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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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aber nicht die geringste Spur, weil er sich ungemein
kluglich verborgen hatte. Zu seinem Unglücke aber,
kam er Tags vor der angestellten Abfahrt hinter
mir und dem Capitain hergegangen, eben da wir
im Begriff waren, noch zum letzten mahle auf die
Jnsul zu gehen, wir riethen ihm, er solte alle Weit-
läufftigkeiten zu vermeiden, zurück bleiben, allein
er hatte seinen Spaß darüber, kaum aber waren
wir 200. Schritt weiter fortgegangen, als der
Vater nebst dreyen Brüdern der Geschwächten
herzu kamen, und den wollüstigen Barbier ermah-
neten, er möchte sein Wort halten, und seiner ge-
schändeten Liebste die Ehre ersetzen, jedoch der Bar-
bier lachte darzu, und sagte: Die Ehre wäre theuer
genug bezahlet, indem er ihr bey nahe 10. Du-
caten werth davor gelassen hätte. Das ist nicht
genug, sagte der Vater, sondern ich will, daß ihr
entweder meine Tochter heyrathen, oder ihr 200.
Ducaten vor den Jungser-Crantz bezahlen sollet.
Nicht 200. Kieselsteine antwortete der Barbier.
Der Vater war ziemlich raisonable, ließ immer
weiter nach, bis es endlich auf 50. Duc. herunter
kam, welche auszuzahlen, der Capitain Horn,
dem Barbier selbst zuredete, auch sich erbot, ihm
dieselben gleich auf dem Platze vorzustrecken, dafer-
ne er allenfalls kein Geld bey sich hätte. Allein der
eigensinnige und tollkühne Mensch wolte durchaus
nicht, sondern sagte mit Ausstossung eines schreck-
lichen, den Engelländern aber sehr geläufftigen
Schwures: Jch gebe nicht 50. Pfifferlinge, denn
vor dergleichen Hure, sind 10. Ducaten schon mehr

als

aber nicht die geringſte Spur, weil er ſich ungemein
kluglich verborgen hatte. Zu ſeinem Ungluͤcke aber,
kam er Tags vor der angeſtellten Abfahrt hinter
mir und dem Capitain hergegangen, eben da wir
im Begriff waren, noch zum letzten mahle auf die
Jnſul zu gehen, wir riethen ihm, er ſolte alle Weit-
laͤufftigkeiten zu vermeiden, zuruͤck bleiben, allein
er hatte ſeinen Spaß daruͤber, kaum aber waren
wir 200. Schritt weiter fortgegangen, als der
Vater nebſt dreyen Bruͤdern der Geſchwaͤchten
herzu kamen, und den wolluͤſtigen Barbier ermah-
neten, er moͤchte ſein Wort halten, und ſeiner ge-
ſchaͤndeten Liebſte die Ehre erſetzen, jedoch der Bar-
bier lachte darzu, und ſagte: Die Ehre waͤre theuer
genug bezahlet, indem er ihr bey nahe 10. Du-
caten werth davor gelaſſen haͤtte. Das iſt nicht
genug, ſagte der Vater, ſondern ich will, daß ihr
entweder meine Tochter heyrathen, oder ihr 200.
Ducaten vor den Jungſer-Crantz bezahlen ſollet.
Nicht 200. Kieſelſteine antwortete der Barbier.
Der Vater war ziemlich raiſonable, ließ immer
weiter nach, bis es endlich auf 50. Duc. herunter
kam, welche auszuzahlen, der Capitain Horn,
dem Barbier ſelbſt zuredete, auch ſich erbot, ihm
dieſelben gleich auf dem Platze vorzuſtrecken, dafer-
ne er allenfalls kein Geld bey ſich haͤtte. Allein der
eigenſinnige und tollkuͤhne Menſch wolte durchaus
nicht, ſondern ſagte mit Ausſtoſſung eines ſchreck-
lichen, den Engellaͤndern aber ſehr gelaͤufftigen
Schwures: Jch gebe nicht 50. Pfifferlinge, denn
vor dergleichen Hure, ſind 10. Ducaten ſchon mehr

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[576/0592] aber nicht die geringſte Spur, weil er ſich ungemein kluglich verborgen hatte. Zu ſeinem Ungluͤcke aber, kam er Tags vor der angeſtellten Abfahrt hinter mir und dem Capitain hergegangen, eben da wir im Begriff waren, noch zum letzten mahle auf die Jnſul zu gehen, wir riethen ihm, er ſolte alle Weit- laͤufftigkeiten zu vermeiden, zuruͤck bleiben, allein er hatte ſeinen Spaß daruͤber, kaum aber waren wir 200. Schritt weiter fortgegangen, als der Vater nebſt dreyen Bruͤdern der Geſchwaͤchten herzu kamen, und den wolluͤſtigen Barbier ermah- neten, er moͤchte ſein Wort halten, und ſeiner ge- ſchaͤndeten Liebſte die Ehre erſetzen, jedoch der Bar- bier lachte darzu, und ſagte: Die Ehre waͤre theuer genug bezahlet, indem er ihr bey nahe 10. Du- caten werth davor gelaſſen haͤtte. Das iſt nicht genug, ſagte der Vater, ſondern ich will, daß ihr entweder meine Tochter heyrathen, oder ihr 200. Ducaten vor den Jungſer-Crantz bezahlen ſollet. Nicht 200. Kieſelſteine antwortete der Barbier. Der Vater war ziemlich raiſonable, ließ immer weiter nach, bis es endlich auf 50. Duc. herunter kam, welche auszuzahlen, der Capitain Horn, dem Barbier ſelbſt zuredete, auch ſich erbot, ihm dieſelben gleich auf dem Platze vorzuſtrecken, dafer- ne er allenfalls kein Geld bey ſich haͤtte. Allein der eigenſinnige und tollkuͤhne Menſch wolte durchaus nicht, ſondern ſagte mit Ausſtoſſung eines ſchreck- lichen, den Engellaͤndern aber ſehr gelaͤufftigen Schwures: Jch gebe nicht 50. Pfifferlinge, denn vor dergleichen Hure, ſind 10. Ducaten ſchon mehr als

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 576. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/592>, abgerufen am 24.11.2024.