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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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den Rückweg, jedoch da ich kaum hundert Schritte
hinweg war, kam mir die Magd mit einem halben
Brode und zweyen Knackwürsten nachgelauffen,
welche mir die Frau Pfarrerin auf ihren Bericht,
daß ich vielleicht hungerig seyn würde, übersendete.
Saget eurer Frauen, sprach ich, daß ich ihr von
Grund des Hertzens danckte, und alle beständige
Glückseligkeiten anwünschte, denn die Zeiten sind
veränderlich, wie an mir zu sehen ist, da ich eure Frau
vor etlichen Jahren am Fest Mariä Heimsuchung
zum erstenmahle musiciren sahe, hätte ich nicht
vermeinet, dereinst vor ihre Thüre betteln zu kom-
men. Die Magd lieff fort, und ich machte mich
in die Schencke, nicht so wohl aus Appetit zum Es-
sen und Trincken, als etwa in einem Winckel ein
wenig zu ruhen, und meinem Unglücke in der Stille
nachzudencken.

Allein, ich hatte wenig Ruhe, denn erstlich wur-
de von vielen Leuten vexiret, ihnen die Art meiner
letztern Plünderung zu erzehlen, und hernachmahls
schickte der Pfarrer etliche mahl, und ließ mich bit-
ten, nochmahls in seinem Hause einzusprechen, weil
er aus gewissen Umständen, einen unverglückten
bekandten Freund an mir vermerckte. Jch ent-
schuldigte mich zwar mit einer Unpäßlichkeit, allein
gegen Abend kam der Pfarrer mit seiner Liebsten
selbst, mich aus der Schencke in ihr Haus abzufüh-
ren. Solchergestalt wurde das Rätzel, warum
ich mir seit 6. Jahren den Kopf ziemlich zerbrochen,
sehr plötzlich aufgelöset, denn dieser Herr Pfarrer
war kein anderer als derjenige Schwartz-Rock,
welcher mir im Post-Hause meine Liebste abspen-

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den Ruͤckweg, jedoch da ich kaum hundert Schritte
hinweg war, kam mir die Magd mit einem halben
Brode und zweyen Knackwuͤrſten nachgelauffen,
welche mir die Frau Pfarrerin auf ihren Bericht,
daß ich vielleicht hungerig ſeyn wuͤrde, uͤberſendete.
Saget eurer Frauen, ſprach ich, daß ich ihr von
Grund des Hertzens danckte, und alle beſtaͤndige
Gluͤckſeligkeiten anwuͤnſchte, denn die Zeiten ſind
veraͤnderlich, wie an mir zu ſehen iſt, da ich eure Frau
vor etlichen Jahren am Feſt Mariaͤ Heimſuchung
zum erſtenmahle muſiciren ſahe, haͤtte ich nicht
vermeinet, dereinſt vor ihre Thuͤre betteln zu kom-
men. Die Magd lieff fort, und ich machte mich
in die Schencke, nicht ſo wohl aus Appetit zum Eſ-
ſen und Trincken, als etwa in einem Winckel ein
wenig zu ruhen, und meinem Ungluͤcke in der Stille
nachzudencken.

Allein, ich hatte wenig Ruhe, denn erſtlich wur-
de von vielen Leuten vexiret, ihnen die Art meiner
letztern Pluͤnderung zu erzehlen, und hernachmahls
ſchickte der Pfarrer etliche mahl, und ließ mich bit-
ten, nochmahls in ſeinem Hauſe einzuſprechen, weil
er aus gewiſſen Umſtaͤnden, einen unvergluͤckten
bekandten Freund an mir vermerckte. Jch ent-
ſchuldigte mich zwar mit einer Unpaͤßlichkeit, allein
gegen Abend kam der Pfarrer mit ſeiner Liebſten
ſelbſt, mich aus der Schencke in ihr Haus abzufuͤh-
ren. Solchergeſtalt wurde das Raͤtzel, warum
ich mir ſeit 6. Jahren den Kopf ziemlich zerbrochen,
ſehr ploͤtzlich aufgeloͤſet, denn dieſer Herr Pfarrer
war kein anderer als derjenige Schwartz-Rock,
welcher mir im Poſt-Hauſe meine Liebſte abſpen-

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[357/0371] den Ruͤckweg, jedoch da ich kaum hundert Schritte hinweg war, kam mir die Magd mit einem halben Brode und zweyen Knackwuͤrſten nachgelauffen, welche mir die Frau Pfarrerin auf ihren Bericht, daß ich vielleicht hungerig ſeyn wuͤrde, uͤberſendete. Saget eurer Frauen, ſprach ich, daß ich ihr von Grund des Hertzens danckte, und alle beſtaͤndige Gluͤckſeligkeiten anwuͤnſchte, denn die Zeiten ſind veraͤnderlich, wie an mir zu ſehen iſt, da ich eure Frau vor etlichen Jahren am Feſt Mariaͤ Heimſuchung zum erſtenmahle muſiciren ſahe, haͤtte ich nicht vermeinet, dereinſt vor ihre Thuͤre betteln zu kom- men. Die Magd lieff fort, und ich machte mich in die Schencke, nicht ſo wohl aus Appetit zum Eſ- ſen und Trincken, als etwa in einem Winckel ein wenig zu ruhen, und meinem Ungluͤcke in der Stille nachzudencken. Allein, ich hatte wenig Ruhe, denn erſtlich wur- de von vielen Leuten vexiret, ihnen die Art meiner letztern Pluͤnderung zu erzehlen, und hernachmahls ſchickte der Pfarrer etliche mahl, und ließ mich bit- ten, nochmahls in ſeinem Hauſe einzuſprechen, weil er aus gewiſſen Umſtaͤnden, einen unvergluͤckten bekandten Freund an mir vermerckte. Jch ent- ſchuldigte mich zwar mit einer Unpaͤßlichkeit, allein gegen Abend kam der Pfarrer mit ſeiner Liebſten ſelbſt, mich aus der Schencke in ihr Haus abzufuͤh- ren. Solchergeſtalt wurde das Raͤtzel, warum ich mir ſeit 6. Jahren den Kopf ziemlich zerbrochen, ſehr ploͤtzlich aufgeloͤſet, denn dieſer Herr Pfarrer war kein anderer als derjenige Schwartz-Rock, welcher mir im Poſt-Hauſe meine Liebſte abſpen- ſtig z 3

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/371>, abgerufen am 25.11.2024.