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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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Demnach ließ sich der Fremde gefallen, daß ich
da blieb, mein Principal legte das Pfund-Stück
Bley in den Schmeltz-Tiegel, weil aber selbiger,
als ein untüchtiges Gefässe zersprunge, mußte ich et-
liche andere herbey bringen, wovon wir den besten
auslasen, und ein ander Stück Bley hinein warf-
fen. So bald es zergangen war, sagte der Frem-
de, werffet noch ein Pfund Bley zum Geschenck vor
diesen redlich scheinenenden Menschen hinein. Mitt-
lerweile mein Principal dieses that, langete der
Fremde aus seinem Brustlatze eine kleine helffen-
beinerne Büchse hervor, worinnen ein Rubin rothes
Pulver war, von diesem nahm er etwas weniges auf
die Spitze eines Messers, schüttete dasselbe auf ein
Wachs-Küchlein, so etwa eines Holländischen
Düttchens groß, aber sehr dünne war. Mein Prin-
cipal,
der ihm das Wachs-Küchlein vorhielt, mach-
te selbiges mit dem inwendigen Pulver zu einer Ku-
gel, und warffs in das bereits völlig zerschmoltzene
Bley. Alsobald erhub sich im Tiegel ein starckes
Gezische, das Bley schien mit seinem Ober-Herrn
zu kämpfen, konte aber nichts anders ausrichten,
als unzehlige Wind-Blasen, welche die wunder-
würdigsten Farben hatten, in die Höhe werffen.
Nachdem es Stillstand worden, zeigte die Massa im
Tiegel die allerschönste grüne Farbe, beym aus-
schütten schien sie Blut-roth, endlich aber kam in
dem Gieß-Becher die vortrefflichste Gold-Farbe
zum Vorscheine.

Mein Principal, welcher das probiren aus dem
Grunde verstund, befand es alsobald vor ein solches
Gold, das von keinem an dern in der gantzen Welt

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Demnach ließ ſich der Fremde gefallen, daß ich
da blieb, mein Principal legte das Pfund-Stuͤck
Bley in den Schmeltz-Tiegel, weil aber ſelbiger,
als ein untuͤchtiges Gefaͤſſe zerſprunge, mußte ich et-
liche andere herbey bringen, wovon wir den beſten
auslaſen, und ein ander Stuͤck Bley hinein warf-
fen. So bald es zergangen war, ſagte der Frem-
de, werffet noch ein Pfund Bley zum Geſchenck vor
dieſen redlich ſcheinenenden Menſchen hinein. Mitt-
lerweile mein Principal dieſes that, langete der
Fremde aus ſeinem Bruſtlatze eine kleine helffen-
beinerne Buͤchſe hervor, worinnen ein Rubin rothes
Pulver war, von dieſem nahm er etwas weniges auf
die Spitze eines Meſſers, ſchuͤttete daſſelbe auf ein
Wachs-Kuͤchlein, ſo etwa eines Hollaͤndiſchen
Duͤttchens groß, aber ſehr duͤnne war. Mein Prin-
cipal,
der ihm das Wachs-Kuͤchlein vorhielt, mach-
te ſelbiges mit dem inwendigen Pulver zu einer Ku-
gel, und warffs in das bereits voͤllig zerſchmoltzene
Bley. Alſobald erhub ſich im Tiegel ein ſtarckes
Geziſche, das Bley ſchien mit ſeinem Ober-Herrn
zu kaͤmpfen, konte aber nichts anders ausrichten,
als unzehlige Wind-Blaſen, welche die wunder-
wuͤrdigſten Farben hatten, in die Hoͤhe werffen.
Nachdem es Stillſtand worden, zeigte die Maſſa im
Tiegel die allerſchoͤnſte gruͤne Farbe, beym aus-
ſchuͤtten ſchien ſie Blut-roth, endlich aber kam in
dem Gieß-Becher die vortrefflichſte Gold-Farbe
zum Vorſcheine.

Mein Principal, welcher das probiren aus dem
Grunde verſtund, befand es alſobald vor ein ſolches
Gold, das von keinem an dern in der gantzen Welt

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[293/0307] Demnach ließ ſich der Fremde gefallen, daß ich da blieb, mein Principal legte das Pfund-Stuͤck Bley in den Schmeltz-Tiegel, weil aber ſelbiger, als ein untuͤchtiges Gefaͤſſe zerſprunge, mußte ich et- liche andere herbey bringen, wovon wir den beſten auslaſen, und ein ander Stuͤck Bley hinein warf- fen. So bald es zergangen war, ſagte der Frem- de, werffet noch ein Pfund Bley zum Geſchenck vor dieſen redlich ſcheinenenden Menſchen hinein. Mitt- lerweile mein Principal dieſes that, langete der Fremde aus ſeinem Bruſtlatze eine kleine helffen- beinerne Buͤchſe hervor, worinnen ein Rubin rothes Pulver war, von dieſem nahm er etwas weniges auf die Spitze eines Meſſers, ſchuͤttete daſſelbe auf ein Wachs-Kuͤchlein, ſo etwa eines Hollaͤndiſchen Duͤttchens groß, aber ſehr duͤnne war. Mein Prin- cipal, der ihm das Wachs-Kuͤchlein vorhielt, mach- te ſelbiges mit dem inwendigen Pulver zu einer Ku- gel, und warffs in das bereits voͤllig zerſchmoltzene Bley. Alſobald erhub ſich im Tiegel ein ſtarckes Geziſche, das Bley ſchien mit ſeinem Ober-Herrn zu kaͤmpfen, konte aber nichts anders ausrichten, als unzehlige Wind-Blaſen, welche die wunder- wuͤrdigſten Farben hatten, in die Hoͤhe werffen. Nachdem es Stillſtand worden, zeigte die Maſſa im Tiegel die allerſchoͤnſte gruͤne Farbe, beym aus- ſchuͤtten ſchien ſie Blut-roth, endlich aber kam in dem Gieß-Becher die vortrefflichſte Gold-Farbe zum Vorſcheine. Mein Principal, welcher das probiren aus dem Grunde verſtund, befand es alſobald vor ein ſolches Gold, das von keinem an dern in der gantzen Welt uͤber- t 3

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/307>, abgerufen am 22.11.2024.