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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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mehr wären, sondern ich hätte dieselben bereits vor
meine Kinder zum Spiele erhandelt und bezahlt,
wie ihr denn sehet, daß mir der Meister hier auf 4.
Gulden, 8. Ggr. zurücke gibt, mir aber ist derglei-
chen vor keine 10. Thlr. feil, ich weiß auch, daß sich
der Herr Bürgermeister hüten wird, solche mir mit
Gewalt abzunehmen. Sie schwiegen hierzu stille,
fragten aber mich, warum ich Pistolen und Flinten
im Laden liegen hätte? Sie sind, gab ich zur Ant-
wort, zu verkauffen, denn es sind kostbare Stücke,
die ich mit aus der Fremde gebracht habe. Hier-
auf zog die sämtliche Procession mit der langen
Nase zurücke, gleich nach den Feyertagen aber ging
ein dreyfacher Process wider mich an, den jedoch
mein Advocat dergestalt geschicklich durchfüh-
rete, daß ich nicht viel über 5. Thaler dabey ver-
lohr. Hergegen gereichte mir zu desto grösserer
Lust und Ehre, daß mein Advocat, die berufenen
Stücke, listiger weise, so wie sie von mir gemacht
waren, an das allerhöchste Ober-Haupt des Lan-
des zu spielen wußte, welches ein besonderes Ver-
gnügen darüber bezeigt, und alles zur Rarität in
Dero berühmte Kunst-und Naturalien-Cammer
zu setzen befohlen hat.

Mein Advocat hatte ohnfehlbar den besten Zug
hierbey gethan, allein ich gönnete ihm selbigen von
Hertzen gern, zumahlen da er mir dann und wann
einen schönen Verdienst zu wiese. Es durffte sich
nun zwar auch in der Stadt niemand öffentlich an
mir reiben, allein es ist doch leicht zu erachten, daß
ein junger Bürger, der das freye, aus der Fremde
mitgebrachte Wesen noch nicht aus dem Sinne

schlagen

mehr waͤren, ſondern ich haͤtte dieſelben bereits vor
meine Kinder zum Spiele erhandelt und bezahlt,
wie ihr denn ſehet, daß mir der Meiſter hier auf 4.
Gulden, 8. Ggr. zuruͤcke gibt, mir aber iſt derglei-
chen vor keine 10. Thlr. feil, ich weiß auch, daß ſich
der Herr Buͤrgermeiſter huͤten wird, ſolche mir mit
Gewalt abzunehmen. Sie ſchwiegen hierzu ſtille,
fragten aber mich, warum ich Piſtolen und Flinten
im Laden liegen haͤtte? Sie ſind, gab ich zur Ant-
wort, zu verkauffen, denn es ſind koſtbare Stuͤcke,
die ich mit aus der Fremde gebracht habe. Hier-
auf zog die ſaͤmtliche Proceſſion mit der langen
Naſe zuruͤcke, gleich nach den Feyertagen aber ging
ein dreyfacher Proceſs wider mich an, den jedoch
mein Advocat dergeſtalt geſchicklich durchfuͤh-
rete, daß ich nicht viel uͤber 5. Thaler dabey ver-
lohr. Hergegen gereichte mir zu deſto groͤſſerer
Luſt und Ehre, daß mein Advocat, die berufenen
Stuͤcke, liſtiger weiſe, ſo wie ſie von mir gemacht
waren, an das allerhoͤchſte Ober-Haupt des Lan-
des zu ſpielen wußte, welches ein beſonderes Ver-
gnuͤgen daruͤber bezeigt, und alles zur Raritaͤt in
Dero beruͤhmte Kunſt-und Naturalien-Cammer
zu ſetzen befohlen hat.

Mein Advocat hatte ohnfehlbar den beſten Zug
hierbey gethan, allein ich goͤnnete ihm ſelbigen von
Hertzen gern, zumahlen da er mir dann und wann
einen ſchoͤnen Verdienſt zu wieſe. Es durffte ſich
nun zwar auch in der Stadt niemand oͤffentlich an
mir reiben, allein es iſt doch leicht zu erachten, daß
ein junger Buͤrger, der das freye, aus der Fremde
mitgebrachte Weſen noch nicht aus dem Sinne

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[416/0430] mehr waͤren, ſondern ich haͤtte dieſelben bereits vor meine Kinder zum Spiele erhandelt und bezahlt, wie ihr denn ſehet, daß mir der Meiſter hier auf 4. Gulden, 8. Ggr. zuruͤcke gibt, mir aber iſt derglei- chen vor keine 10. Thlr. feil, ich weiß auch, daß ſich der Herr Buͤrgermeiſter huͤten wird, ſolche mir mit Gewalt abzunehmen. Sie ſchwiegen hierzu ſtille, fragten aber mich, warum ich Piſtolen und Flinten im Laden liegen haͤtte? Sie ſind, gab ich zur Ant- wort, zu verkauffen, denn es ſind koſtbare Stuͤcke, die ich mit aus der Fremde gebracht habe. Hier- auf zog die ſaͤmtliche Proceſſion mit der langen Naſe zuruͤcke, gleich nach den Feyertagen aber ging ein dreyfacher Proceſs wider mich an, den jedoch mein Advocat dergeſtalt geſchicklich durchfuͤh- rete, daß ich nicht viel uͤber 5. Thaler dabey ver- lohr. Hergegen gereichte mir zu deſto groͤſſerer Luſt und Ehre, daß mein Advocat, die berufenen Stuͤcke, liſtiger weiſe, ſo wie ſie von mir gemacht waren, an das allerhoͤchſte Ober-Haupt des Lan- des zu ſpielen wußte, welches ein beſonderes Ver- gnuͤgen daruͤber bezeigt, und alles zur Raritaͤt in Dero beruͤhmte Kunſt-und Naturalien-Cammer zu ſetzen befohlen hat. Mein Advocat hatte ohnfehlbar den beſten Zug hierbey gethan, allein ich goͤnnete ihm ſelbigen von Hertzen gern, zumahlen da er mir dann und wann einen ſchoͤnen Verdienſt zu wieſe. Es durffte ſich nun zwar auch in der Stadt niemand oͤffentlich an mir reiben, allein es iſt doch leicht zu erachten, daß ein junger Buͤrger, der das freye, aus der Fremde mitgebrachte Weſen noch nicht aus dem Sinne ſchlagen

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/430>, abgerufen am 17.05.2024.