Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

mir recht ist, ein Stück von einem Apothecker-Ge-
sellen darbey, der vielleicht mir wenig Courage zu-
trauen mochte, oder wenigstens ein gut Theil mehr
als ich zu haben vermeynete, dieser führete das
Wort, und gab mit verächtlichen Geberden zu ver-
nehmen, daß ich keine Ehre zu reden hätte. Mon-
sieur
,
sprach ich, den Augenblick marschirt zur Thü-
re hinaus, oder es solte mich sehr jammern, wenn ich
euch in den Stand setzte, wenigstens in 4. Wochen
keine Büchse zubinden zu können. Der Eisen-
fresser zog vom Leder, ich ließ ihn zweymahl auf
mein Spanisch Rohr hauen, hierauf konte er sich
nicht so geschwinde umsehen, als sein rechter Arm
schon morsch entzwey gebrochen war. Demnach
entblösseten die andern 8. alle ihre Degen gegen
mich, der Spiel-Halter wolte mir zu Hülffe kom-
men, allein, ich stieß ihn zurück, und prügelte, bin-
nen einer Zeit von weniger als 5. Minuten, mit mei-
nem Spanischen Rohre alle zur Stube hinaus, biß
auf den letzten, welchen, um mein Wort zu halten, ich
seines naseweisen Mauls wegen, zum Fenster hin-
aus auf die Strasse steckte. Dieser Streich brach-
te mir bey allen Kunst- und Handwercks-Gesellen,
eine grosse Ehrfurcht, und dann, welches der beste
Vortheil zu seyn schien, des ermeldten Spiel-Hal-
ters vollkommene Freundschafft zu wege, so, daß er
mir alle seine subtilen Griffe, sich und diejenigen,
welche es mit ihm hielten, zu bereichern, der Länge
nach heraus beichtete, und mich solchergestalt zu sei-
nem allervertrautesten Dutz-Bruder machte. Dem-
nach gieng keine Woche hin, daß ich nicht auf dem
Spiel-Tische, 10. 20. biß 30. Thaler gewonnen

hätte,
II. Theil. a a

mir recht iſt, ein Stuͤck von einem Apothecker-Ge-
ſellen darbey, der vielleicht mir wenig Courage zu-
trauen mochte, oder wenigſtens ein gut Theil mehr
als ich zu haben vermeynete, dieſer fuͤhrete das
Wort, und gab mit veraͤchtlichen Geberden zu ver-
nehmen, daß ich keine Ehre zu reden haͤtte. Mon-
ſieur
,
ſprach ich, den Augenblick marſchirt zur Thuͤ-
re hinaus, oder es ſolte mich ſehr jammern, wenn ich
euch in den Stand ſetzte, wenigſtens in 4. Wochen
keine Buͤchſe zubinden zu koͤnnen. Der Eiſen-
freſſer zog vom Leder, ich ließ ihn zweymahl auf
mein Spaniſch Rohr hauen, hierauf konte er ſich
nicht ſo geſchwinde umſehen, als ſein rechter Arm
ſchon morſch entzwey gebrochen war. Demnach
entbloͤſſeten die andern 8. alle ihre Degen gegen
mich, der Spiel-Halter wolte mir zu Huͤlffe kom-
men, allein, ich ſtieß ihn zuruͤck, und pruͤgelte, bin-
nen einer Zeit von weniger als 5. Minuten, mit mei-
nem Spaniſchen Rohre alle zur Stube hinaus, biß
auf den letzten, welchen, um mein Wort zu halten, ich
ſeines naſeweiſen Mauls wegen, zum Fenſter hin-
aus auf die Straſſe ſteckte. Dieſer Streich brach-
te mir bey allen Kunſt- und Handwercks-Geſellen,
eine groſſe Ehrfurcht, und dann, welches der beſte
Vortheil zu ſeyn ſchien, des ermeldten Spiel-Hal-
ters vollkommene Freundſchafft zu wege, ſo, daß er
mir alle ſeine ſubtilen Griffe, ſich und diejenigen,
welche es mit ihm hielten, zu bereichern, der Laͤnge
nach heraus beichtete, und mich ſolchergeſtalt zu ſei-
nem allervertrauteſten Dutz-Bruder machte. Dem-
nach gieng keine Woche hin, daß ich nicht auf dem
Spiel-Tiſche, 10. 20. biß 30. Thaler gewonnen

haͤtte,
II. Theil. a a
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0383" n="369"/>
mir recht i&#x017F;t, ein Stu&#x0364;ck von einem Apothecker-Ge-<lb/>
&#x017F;ellen darbey, der vielleicht mir wenig <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Courage</hi></hi> zu-<lb/>
trauen mochte, oder wenig&#x017F;tens ein gut Theil mehr<lb/>
als ich zu haben vermeynete, die&#x017F;er fu&#x0364;hrete das<lb/>
Wort, und gab mit vera&#x0364;chtlichen Geberden zu ver-<lb/>
nehmen, daß ich keine Ehre zu reden ha&#x0364;tte. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Mon-<lb/>
&#x017F;ieur</hi>,</hi> &#x017F;prach ich, den Augenblick mar&#x017F;chirt zur Thu&#x0364;-<lb/>
re hinaus, oder es &#x017F;olte mich &#x017F;ehr jammern, wenn ich<lb/>
euch in den Stand &#x017F;etzte, wenig&#x017F;tens in 4. Wochen<lb/>
keine Bu&#x0364;ch&#x017F;e zubinden zu ko&#x0364;nnen. Der Ei&#x017F;en-<lb/>
fre&#x017F;&#x017F;er zog vom Leder, ich ließ ihn zweymahl auf<lb/>
mein Spani&#x017F;ch Rohr hauen, hierauf konte er &#x017F;ich<lb/>
nicht &#x017F;o ge&#x017F;chwinde um&#x017F;ehen, als &#x017F;ein rechter Arm<lb/>
&#x017F;chon mor&#x017F;ch entzwey gebrochen war. Demnach<lb/>
entblo&#x0364;&#x017F;&#x017F;eten die andern 8. alle ihre Degen gegen<lb/>
mich, der Spiel-Halter wolte mir zu Hu&#x0364;lffe kom-<lb/>
men, allein, ich &#x017F;tieß ihn zuru&#x0364;ck, und pru&#x0364;gelte, bin-<lb/>
nen einer Zeit von weniger als 5. Minuten, mit mei-<lb/>
nem Spani&#x017F;chen Rohre alle zur Stube hinaus, biß<lb/>
auf den letzten, welchen, um mein Wort zu halten, ich<lb/>
&#x017F;eines na&#x017F;ewei&#x017F;en Mauls wegen, zum Fen&#x017F;ter hin-<lb/>
aus auf die Stra&#x017F;&#x017F;e &#x017F;teckte. Die&#x017F;er Streich brach-<lb/>
te mir bey allen Kun&#x017F;t- und Handwercks-Ge&#x017F;ellen,<lb/>
eine gro&#x017F;&#x017F;e Ehrfurcht, und dann, welches der be&#x017F;te<lb/>
Vortheil zu &#x017F;eyn &#x017F;chien, des ermeldten Spiel-Hal-<lb/>
ters vollkommene Freund&#x017F;chafft zu wege, &#x017F;o, daß er<lb/>
mir alle &#x017F;eine &#x017F;ubtilen Griffe, &#x017F;ich und diejenigen,<lb/>
welche es mit ihm hielten, zu bereichern, der La&#x0364;nge<lb/>
nach heraus beichtete, und mich &#x017F;olcherge&#x017F;talt zu &#x017F;ei-<lb/>
nem allervertraute&#x017F;ten Dutz-Bruder machte. Dem-<lb/>
nach gieng keine Woche hin, daß ich nicht auf dem<lb/>
Spiel-Ti&#x017F;che, 10. 20. biß 30. Thaler gewonnen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">II.</hi></hi><hi rendition="#fr">Theil.</hi> a a</fw><fw place="bottom" type="catch">ha&#x0364;tte,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[369/0383] mir recht iſt, ein Stuͤck von einem Apothecker-Ge- ſellen darbey, der vielleicht mir wenig Courage zu- trauen mochte, oder wenigſtens ein gut Theil mehr als ich zu haben vermeynete, dieſer fuͤhrete das Wort, und gab mit veraͤchtlichen Geberden zu ver- nehmen, daß ich keine Ehre zu reden haͤtte. Mon- ſieur, ſprach ich, den Augenblick marſchirt zur Thuͤ- re hinaus, oder es ſolte mich ſehr jammern, wenn ich euch in den Stand ſetzte, wenigſtens in 4. Wochen keine Buͤchſe zubinden zu koͤnnen. Der Eiſen- freſſer zog vom Leder, ich ließ ihn zweymahl auf mein Spaniſch Rohr hauen, hierauf konte er ſich nicht ſo geſchwinde umſehen, als ſein rechter Arm ſchon morſch entzwey gebrochen war. Demnach entbloͤſſeten die andern 8. alle ihre Degen gegen mich, der Spiel-Halter wolte mir zu Huͤlffe kom- men, allein, ich ſtieß ihn zuruͤck, und pruͤgelte, bin- nen einer Zeit von weniger als 5. Minuten, mit mei- nem Spaniſchen Rohre alle zur Stube hinaus, biß auf den letzten, welchen, um mein Wort zu halten, ich ſeines naſeweiſen Mauls wegen, zum Fenſter hin- aus auf die Straſſe ſteckte. Dieſer Streich brach- te mir bey allen Kunſt- und Handwercks-Geſellen, eine groſſe Ehrfurcht, und dann, welches der beſte Vortheil zu ſeyn ſchien, des ermeldten Spiel-Hal- ters vollkommene Freundſchafft zu wege, ſo, daß er mir alle ſeine ſubtilen Griffe, ſich und diejenigen, welche es mit ihm hielten, zu bereichern, der Laͤnge nach heraus beichtete, und mich ſolchergeſtalt zu ſei- nem allervertrauteſten Dutz-Bruder machte. Dem- nach gieng keine Woche hin, daß ich nicht auf dem Spiel-Tiſche, 10. 20. biß 30. Thaler gewonnen haͤtte, II. Theil. a a

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/383
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/383>, abgerufen am 26.11.2024.