Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

Lirzbergen, einen beliebten Reise-Geferten abzu-
geben. Allein die Führung des Himmels hat es
besser mit uns gemeinet, denn, wie bereits bekandt
ist, sind wir in Lübeck an den Herrn Wolffgang
gerathen, der uns, nebst andern Geferten, auf diese
glückselige Jnsul geführet hat, allwo ich nunmeh-
ro, dem Himmel sey Danck, ein dermassen ruhiges
und vergnügtes Leben führe, welches gegen keinen
philosophischen Stein vertauschen wolte, und wenn
derselbe gleich den allergrößten Mühlstein am Ge-
wicht überträffe, wünsche also weiter nichts mehr,
als meine übrige Lebens-Zeit in wahrer Frömmigkeit
zuzubringen, auf der Jnsul meinen liebsten Freun-
den nützliche Dienste zu leisten, und endlich in den
Armen meiner liebsten Dorothee Jacobine, ruhig
und selig zu sterben.

Solchergestalt, meine Herren und Freunde! sagte
nunmehro Mons. Plager zum Beschlusse, habe ich
ihnen einen offenhertzigen Bericht, meines von Ju-
gend auf geführten Wandels abgestattet, ich weiß
aber nicht, ob ich wünschen darff, daß sie demselben
ferner nachdencken, oder zum wenigsten meine
Thorheiten und Ubelthaten gantz und gar wieder
vergessen möchten, jedoch mein bester Trost ist die-
ser, daß ich ein besserer Christ geworden, und auch
vollkommen gesonnen bin, mich Zeit-Lebens also auf-
zuführen, da ich, GOtt Lob, im Stande lebe, meinen
ehemahligen Affecten ein Gebiß anzulegen, und sie
nicht über mich herrschen zu lassen.

Also endigte Mons. Plager die Erzehlung selner
Lebens-Geschicht, aus welcher wir, an seiner Per-
son und gantzen Wesen, nichts anders zu tadeln fan-

den,

Lirzbergen, einen beliebten Reiſe-Geferten abzu-
geben. Allein die Fuͤhrung des Himmels hat es
beſſer mit uns gemeinet, denn, wie bereits bekandt
iſt, ſind wir in Luͤbeck an den Herrn Wolffgang
gerathen, der uns, nebſt andern Geferten, auf dieſe
gluͤckſelige Jnſul gefuͤhret hat, allwo ich nunmeh-
ro, dem Himmel ſey Danck, ein dermaſſen ruhiges
und vergnuͤgtes Leben fuͤhre, welches gegen keinen
philoſophiſchen Stein vertauſchen wolte, und wenn
derſelbe gleich den allergroͤßten Muͤhlſtein am Ge-
wicht uͤbertraͤffe, wuͤnſche alſo weiter nichts mehr,
als meine uͤbrige Lebens-Zeit in wahrer Froͤmmigkeit
zuzubringen, auf der Jnſul meinen liebſten Freun-
den nuͤtzliche Dienſte zu leiſten, und endlich in den
Armen meiner liebſten Dorothee Jacobine, ruhig
und ſelig zu ſterben.

Solchergeſtalt, meine Herren und Freunde! ſagte
nunmehro Monſ. Plager zum Beſchluſſe, habe ich
ihnen einen offenhertzigen Bericht, meines von Ju-
gend auf gefuͤhrten Wandels abgeſtattet, ich weiß
aber nicht, ob ich wuͤnſchen darff, daß ſie demſelben
ferner nachdencken, oder zum wenigſten meine
Thorheiten und Ubelthaten gantz und gar wieder
vergeſſen moͤchten, jedoch mein beſter Troſt iſt die-
ſer, daß ich ein beſſerer Chriſt geworden, und auch
vollkommen geſonnen bin, mich Zeit-Lebens alſo auf-
zufuͤhren, da ich, GOtt Lob, im Stande lebe, meinen
ehemahligen Affecten ein Gebiß anzulegen, und ſie
nicht uͤber mich herrſchen zu laſſen.

Alſo endigte Monſ. Plager die Erzehlung ſelner
Lebens-Geſchicht, aus welcher wir, an ſeiner Per-
ſon und gantzen Weſen, nichts anders zu tadeln fan-

den,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0331" n="317"/><hi rendition="#aq">Lirzbergen,</hi> einen beliebten Rei&#x017F;e-Geferten abzu-<lb/>
geben. Allein die Fu&#x0364;hrung des Himmels hat es<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er mit uns gemeinet, denn, wie bereits bekandt<lb/>
i&#x017F;t, &#x017F;ind wir in Lu&#x0364;beck an den Herrn <hi rendition="#aq">Wolffgang</hi><lb/>
gerathen, der uns, neb&#x017F;t andern Geferten, auf die&#x017F;e<lb/>
glu&#x0364;ck&#x017F;elige Jn&#x017F;ul gefu&#x0364;hret hat, allwo ich nunmeh-<lb/>
ro, dem Himmel &#x017F;ey Danck, ein derma&#x017F;&#x017F;en ruhiges<lb/>
und vergnu&#x0364;gtes Leben fu&#x0364;hre, welches gegen keinen<lb/><hi rendition="#aq">philo&#x017F;ophi</hi>&#x017F;chen Stein vertau&#x017F;chen wolte, und wenn<lb/>
der&#x017F;elbe gleich den allergro&#x0364;ßten Mu&#x0364;hl&#x017F;tein am Ge-<lb/>
wicht u&#x0364;bertra&#x0364;ffe, wu&#x0364;n&#x017F;che al&#x017F;o weiter nichts mehr,<lb/>
als meine u&#x0364;brige Lebens-Zeit in wahrer Fro&#x0364;mmigkeit<lb/>
zuzubringen, auf der Jn&#x017F;ul meinen lieb&#x017F;ten Freun-<lb/>
den nu&#x0364;tzliche Dien&#x017F;te zu lei&#x017F;ten, und endlich in den<lb/>
Armen meiner lieb&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Dorothee Jacobine,</hi> ruhig<lb/>
und &#x017F;elig zu &#x017F;terben.</p><lb/>
          <p>Solcherge&#x017F;talt, meine Herren und Freunde! &#x017F;agte<lb/>
nunmehro <hi rendition="#aq">Mon&#x017F;. Plager</hi> zum Be&#x017F;chlu&#x017F;&#x017F;e, habe ich<lb/>
ihnen einen offenhertzigen Bericht, meines von Ju-<lb/>
gend auf gefu&#x0364;hrten Wandels abge&#x017F;tattet, ich weiß<lb/>
aber nicht, ob ich wu&#x0364;n&#x017F;chen darff, daß &#x017F;ie dem&#x017F;elben<lb/>
ferner nachdencken, oder zum wenig&#x017F;ten meine<lb/>
Thorheiten und Ubelthaten gantz und gar wieder<lb/>
verge&#x017F;&#x017F;en mo&#x0364;chten, jedoch mein be&#x017F;ter Tro&#x017F;t i&#x017F;t die-<lb/>
&#x017F;er, daß ich ein be&#x017F;&#x017F;erer Chri&#x017F;t geworden, und auch<lb/>
vollkommen ge&#x017F;onnen bin, mich Zeit-Lebens al&#x017F;o auf-<lb/>
zufu&#x0364;hren, da ich, GOtt Lob, im Stande lebe, meinen<lb/>
ehemahligen <hi rendition="#aq">Affect</hi>en ein Gebiß anzulegen, und &#x017F;ie<lb/>
nicht u&#x0364;ber mich herr&#x017F;chen zu la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Al&#x017F;o endigte <hi rendition="#aq">Mon&#x017F;. Plager</hi> die Erzehlung &#x017F;elner<lb/>
Lebens-Ge&#x017F;chicht, aus welcher wir, an &#x017F;einer Per-<lb/>
&#x017F;on und gantzen We&#x017F;en, nichts anders zu tadeln fan-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[317/0331] Lirzbergen, einen beliebten Reiſe-Geferten abzu- geben. Allein die Fuͤhrung des Himmels hat es beſſer mit uns gemeinet, denn, wie bereits bekandt iſt, ſind wir in Luͤbeck an den Herrn Wolffgang gerathen, der uns, nebſt andern Geferten, auf dieſe gluͤckſelige Jnſul gefuͤhret hat, allwo ich nunmeh- ro, dem Himmel ſey Danck, ein dermaſſen ruhiges und vergnuͤgtes Leben fuͤhre, welches gegen keinen philoſophiſchen Stein vertauſchen wolte, und wenn derſelbe gleich den allergroͤßten Muͤhlſtein am Ge- wicht uͤbertraͤffe, wuͤnſche alſo weiter nichts mehr, als meine uͤbrige Lebens-Zeit in wahrer Froͤmmigkeit zuzubringen, auf der Jnſul meinen liebſten Freun- den nuͤtzliche Dienſte zu leiſten, und endlich in den Armen meiner liebſten Dorothee Jacobine, ruhig und ſelig zu ſterben. Solchergeſtalt, meine Herren und Freunde! ſagte nunmehro Monſ. Plager zum Beſchluſſe, habe ich ihnen einen offenhertzigen Bericht, meines von Ju- gend auf gefuͤhrten Wandels abgeſtattet, ich weiß aber nicht, ob ich wuͤnſchen darff, daß ſie demſelben ferner nachdencken, oder zum wenigſten meine Thorheiten und Ubelthaten gantz und gar wieder vergeſſen moͤchten, jedoch mein beſter Troſt iſt die- ſer, daß ich ein beſſerer Chriſt geworden, und auch vollkommen geſonnen bin, mich Zeit-Lebens alſo auf- zufuͤhren, da ich, GOtt Lob, im Stande lebe, meinen ehemahligen Affecten ein Gebiß anzulegen, und ſie nicht uͤber mich herrſchen zu laſſen. Alſo endigte Monſ. Plager die Erzehlung ſelner Lebens-Geſchicht, aus welcher wir, an ſeiner Per- ſon und gantzen Weſen, nichts anders zu tadeln fan- den,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/331
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/331>, abgerufen am 25.11.2024.