Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

länglich war, ein solches herrliches Leben auszufüh-
ren, dergleichen mir im Kopfe schwebete, so suchte
ich andere Gelegenheiten, mir gnugsames Geld in
den Beutel zu schaffen. Das Würffel- und Kar-
ten-Spiel fiel mir als die aller reputirlichste Art in
die Gedancken, derowegen besuchte zum öfftern die
Spiel-Gelacke, jedoch mehrentheils mit dem al-
lergrößten Schaden, weil gemeiniglich alles Geld,
was die gantze Woche zusammen gesparet war, des
Sonntags abends auf einmahl drauf zu gehen
pflegte. Jedoch durch folgende Gelegenheit, be-
kam mein Spielen bald ein gantz anderes Anse-
hen: Es hatten nemlich etliche Degen-tragende
Handwercks-Pursche, eines Abends einen star-
cken Verlust auf dem Spiele erlitten, gaben dero-
wegen dem Schilderer oder Spielhalter ein und
andern Betrug schuld. Dieses war sonst ein
Kerl, der sich nicht leichtlich auf der Nase trom-
melen ließ, allein voritzo waren ausser mir 9. Kerls
gegenwärtig, von welchen allen er sich nichts, oder
wenigstens nicht viel Gutes zu versehen hatte. Es
daurete mich, daß der Kerl, von diesen Purschen,
worunter einige waren, denen noch der Milch-
Brey am Munde klebte, so viele Schnupf-Fliegen
einfressen mußte, ohngeacht ich ihm sonst ebenfalls
nicht allzugünstig war, derowegen legte ich mich
darzwischen, und sagte: Jhr Herren, haltet das
Spiel nicht auf, gefällt jemanden aber nicht mehr
zu spielen, der halte sein naseweise Maul, oder ich
werde mir die Mühe nehmen, ihn zum Fenster
hinaus auf die Strasse zu werffen. Es war, wo

mir

laͤnglich war, ein ſolches herrliches Leben auszufuͤh-
ren, dergleichen mir im Kopfe ſchwebete, ſo ſuchte
ich andere Gelegenheiten, mir gnugſames Geld in
den Beutel zu ſchaffen. Das Wuͤrffel- und Kar-
ten-Spiel fiel mir als die aller reputirlichſte Art in
die Gedancken, derowegen beſuchte zum oͤfftern die
Spiel-Gelacke, jedoch mehrentheils mit dem al-
lergroͤßten Schaden, weil gemeiniglich alles Geld,
was die gantze Woche zuſammen geſparet war, des
Sonntags abends auf einmahl drauf zu gehen
pflegte. Jedoch durch folgende Gelegenheit, be-
kam mein Spielen bald ein gantz anderes Anſe-
hen: Es hatten nemlich etliche Degen-tragende
Handwercks-Purſche, eines Abends einen ſtar-
cken Verluſt auf dem Spiele erlitten, gaben dero-
wegen dem Schilderer oder Spielhalter ein und
andern Betrug ſchuld. Dieſes war ſonſt ein
Kerl, der ſich nicht leichtlich auf der Naſe trom-
melen ließ, allein voritzo waren auſſer mir 9. Kerls
gegenwaͤrtig, von welchen allen er ſich nichts, oder
wenigſtens nicht viel Gutes zu verſehen hatte. Es
daurete mich, daß der Kerl, von dieſen Purſchen,
worunter einige waren, denen noch der Milch-
Brey am Munde klebte, ſo viele Schnupf-Fliegen
einfreſſen mußte, ohngeacht ich ihm ſonſt ebenfalls
nicht allzuguͤnſtig war, derowegen legte ich mich
darzwiſchen, und ſagte: Jhr Herren, haltet das
Spiel nicht auf, gefaͤllt jemanden aber nicht mehr
zu ſpielen, der halte ſein naſeweiſe Maul, oder ich
werde mir die Muͤhe nehmen, ihn zum Fenſter
hinaus auf die Straſſe zu werffen. Es war, wo

mir
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0382" n="368"/>
la&#x0364;nglich war, ein &#x017F;olches herrliches Leben auszufu&#x0364;h-<lb/>
ren, dergleichen mir im Kopfe &#x017F;chwebete, &#x017F;o &#x017F;uchte<lb/>
ich andere Gelegenheiten, mir gnug&#x017F;ames Geld in<lb/>
den Beutel zu &#x017F;chaffen. Das Wu&#x0364;rffel- und Kar-<lb/>
ten-Spiel fiel mir als die aller <hi rendition="#aq">reputi</hi>rlich&#x017F;te Art in<lb/>
die Gedancken, derowegen be&#x017F;uchte zum o&#x0364;fftern die<lb/>
Spiel-Gelacke, jedoch mehrentheils mit dem al-<lb/>
lergro&#x0364;ßten Schaden, weil gemeiniglich alles Geld,<lb/>
was die gantze Woche zu&#x017F;ammen ge&#x017F;paret war, des<lb/>
Sonntags abends auf einmahl drauf zu gehen<lb/>
pflegte. Jedoch durch folgende Gelegenheit, be-<lb/>
kam mein Spielen bald ein gantz anderes An&#x017F;e-<lb/>
hen: Es hatten nemlich etliche Degen-tragende<lb/>
Handwercks-Pur&#x017F;che, eines Abends einen &#x017F;tar-<lb/>
cken Verlu&#x017F;t auf dem Spiele erlitten, gaben dero-<lb/>
wegen dem Schilderer oder Spielhalter ein und<lb/>
andern Betrug &#x017F;chuld. Die&#x017F;es war &#x017F;on&#x017F;t ein<lb/>
Kerl, der &#x017F;ich nicht leichtlich auf der Na&#x017F;e trom-<lb/>
melen ließ, allein voritzo waren au&#x017F;&#x017F;er mir 9. Kerls<lb/>
gegenwa&#x0364;rtig, von welchen allen er &#x017F;ich nichts, oder<lb/>
wenig&#x017F;tens nicht viel Gutes zu ver&#x017F;ehen hatte. Es<lb/>
daurete mich, daß der Kerl, von die&#x017F;en Pur&#x017F;chen,<lb/>
worunter einige waren, denen noch der Milch-<lb/>
Brey am Munde klebte, &#x017F;o viele Schnupf-Fliegen<lb/>
einfre&#x017F;&#x017F;en mußte, ohngeacht ich ihm &#x017F;on&#x017F;t ebenfalls<lb/>
nicht allzugu&#x0364;n&#x017F;tig war, derowegen legte ich mich<lb/>
darzwi&#x017F;chen, und &#x017F;agte: Jhr Herren, haltet das<lb/>
Spiel nicht auf, gefa&#x0364;llt jemanden aber nicht mehr<lb/>
zu &#x017F;pielen, der halte &#x017F;ein na&#x017F;ewei&#x017F;e Maul, oder ich<lb/>
werde mir die Mu&#x0364;he nehmen, ihn zum Fen&#x017F;ter<lb/>
hinaus auf die Stra&#x017F;&#x017F;e zu werffen. Es war, wo<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mir</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[368/0382] laͤnglich war, ein ſolches herrliches Leben auszufuͤh- ren, dergleichen mir im Kopfe ſchwebete, ſo ſuchte ich andere Gelegenheiten, mir gnugſames Geld in den Beutel zu ſchaffen. Das Wuͤrffel- und Kar- ten-Spiel fiel mir als die aller reputirlichſte Art in die Gedancken, derowegen beſuchte zum oͤfftern die Spiel-Gelacke, jedoch mehrentheils mit dem al- lergroͤßten Schaden, weil gemeiniglich alles Geld, was die gantze Woche zuſammen geſparet war, des Sonntags abends auf einmahl drauf zu gehen pflegte. Jedoch durch folgende Gelegenheit, be- kam mein Spielen bald ein gantz anderes Anſe- hen: Es hatten nemlich etliche Degen-tragende Handwercks-Purſche, eines Abends einen ſtar- cken Verluſt auf dem Spiele erlitten, gaben dero- wegen dem Schilderer oder Spielhalter ein und andern Betrug ſchuld. Dieſes war ſonſt ein Kerl, der ſich nicht leichtlich auf der Naſe trom- melen ließ, allein voritzo waren auſſer mir 9. Kerls gegenwaͤrtig, von welchen allen er ſich nichts, oder wenigſtens nicht viel Gutes zu verſehen hatte. Es daurete mich, daß der Kerl, von dieſen Purſchen, worunter einige waren, denen noch der Milch- Brey am Munde klebte, ſo viele Schnupf-Fliegen einfreſſen mußte, ohngeacht ich ihm ſonſt ebenfalls nicht allzuguͤnſtig war, derowegen legte ich mich darzwiſchen, und ſagte: Jhr Herren, haltet das Spiel nicht auf, gefaͤllt jemanden aber nicht mehr zu ſpielen, der halte ſein naſeweiſe Maul, oder ich werde mir die Muͤhe nehmen, ihn zum Fenſter hinaus auf die Straſſe zu werffen. Es war, wo mir

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/382
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/382>, abgerufen am 19.05.2024.