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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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Händen und redete den Principal, welcher selbigen
Tages ungemein vergnügt zu seyn schien, folgender-
gestalt an; Edler Herr! ich befinde mich, vor die
viele genossene Gnade, schuldig, euch vor einem
grossen Unglück zu warnen, worein ihr von einem
eurer Bedienten, vielleicht in kurtzen gestürtzt wer-
den könnet, iedoch weil dem Ubel annoch vorzu-
bauen ist, so habt die Gnade, mir zu versprechen,
daß ihr den Ubelthäter nicht am Leben strafen, son-
dern ihn nach eurem Gefallen nur in solchen erleidli-
chen Stand setzen wollet, euch und keinem andern
redlichen Manne mehr zu schaden.

Der Principal verwandelte seine Farbe ziemlich,
über diesen meinen unverhofften Vortrag, erholte
sich aber bald, nahm mich mit in sein geheimes Zim-
mer, praesentirte mir einen Stuhl, und sagte: Er-
öffnet mir, mein Freund, das Geheimniß, so auf
eurem redlichen Hertzen liegt, ich versichere bey
GOtt, daß ich solches nach seinen Würden beloh-
nen werde. Hierauf erzehlte ich ihm die verdamm-
ten Anschläge meines Compagnons, nebst meiner
eigenen Lebens-Geschicht, worüber dieser Herr in
eine besondere Erstaunung gerieth, mich aber letzt-
lich umarmete, und bat, ich möchte nur auf alles
fleißig Acht haben, ihm richtigen Rapport abstat-
ten, an seiner Erkänntlichkeit aber nicht den gering-
sten Zweifel tragen.

Jch versprach darbey, binnen wenig Wochen,
die, an meinen Augspurgischen Groß-Vater über-
machten Gelder, nebst denen, so ich noch bey mir hät-
te, wieder zurück zu liefern, weil ich so übel erwor-
benes Guth unmöglich behalten könte, allein der

Prin-

Haͤnden und redete den Principal, welcher ſelbigen
Tages ungemein vergnuͤgt zu ſeyn ſchien, folgender-
geſtalt an; Edler Herr! ich befinde mich, vor die
viele genoſſene Gnade, ſchuldig, euch vor einem
groſſen Ungluͤck zu warnen, worein ihr von einem
eurer Bedienten, vielleicht in kurtzen geſtuͤrtzt wer-
den koͤnnet, iedoch weil dem Ubel annoch vorzu-
bauen iſt, ſo habt die Gnade, mir zu verſprechen,
daß ihr den Ubelthaͤter nicht am Leben ſtrafen, ſon-
dern ihn nach eurem Gefallen nur in ſolchen erleidli-
chen Stand ſetzen wollet, euch und keinem andern
redlichen Manne mehr zu ſchaden.

Der Principal verwandelte ſeine Farbe ziemlich,
uͤber dieſen meinen unverhofften Vortrag, erholte
ſich aber bald, nahm mich mit in ſein geheimes Zim-
mer, præſentirte mir einen Stuhl, und ſagte: Er-
oͤffnet mir, mein Freund, das Geheimniß, ſo auf
eurem redlichen Hertzen liegt, ich verſichere bey
GOtt, daß ich ſolches nach ſeinen Wuͤrden beloh-
nen werde. Hierauf erzehlte ich ihm die verdamm-
ten Anſchlaͤge meines Compagnons, nebſt meiner
eigenen Lebens-Geſchicht, woruͤber dieſer Herr in
eine beſondere Erſtaunung gerieth, mich aber letzt-
lich umarmete, und bat, ich moͤchte nur auf alles
fleißig Acht haben, ihm richtigen Rapport abſtat-
ten, an ſeiner Erkaͤnntlichkeit aber nicht den gering-
ſten Zweifel tragen.

Jch verſprach darbey, binnen wenig Wochen,
die, an meinen Augſpurgiſchen Groß-Vater uͤber-
machten Gelder, nebſt denen, ſo ich noch bey mir haͤt-
te, wieder zuruͤck zu liefern, weil ich ſo uͤbel erwor-
benes Guth unmoͤglich behalten koͤnte, allein der

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[287/0301] Haͤnden und redete den Principal, welcher ſelbigen Tages ungemein vergnuͤgt zu ſeyn ſchien, folgender- geſtalt an; Edler Herr! ich befinde mich, vor die viele genoſſene Gnade, ſchuldig, euch vor einem groſſen Ungluͤck zu warnen, worein ihr von einem eurer Bedienten, vielleicht in kurtzen geſtuͤrtzt wer- den koͤnnet, iedoch weil dem Ubel annoch vorzu- bauen iſt, ſo habt die Gnade, mir zu verſprechen, daß ihr den Ubelthaͤter nicht am Leben ſtrafen, ſon- dern ihn nach eurem Gefallen nur in ſolchen erleidli- chen Stand ſetzen wollet, euch und keinem andern redlichen Manne mehr zu ſchaden. Der Principal verwandelte ſeine Farbe ziemlich, uͤber dieſen meinen unverhofften Vortrag, erholte ſich aber bald, nahm mich mit in ſein geheimes Zim- mer, præſentirte mir einen Stuhl, und ſagte: Er- oͤffnet mir, mein Freund, das Geheimniß, ſo auf eurem redlichen Hertzen liegt, ich verſichere bey GOtt, daß ich ſolches nach ſeinen Wuͤrden beloh- nen werde. Hierauf erzehlte ich ihm die verdamm- ten Anſchlaͤge meines Compagnons, nebſt meiner eigenen Lebens-Geſchicht, woruͤber dieſer Herr in eine beſondere Erſtaunung gerieth, mich aber letzt- lich umarmete, und bat, ich moͤchte nur auf alles fleißig Acht haben, ihm richtigen Rapport abſtat- ten, an ſeiner Erkaͤnntlichkeit aber nicht den gering- ſten Zweifel tragen. Jch verſprach darbey, binnen wenig Wochen, die, an meinen Augſpurgiſchen Groß-Vater uͤber- machten Gelder, nebſt denen, ſo ich noch bey mir haͤt- te, wieder zuruͤck zu liefern, weil ich ſo uͤbel erwor- benes Guth unmoͤglich behalten koͤnte, allein der Prin-

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/301>, abgerufen am 22.11.2024.