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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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Cörper mit Bretern und Fässern, verschloß den
Stall sowohl, als alle andere Thüren zur Stube,
worinnen der auch bereits verreckte Ehebrecher lag,
aufs beste, nahm von meinem noch übrigen Gelde,
Geschmeide und andern nöthigsten Sachen so viel
zu mir, als ich in und unter den Kleidern verbergen
konte und begab mich schleunigst auf die Flucht, war
auch so glücklich vor der Stadt einen geschwinden
Post-Wagen anzutreffen, dem ich mich anvertraue-
te, und wenig Tage hernach eine sonst wohlbekannte
Stadt erreiche, allwo ich meine Kleider veränderte,
und en Courier die Reise nach Hamburg antrat,
von wannen ich bald hernach zu Schiffe nach Cop-
penhagen überging, mithin mein Haus und übriges
Vermögen alles im Stiche ließ, um auch desto un-
bekandter zu leben, meinen ordentlichen Geschlechts-
Nahmen veränderte, und mich Plager nennete.
Wie es in meinem Hause weiter zugegangen, zu-
mahlen da man die entleibten Cörper gefunden,
weiß ich nicht, habe mich auch niemahls darum be-
kümmern wollen, hergegen zog ich mir die grausa-
me jachzornige Ubereilung dermassen zu Gemüthe,
daß ich fast in die aller elendeste Verzweifelung ge-
fallen wäre, iedoch ein vortrefflicher Priester in
Coppenhagen, dem ich alles, was ich auf dem Her-
tzen liegen hatte, aufrichtig erzehlete, hat mich end-
lich in den Stand gesetzt, den Verzweifelungs-
vollen Versuchungen des Satans iederzeit kräffti-
gen Widerstand zu thun, und mit ernstlicher Busse,
bey GOtt die Vergebung aller begangenen Sün-
den zu suchen. Ja eben dieser gottselige Priester,
hat nachhero in meinem Hertzen einen vollkommenen

Eckel

Coͤrper mit Bretern und Faͤſſern, verſchloß den
Stall ſowohl, als alle andere Thuͤren zur Stube,
worinnen der auch bereits verreckte Ehebrecher lag,
aufs beſte, nahm von meinem noch uͤbrigen Gelde,
Geſchmeide und andern noͤthigſten Sachen ſo viel
zu mir, als ich in und unter den Kleidern verbergen
konte und begab mich ſchleunigſt auf die Flucht, war
auch ſo gluͤcklich vor der Stadt einen geſchwinden
Poſt-Wagen anzutreffen, dem ich mich anvertraue-
te, und wenig Tage hernach eine ſonſt wohlbekannte
Stadt erreiche, allwo ich meine Kleider veraͤnderte,
und en Courier die Reiſe nach Hamburg antrat,
von wannen ich bald hernach zu Schiffe nach Cop-
penhagen uͤberging, mithin mein Haus und uͤbriges
Vermoͤgen alles im Stiche ließ, um auch deſto un-
bekandter zu leben, meinen ordentlichen Geſchlechts-
Nahmen veraͤnderte, und mich Plager nennete.
Wie es in meinem Hauſe weiter zugegangen, zu-
mahlen da man die entleibten Coͤrper gefunden,
weiß ich nicht, habe mich auch niemahls darum be-
kuͤmmern wollen, hergegen zog ich mir die grauſa-
me jachzornige Ubereilung dermaſſen zu Gemuͤthe,
daß ich faſt in die aller elendeſte Verzweifelung ge-
fallen waͤre, iedoch ein vortrefflicher Prieſter in
Coppenhagen, dem ich alles, was ich auf dem Her-
tzen liegen hatte, aufrichtig erzehlete, hat mich end-
lich in den Stand geſetzt, den Verzweifelungs-
vollen Verſuchungen des Satans iederzeit kraͤffti-
gen Widerſtand zu thun, und mit ernſtlicher Buſſe,
bey GOtt die Vergebung aller begangenen Suͤn-
den zu ſuchen. Ja eben dieſer gottſelige Prieſter,
hat nachhero in meinem Hertzen einen vollkommenen

Eckel
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[315/0329] Coͤrper mit Bretern und Faͤſſern, verſchloß den Stall ſowohl, als alle andere Thuͤren zur Stube, worinnen der auch bereits verreckte Ehebrecher lag, aufs beſte, nahm von meinem noch uͤbrigen Gelde, Geſchmeide und andern noͤthigſten Sachen ſo viel zu mir, als ich in und unter den Kleidern verbergen konte und begab mich ſchleunigſt auf die Flucht, war auch ſo gluͤcklich vor der Stadt einen geſchwinden Poſt-Wagen anzutreffen, dem ich mich anvertraue- te, und wenig Tage hernach eine ſonſt wohlbekannte Stadt erreiche, allwo ich meine Kleider veraͤnderte, und en Courier die Reiſe nach Hamburg antrat, von wannen ich bald hernach zu Schiffe nach Cop- penhagen uͤberging, mithin mein Haus und uͤbriges Vermoͤgen alles im Stiche ließ, um auch deſto un- bekandter zu leben, meinen ordentlichen Geſchlechts- Nahmen veraͤnderte, und mich Plager nennete. Wie es in meinem Hauſe weiter zugegangen, zu- mahlen da man die entleibten Coͤrper gefunden, weiß ich nicht, habe mich auch niemahls darum be- kuͤmmern wollen, hergegen zog ich mir die grauſa- me jachzornige Ubereilung dermaſſen zu Gemuͤthe, daß ich faſt in die aller elendeſte Verzweifelung ge- fallen waͤre, iedoch ein vortrefflicher Prieſter in Coppenhagen, dem ich alles, was ich auf dem Her- tzen liegen hatte, aufrichtig erzehlete, hat mich end- lich in den Stand geſetzt, den Verzweifelungs- vollen Verſuchungen des Satans iederzeit kraͤffti- gen Widerſtand zu thun, und mit ernſtlicher Buſſe, bey GOtt die Vergebung aller begangenen Suͤn- den zu ſuchen. Ja eben dieſer gottſelige Prieſter, hat nachhero in meinem Hertzen einen vollkommenen Eckel

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/329>, abgerufen am 09.05.2024.