oder Anhänger, ins
Zimmer, und weil er uns ohnfehlbar behorcht hatte,
mengete er sich alsofort in unser Gespräche und sagte
zu mir: Monsieur! ich hätte vermeinet, ihr wäret als
ein getreuer Sohn eures Vaters, und als ein guter
Freund gekommen, dessen Glück und mein Vergnü-
gen zu befördern, allein wie ich aus wenigen Wor-
ten gemerckt, so raisonirt ihr so unglücklich als eure
capricieuse Schwester. Monsieur! gab ich et-
was hitzig zur Antwort, wir haben vielleicht, als frey-
gebohrne Kinder ehrlicher Eltern, nicht geringe Ur-
sachen eurer Aufführung, Person und gantzen We-
sens wegen, capricieus zu seyn, und mich wundert
nicht wenig, daß ihr euch des besitzenden Reichthums
wegen unterstehen wollet, ein honettes Frauenzim-
mer mit Gewalt in euer Ehe-Bette zu zwingen.

Es geschicht nicht mit Gewalt, versetzte er, son-
dern sehet! hier ist der mit mir geschlossene Contract
eures leibl. Vaters, und hier sind die Handschriff-
ten über diejenigen Gelder, welche ich ihm bereits
vorgeschossen habe, auch noch ein weit mehrers vor-
zuschiessens willens bin. Hierauf zohe er etliche Brief-
schafften aus seiner Tasche hervor, welche ich mit
flüchtigen Augen überlase, jedoch darauf bald sag-
te: Der väterliche Contract kan meine Schwester

zu

berufen ſich alle auf den Contract, den Peterſon mit
meinem Vater geſchloſſen, allein ich glaube die O-
brigkeit in Schweden wird nicht billigen, daß ein Va-
ter ſeine Tochter als eine leibeigene Sclavin verkauf-
fen kan.

Unter dieſen Geſpraͤchen trat Peterſon, mit dem
gantzen Gefolge ſeiner Freunde oder Anhaͤnger, ins
Zimmer, und weil er uns ohnfehlbar behorcht hatte,
mengete er ſich alſofort in unſer Geſpraͤche und ſagte
zu mir: Monſieur! ich haͤtte vermeinet, ihr waͤret als
ein getreuer Sohn eures Vaters, und als ein guter
Freund gekommen, deſſen Gluͤck und mein Vergnuͤ-
gen zu befoͤrdern, allein wie ich aus wenigen Wor-
ten gemerckt, ſo raiſonirt ihr ſo ungluͤcklich als eure
capriçieuſe Schweſter. Monſieur! gab ich et-
was hitzig zur Antwort, wir haben vielleicht, als frey-
gebohrne Kinder ehrlicher Eltern, nicht geringe Ur-
ſachen eurer Auffuͤhrung, Perſon und gantzen We-
ſens wegen, capriçieus zu ſeyn, und mich wundert
nicht wenig, daß ihr euch des beſitzenden Reichthums
wegen unterſtehen wollet, ein honettes Frauenzim-
mer mit Gewalt in euer Ehe-Bette zu zwingen.

Es geſchicht nicht mit Gewalt, verſetzte er, ſon-
dern ſehet! hier iſt der mit mir geſchloſſene Contract
eures leibl. Vaters, und hier ſind die Handſchriff-
ten uͤber diejenigen Gelder, welche ich ihm bereits
vorgeſchoſſen habe, auch noch ein weit mehrers vor-
zuſchieſſens willens bin. Hierauf zohe er etliche Brief-
ſchafften aus ſeiner Taſche hervor, welche ich mit
fluͤchtigen Augen uͤberlaſe, jedoch darauf bald ſag-
te: Der vaͤterliche Contract kan meine Schweſter

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[592/0608] berufen ſich alle auf den Contract, den Peterſon mit meinem Vater geſchloſſen, allein ich glaube die O- brigkeit in Schweden wird nicht billigen, daß ein Va- ter ſeine Tochter als eine leibeigene Sclavin verkauf- fen kan. Unter dieſen Geſpraͤchen trat Peterſon, mit dem gantzen Gefolge ſeiner Freunde oder Anhaͤnger, ins Zimmer, und weil er uns ohnfehlbar behorcht hatte, mengete er ſich alſofort in unſer Geſpraͤche und ſagte zu mir: Monſieur! ich haͤtte vermeinet, ihr waͤret als ein getreuer Sohn eures Vaters, und als ein guter Freund gekommen, deſſen Gluͤck und mein Vergnuͤ- gen zu befoͤrdern, allein wie ich aus wenigen Wor- ten gemerckt, ſo raiſonirt ihr ſo ungluͤcklich als eure capriçieuſe Schweſter. Monſieur! gab ich et- was hitzig zur Antwort, wir haben vielleicht, als frey- gebohrne Kinder ehrlicher Eltern, nicht geringe Ur- ſachen eurer Auffuͤhrung, Perſon und gantzen We- ſens wegen, capriçieus zu ſeyn, und mich wundert nicht wenig, daß ihr euch des beſitzenden Reichthums wegen unterſtehen wollet, ein honettes Frauenzim- mer mit Gewalt in euer Ehe-Bette zu zwingen. Es geſchicht nicht mit Gewalt, verſetzte er, ſon- dern ſehet! hier iſt der mit mir geſchloſſene Contract eures leibl. Vaters, und hier ſind die Handſchriff- ten uͤber diejenigen Gelder, welche ich ihm bereits vorgeſchoſſen habe, auch noch ein weit mehrers vor- zuſchieſſens willens bin. Hierauf zohe er etliche Brief- ſchafften aus ſeiner Taſche hervor, welche ich mit fluͤchtigen Augen uͤberlaſe, jedoch darauf bald ſag- te: Der vaͤterliche Contract kan meine Schweſter zu

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 592. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/608>, abgerufen am 03.05.2024.