Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

beyden Seiten dieser in der Schwebe hangenden Ge-
rechtigkeit stunden zwey kleine Knaben, welche, so
offt man unten an der Machine ein Rädgen dre-
hete, die Gerechtigkeit hinter-und vorwärts schau-
ckelten, der zur Rechten hatte das Wort: Gunst, der
zur Lincken aber. Ungunst an seiner Brust geschrie-
ben stehen. Ferner hatte ich einen Mann in Priester-
Habite, dessen Meß-Gewand von Schaafs-Fellen,
gemacht, der Priester-Rock aber mit Wolffs-Peltze
gefüttert war. An dem Buche, welches er unter
dem Arme trug, hingen zwey recht naturell nach-
gemachte Fuchs-Schwäntze. Noch ferner hatte ich
einen Ziegen-Bock nach dem Leben abgebildet, der
darauf sitzende Ritter führete in der rechten Hand
eine Schneider-Scheere, an der Seite statt des De-
gens, eine Elle, und hielt den Ziegen-Bock mit der
lincken Hand im Kap-Zaume, der von einer wolle-
nen Tuch-Schrote gemacht war, an statt der Steig-
Bügel sahe man zwey Bügel-Eisen u.wo die Sporn
an Stiefeln stehen solten, befanden sich etliche, wun-
derlich durch einander gesteckte Neh-Nadeln. Die
Hörner des Bocks waren verguldet, Sattel und
Chaberaque von Bärenheuter-Zeuge, und mit
Schellen behangen, in den Pistolen-Holfftern aber
stacken 2. dergleichen Pfriemen, womit die Schnür-
Löcher ausgebohret werden, ja ich weiß mich fast
selbst nicht mehr zu entsinnen, was ich sonsten an die-
sem Ziegen-Bocke, so wohl auch noch an verschiede-
nen andern dergleichen thörichten Inventionen vor
Gauckeleyen ausgeübt habe. Nun ist leicht zu er-
achten, daß dieserwegen gar bald Lerm in der Stadt
worden, es stund dermassen viel Volck um meinen

Laden

beyden Seiten dieſer in der Schwebe hangenden Ge-
rechtigkeit ſtunden zwey kleine Knaben, welche, ſo
offt man unten an der Machine ein Raͤdgen dre-
hete, die Gerechtigkeit hinter-und vorwaͤrts ſchau-
ckelten, der zur Rechten hatte das Wort: Gunſt, der
zur Lincken aber. Ungunſt an ſeiner Bruſt geſchrie-
ben ſtehen. Ferner hatte ich einen Mann in Prieſter-
Habite, deſſen Meß-Gewand von Schaafs-Fellen,
gemacht, der Prieſter-Rock aber mit Wolffs-Peltze
gefuͤttert war. An dem Buche, welches er unter
dem Arme trug, hingen zwey recht naturell nach-
gemachte Fuchs-Schwaͤntze. Noch ferner hatte ich
einen Ziegen-Bock nach dem Leben abgebildet, der
darauf ſitzende Ritter fuͤhrete in der rechten Hand
eine Schneider-Scheere, an der Seite ſtatt des De-
gens, eine Elle, und hielt den Ziegen-Bock mit der
lincken Hand im Kap-Zaume, der von einer wolle-
nen Tuch-Schrote gemacht war, an ſtatt der Steig-
Buͤgel ſahe man zwey Buͤgel-Eiſen u.wo die Sporn
an Stiefeln ſtehen ſolten, befanden ſich etliche, wun-
derlich durch einander geſteckte Neh-Nadeln. Die
Hoͤrner des Bocks waren verguldet, Sattel und
Chaberaque von Baͤrenheuter-Zeuge, und mit
Schellen behangen, in den Piſtolen-Holfftern aber
ſtacken 2. dergleichen Pfriemen, womit die Schnuͤr-
Loͤcher ausgebohret werden, ja ich weiß mich faſt
ſelbſt nicht mehr zu entſinnen, was ich ſonſten an die-
ſem Ziegen-Bocke, ſo wohl auch noch an verſchiede-
nen andern dergleichen thoͤrichten Inventionen vor
Gauckeleyen ausgeuͤbt habe. Nun iſt leicht zu er-
achten, daß dieſerwegen gar bald Lerm in der Stadt
worden, es ſtund dermaſſen viel Volck um meinen

Laden
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0428" n="414"/>
beyden Seiten die&#x017F;er in der Schwebe hangenden Ge-<lb/>
rechtigkeit &#x017F;tunden zwey kleine Knaben, welche, &#x017F;o<lb/>
offt man unten an der <hi rendition="#aq">Machine</hi> ein Ra&#x0364;dgen dre-<lb/>
hete, die Gerechtigkeit hinter-und vorwa&#x0364;rts &#x017F;chau-<lb/>
ckelten, der zur Rechten hatte das Wort: <hi rendition="#fr">Gun&#x017F;t,</hi> der<lb/>
zur Lincken aber. <hi rendition="#fr">Ungun&#x017F;t</hi> an &#x017F;einer Bru&#x017F;t ge&#x017F;chrie-<lb/>
ben &#x017F;tehen. Ferner hatte ich einen Mann in Prie&#x017F;ter-<lb/><hi rendition="#aq">Habite,</hi> de&#x017F;&#x017F;en Meß-Gewand von Schaafs-Fellen,<lb/>
gemacht, der Prie&#x017F;ter-Rock aber mit Wolffs-Peltze<lb/>
gefu&#x0364;ttert war. An dem Buche, welches er unter<lb/>
dem Arme trug, hingen zwey recht <hi rendition="#aq">naturell</hi> nach-<lb/>
gemachte Fuchs-Schwa&#x0364;ntze. Noch ferner hatte ich<lb/>
einen Ziegen-Bock nach dem Leben abgebildet, der<lb/>
darauf &#x017F;itzende Ritter fu&#x0364;hrete in der rechten Hand<lb/>
eine Schneider-Scheere, an der Seite &#x017F;tatt des De-<lb/>
gens, eine Elle, und hielt den Ziegen-Bock mit der<lb/>
lincken Hand im Kap-Zaume, der von einer wolle-<lb/>
nen Tuch-Schrote gemacht war, an &#x017F;tatt der Steig-<lb/>
Bu&#x0364;gel &#x017F;ahe man zwey Bu&#x0364;gel-Ei&#x017F;en u.wo die Sporn<lb/>
an Stiefeln &#x017F;tehen &#x017F;olten, befanden &#x017F;ich etliche, wun-<lb/>
derlich durch einander ge&#x017F;teckte Neh-Nadeln. Die<lb/>
Ho&#x0364;rner des Bocks waren verguldet, Sattel und<lb/><hi rendition="#aq">Chaberaque</hi> von Ba&#x0364;renheuter-Zeuge, und mit<lb/>
Schellen behangen, in den Pi&#x017F;tolen-Holfftern aber<lb/>
&#x017F;tacken 2. dergleichen Pfriemen, womit die Schnu&#x0364;r-<lb/>
Lo&#x0364;cher ausgebohret werden, ja ich weiß mich fa&#x017F;t<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t nicht mehr zu ent&#x017F;innen, was ich &#x017F;on&#x017F;ten an die-<lb/>
&#x017F;em Ziegen-Bocke, &#x017F;o wohl auch noch an ver&#x017F;chiede-<lb/>
nen andern dergleichen tho&#x0364;richten <hi rendition="#aq">Invention</hi>en vor<lb/>
Gauckeleyen ausgeu&#x0364;bt habe. Nun i&#x017F;t leicht zu er-<lb/>
achten, daß die&#x017F;erwegen gar bald Lerm in der Stadt<lb/>
worden, es &#x017F;tund derma&#x017F;&#x017F;en viel Volck um meinen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Laden</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[414/0428] beyden Seiten dieſer in der Schwebe hangenden Ge- rechtigkeit ſtunden zwey kleine Knaben, welche, ſo offt man unten an der Machine ein Raͤdgen dre- hete, die Gerechtigkeit hinter-und vorwaͤrts ſchau- ckelten, der zur Rechten hatte das Wort: Gunſt, der zur Lincken aber. Ungunſt an ſeiner Bruſt geſchrie- ben ſtehen. Ferner hatte ich einen Mann in Prieſter- Habite, deſſen Meß-Gewand von Schaafs-Fellen, gemacht, der Prieſter-Rock aber mit Wolffs-Peltze gefuͤttert war. An dem Buche, welches er unter dem Arme trug, hingen zwey recht naturell nach- gemachte Fuchs-Schwaͤntze. Noch ferner hatte ich einen Ziegen-Bock nach dem Leben abgebildet, der darauf ſitzende Ritter fuͤhrete in der rechten Hand eine Schneider-Scheere, an der Seite ſtatt des De- gens, eine Elle, und hielt den Ziegen-Bock mit der lincken Hand im Kap-Zaume, der von einer wolle- nen Tuch-Schrote gemacht war, an ſtatt der Steig- Buͤgel ſahe man zwey Buͤgel-Eiſen u.wo die Sporn an Stiefeln ſtehen ſolten, befanden ſich etliche, wun- derlich durch einander geſteckte Neh-Nadeln. Die Hoͤrner des Bocks waren verguldet, Sattel und Chaberaque von Baͤrenheuter-Zeuge, und mit Schellen behangen, in den Piſtolen-Holfftern aber ſtacken 2. dergleichen Pfriemen, womit die Schnuͤr- Loͤcher ausgebohret werden, ja ich weiß mich faſt ſelbſt nicht mehr zu entſinnen, was ich ſonſten an die- ſem Ziegen-Bocke, ſo wohl auch noch an verſchiede- nen andern dergleichen thoͤrichten Inventionen vor Gauckeleyen ausgeuͤbt habe. Nun iſt leicht zu er- achten, daß dieſerwegen gar bald Lerm in der Stadt worden, es ſtund dermaſſen viel Volck um meinen Laden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/428
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/428>, abgerufen am 22.11.2024.