Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

und alles, abspeisen lassen, und da derselbe über die-
ses so eigensinnig und argwöhnisch war, mir des
verstorbenen Principals kleines Hand-Apotheckgen,
worinnen auch das Geheimniß-volle Pulver befind-
lich, vor die gebotenen 200. fl. zu überlassen, so mach-
te auch ich mir ein Bedencken, ihm die Kräffte und
Nutzen der ihm unbekandten Sachen zu offenbaren.
Gleichwohl fragre er mich, wie viel wohl Zeit erfor-
dert werden möchte, die annoch im Feuer stehenden
Materien zu perfectioniren, und ob ich mich wolte
darzu gebrauchen lassen? Jch erklärete ihm aiso, daß
wenigstens 3. Monat Zeit darzu gehöreten, und wie
ich zwar nach vorgeschriebener Art und eigener Er-
fahrung selbige zu gute machen, iedoch so wenig vor
die Verunglückung, als andere dabey zuweilen ent-
stehende Gefährlichkeiten oder Schaden hafften
könte und wolte. Wie ich hernach bedacht, so wä-
re es mir ein leichtes gewesen, ihm, unter diesem oder
jenem Praetext, das kostbare Pulver abzuschwatzen,
allein ich muß glauben, daß es solchergestalt mein
Verhängniß selbsten hintertrieben hat. Jnzwi-
chen nahm ich den Accord an, vor Monatl. 50.
fl. noch eine Zeitlang da zu bleiben, so lange nem-
lich, bis in allen reine Arbeit gemacht wäre. Dem-
nach war ich meiner andern Mit-Gesellen vorge-
setzter, der neue Principal aber, welcher von der Kunst
wenig oder gar nichts verstund, kam gemeiniglich
nur wöchentlich zweymahl, uns zu besuchen. Ei-
nes Tages, da ich mich der kühlen Abend-Lufft, ohn-
fern von der Wohnnng, unter den grünen Bäumen
bedienete, kam ein fremder Mann zu mir und frag-
te: Ob mein Principal, den er bey seinem gantzen Nah-

men

und alles, abſpeiſen laſſen, und da derſelbe uͤber die-
ſes ſo eigenſinnig und argwoͤhniſch war, mir des
verſtorbenen Principals kleines Hand-Apotheckgen,
worinnen auch das Geheimniß-volle Pulver befind-
lich, vor die gebotenen 200. fl. zu uͤberlaſſen, ſo mach-
te auch ich mir ein Bedencken, ihm die Kraͤffte und
Nutzen der ihm unbekandten Sachen zu offenbaren.
Gleichwohl fragre er mich, wie viel wohl Zeit erfor-
dert werden moͤchte, die annoch im Feuer ſtehenden
Materien zu perfectioniren, und ob ich mich wolte
darzu gebrauchen laſſen? Jch erklaͤrete ihm aiſo, daß
wenigſtens 3. Monat Zeit darzu gehoͤreten, und wie
ich zwar nach vorgeſchriebener Art und eigener Er-
fahrung ſelbige zu gute machen, iedoch ſo wenig vor
die Verungluͤckung, als andere dabey zuweilen ent-
ſtehende Gefaͤhrlichkeiten oder Schaden hafften
koͤnte und wolte. Wie ich hernach bedacht, ſo waͤ-
re es mir ein leichtes geweſen, ihm, unter dieſem oder
jenem Prætext, das koſtbare Pulver abzuſchwatzen,
allein ich muß glauben, daß es ſolchergeſtalt mein
Verhaͤngniß ſelbſten hintertrieben hat. Jnzwi-
chen nahm ich den Accord an, vor Monatl. 50.
fl. noch eine Zeitlang da zu bleiben, ſo lange nem-
lich, bis in allen reine Arbeit gemacht waͤre. Dem-
nach war ich meiner andern Mit-Geſellen vorge-
ſetzter, der neue Principal aber, welcher von der Kunſt
wenig oder gar nichts verſtund, kam gemeiniglich
nur woͤchentlich zweymahl, uns zu beſuchen. Ei-
nes Tages, da ich mich der kuͤhlen Abend-Lufft, ohn-
fern von der Wohnnng, unter den gruͤnen Baͤumen
bedienete, kam ein fremder Mann zu mir und frag-
te: Ob mein Principal, den er bey ſeinem gantzen Nah-

men
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0315" n="301"/>
und alles, ab&#x017F;pei&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en, und da der&#x017F;elbe u&#x0364;ber die-<lb/>
&#x017F;es &#x017F;o eigen&#x017F;innig und argwo&#x0364;hni&#x017F;ch war, mir des<lb/>
ver&#x017F;torbenen <hi rendition="#aq">Principals</hi> kleines Hand-Apotheckgen,<lb/>
worinnen auch das Geheimniß-volle Pulver befind-<lb/>
lich, vor die gebotenen 200. fl. zu u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o mach-<lb/>
te auch ich mir ein Bedencken, ihm die Kra&#x0364;ffte und<lb/>
Nutzen der ihm unbekandten Sachen zu offenbaren.<lb/>
Gleichwohl fragre er mich, wie viel wohl Zeit erfor-<lb/>
dert werden mo&#x0364;chte, die annoch im Feuer &#x017F;tehenden<lb/><hi rendition="#aq">Materien</hi> zu <hi rendition="#aq">perfectionir</hi>en, und ob ich mich wolte<lb/>
darzu gebrauchen la&#x017F;&#x017F;en? Jch erkla&#x0364;rete ihm ai&#x017F;o, daß<lb/>
wenig&#x017F;tens 3. Monat Zeit darzu geho&#x0364;reten, und wie<lb/>
ich zwar nach vorge&#x017F;chriebener Art und eigener Er-<lb/>
fahrung &#x017F;elbige zu gute machen, iedoch &#x017F;o wenig vor<lb/>
die Verunglu&#x0364;ckung, als andere dabey zuweilen ent-<lb/>
&#x017F;tehende Gefa&#x0364;hrlichkeiten oder Schaden hafften<lb/>
ko&#x0364;nte und wolte. Wie ich hernach bedacht, &#x017F;o wa&#x0364;-<lb/>
re es mir ein leichtes gewe&#x017F;en, ihm, unter die&#x017F;em oder<lb/>
jenem <hi rendition="#aq">Prætext,</hi> das ko&#x017F;tbare Pulver abzu&#x017F;chwatzen,<lb/>
allein ich muß glauben, daß es &#x017F;olcherge&#x017F;talt mein<lb/>
Verha&#x0364;ngniß &#x017F;elb&#x017F;ten hintertrieben hat. Jnzwi-<lb/>
chen nahm ich den <hi rendition="#aq">Accord</hi> an, vor Monatl. 50.<lb/>
fl. noch eine Zeitlang da zu bleiben, &#x017F;o lange nem-<lb/>
lich, bis in allen reine Arbeit gemacht wa&#x0364;re. Dem-<lb/>
nach war ich meiner andern Mit-Ge&#x017F;ellen vorge-<lb/>
&#x017F;etzter, der neue <hi rendition="#aq">Principal</hi> aber, welcher von der Kun&#x017F;t<lb/>
wenig oder gar nichts ver&#x017F;tund, kam gemeiniglich<lb/>
nur wo&#x0364;chentlich zweymahl, uns zu be&#x017F;uchen. Ei-<lb/>
nes Tages, da ich mich der ku&#x0364;hlen Abend-Lufft, ohn-<lb/>
fern von der Wohnnng, unter den gru&#x0364;nen Ba&#x0364;umen<lb/>
bedienete, kam ein fremder Mann zu mir und frag-<lb/>
te: Ob mein <hi rendition="#aq">Principal,</hi> den er bey &#x017F;einem gantzen Nah-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">men</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[301/0315] und alles, abſpeiſen laſſen, und da derſelbe uͤber die- ſes ſo eigenſinnig und argwoͤhniſch war, mir des verſtorbenen Principals kleines Hand-Apotheckgen, worinnen auch das Geheimniß-volle Pulver befind- lich, vor die gebotenen 200. fl. zu uͤberlaſſen, ſo mach- te auch ich mir ein Bedencken, ihm die Kraͤffte und Nutzen der ihm unbekandten Sachen zu offenbaren. Gleichwohl fragre er mich, wie viel wohl Zeit erfor- dert werden moͤchte, die annoch im Feuer ſtehenden Materien zu perfectioniren, und ob ich mich wolte darzu gebrauchen laſſen? Jch erklaͤrete ihm aiſo, daß wenigſtens 3. Monat Zeit darzu gehoͤreten, und wie ich zwar nach vorgeſchriebener Art und eigener Er- fahrung ſelbige zu gute machen, iedoch ſo wenig vor die Verungluͤckung, als andere dabey zuweilen ent- ſtehende Gefaͤhrlichkeiten oder Schaden hafften koͤnte und wolte. Wie ich hernach bedacht, ſo waͤ- re es mir ein leichtes geweſen, ihm, unter dieſem oder jenem Prætext, das koſtbare Pulver abzuſchwatzen, allein ich muß glauben, daß es ſolchergeſtalt mein Verhaͤngniß ſelbſten hintertrieben hat. Jnzwi- chen nahm ich den Accord an, vor Monatl. 50. fl. noch eine Zeitlang da zu bleiben, ſo lange nem- lich, bis in allen reine Arbeit gemacht waͤre. Dem- nach war ich meiner andern Mit-Geſellen vorge- ſetzter, der neue Principal aber, welcher von der Kunſt wenig oder gar nichts verſtund, kam gemeiniglich nur woͤchentlich zweymahl, uns zu beſuchen. Ei- nes Tages, da ich mich der kuͤhlen Abend-Lufft, ohn- fern von der Wohnnng, unter den gruͤnen Baͤumen bedienete, kam ein fremder Mann zu mir und frag- te: Ob mein Principal, den er bey ſeinem gantzen Nah- men

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/315
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/315>, abgerufen am 25.11.2024.