Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

gen ist mir auferlegt, euch eines bessern zu unterrich-
ten. Wisset demnach, daß dergleichen Handlung,
als ich anitzo mit einer Weibs-Person gepflogen,
demjenigen Leibe, dessen Seele bereits in der Ver-
götterung stehet, nicht zur Unflätherey und Sünde
zugerechnet wird, sondern dieser Auswurff ist in
keine andere Betrachtung zu ziehen, als die übrigen
natürlichen Auswürffe des Unflaths, Urins,
Schweisses und des Speichels, diejenigen Lüste
auch, so darbey empfunden werden, gehen eintzig
und allein den Leib, im geringsten aber nicht die
Seele an. Mit unwiedergebohrnen Leuten aber,
deren Seelen noch in keiner Vergötterung stehen,
hat es eine gantz andere Beschaffenheit, denn weil
deren Seele, mit dem Leibe zugleich, Theil an den
Lüsten nimmt, so gereicht es dem gantzen Menschen
zur Schande, Unflätherey und strafbarer Sünde.
Der tausende Mensch kan dieses nicht recht begreif-
fen, ihr aber, mein Sohn, sollet hinführo noch
mehr sichere Gründe deßfalls erfahren.

Mein GOtt! rief Mons. Plager aus, hätte ich
nicht gleich mercken sollen, daß dieses eine der aller-
verfluchtesten Teufels-Lehren sey, welche schnur-
stracks wider die heil. Göttliche Schrifft lieffe, zu-
mahlen ich, als ein guter Lutheraner, kein Fremd-
ling in der Bibel und der reinen Augspurgischen
Confession war. Allein der Satan verblendete
auf GOttes Verhängniß ohnfehlbar meine Augen,
verstopfte meine Ohren vor der Stimme des heili-
gen Geistes, und verfinsterte meinen Verstand der-
gestalt, daß ich einem verfluchten Ketzcr mehr

glaubte,

gen iſt mir auferlegt, euch eines beſſern zu unterrich-
ten. Wiſſet demnach, daß dergleichen Handlung,
als ich anitzo mit einer Weibs-Perſon gepflogen,
demjenigen Leibe, deſſen Seele bereits in der Ver-
goͤtterung ſtehet, nicht zur Unflaͤtherey und Suͤnde
zugerechnet wird, ſondern dieſer Auswurff iſt in
keine andere Betrachtung zu ziehen, als die uͤbrigen
natuͤrlichen Auswuͤrffe des Unflaths, Urins,
Schweiſſes und des Speichels, diejenigen Luͤſte
auch, ſo darbey empfunden werden, gehen eintzig
und allein den Leib, im geringſten aber nicht die
Seele an. Mit unwiedergebohrnen Leuten aber,
deren Seelen noch in keiner Vergoͤtterung ſtehen,
hat es eine gantz andere Beſchaffenheit, denn weil
deren Seele, mit dem Leibe zugleich, Theil an den
Luͤſten nimmt, ſo gereicht es dem gantzen Menſchen
zur Schande, Unflaͤtherey und ſtrafbarer Suͤnde.
Der tauſende Menſch kan dieſes nicht recht begreif-
fen, ihr aber, mein Sohn, ſollet hinfuͤhro noch
mehr ſichere Gruͤnde deßfalls erfahren.

Mein GOtt! rief Monſ. Plager aus, haͤtte ich
nicht gleich mercken ſollen, daß dieſes eine der aller-
verfluchteſten Teufels-Lehren ſey, welche ſchnur-
ſtracks wider die heil. Goͤttliche Schrifft lieffe, zu-
mahlen ich, als ein guter Lutheraner, kein Fremd-
ling in der Bibel und der reinen Augſpurgiſchen
Confeſſion war. Allein der Satan verblendete
auf GOttes Verhaͤngniß ohnfehlbar meine Augen,
verſtopfte meine Ohren vor der Stimme des heili-
gen Geiſtes, und verfinſterte meinen Verſtand der-
geſtalt, daß ich einem verfluchten Ketzcr mehr

glaubte,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0292" n="278"/>
gen i&#x017F;t mir auferlegt, euch eines be&#x017F;&#x017F;ern zu unterrich-<lb/>
ten. Wi&#x017F;&#x017F;et demnach, daß dergleichen Handlung,<lb/>
als ich anitzo mit einer Weibs-Per&#x017F;on gepflogen,<lb/>
demjenigen Leibe, de&#x017F;&#x017F;en Seele bereits in der Ver-<lb/>
go&#x0364;tterung &#x017F;tehet, nicht zur Unfla&#x0364;therey und Su&#x0364;nde<lb/>
zugerechnet wird, &#x017F;ondern die&#x017F;er Auswurff i&#x017F;t in<lb/>
keine andere Betrachtung zu ziehen, als die u&#x0364;brigen<lb/>
natu&#x0364;rlichen Auswu&#x0364;rffe des Unflaths, Urins,<lb/>
Schwei&#x017F;&#x017F;es und des Speichels, diejenigen Lu&#x0364;&#x017F;te<lb/>
auch, &#x017F;o darbey empfunden werden, gehen eintzig<lb/>
und allein den Leib, im gering&#x017F;ten aber nicht die<lb/>
Seele an. Mit unwiedergebohrnen Leuten aber,<lb/>
deren Seelen noch in keiner Vergo&#x0364;tterung &#x017F;tehen,<lb/>
hat es eine gantz andere Be&#x017F;chaffenheit, denn weil<lb/>
deren Seele, mit dem Leibe zugleich, Theil an den<lb/>
Lu&#x0364;&#x017F;ten nimmt, &#x017F;o gereicht es dem gantzen Men&#x017F;chen<lb/>
zur Schande, Unfla&#x0364;therey und &#x017F;trafbarer Su&#x0364;nde.<lb/>
Der tau&#x017F;ende Men&#x017F;ch kan die&#x017F;es nicht recht begreif-<lb/>
fen, ihr aber, mein Sohn, &#x017F;ollet hinfu&#x0364;hro noch<lb/>
mehr &#x017F;ichere Gru&#x0364;nde deßfalls erfahren.</p><lb/>
          <p>Mein GOtt! rief <hi rendition="#aq">Mon&#x017F;. Plager</hi> aus, ha&#x0364;tte ich<lb/>
nicht gleich mercken &#x017F;ollen, daß die&#x017F;es eine der aller-<lb/>
verfluchte&#x017F;ten Teufels-Lehren &#x017F;ey, welche &#x017F;chnur-<lb/>
&#x017F;tracks wider die heil. Go&#x0364;ttliche Schrifft lieffe, zu-<lb/>
mahlen ich, als ein guter Lutheraner, kein Fremd-<lb/>
ling in der Bibel und der reinen Aug&#x017F;purgi&#x017F;chen<lb/><hi rendition="#aq">Confe&#x017F;&#x017F;ion</hi> war. Allein der Satan verblendete<lb/>
auf GOttes Verha&#x0364;ngniß ohnfehlbar meine Augen,<lb/>
ver&#x017F;topfte meine Ohren vor der Stimme des heili-<lb/>
gen Gei&#x017F;tes, und verfin&#x017F;terte meinen Ver&#x017F;tand der-<lb/>
ge&#x017F;talt, daß ich einem verfluchten Ketzcr mehr<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">glaubte,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[278/0292] gen iſt mir auferlegt, euch eines beſſern zu unterrich- ten. Wiſſet demnach, daß dergleichen Handlung, als ich anitzo mit einer Weibs-Perſon gepflogen, demjenigen Leibe, deſſen Seele bereits in der Ver- goͤtterung ſtehet, nicht zur Unflaͤtherey und Suͤnde zugerechnet wird, ſondern dieſer Auswurff iſt in keine andere Betrachtung zu ziehen, als die uͤbrigen natuͤrlichen Auswuͤrffe des Unflaths, Urins, Schweiſſes und des Speichels, diejenigen Luͤſte auch, ſo darbey empfunden werden, gehen eintzig und allein den Leib, im geringſten aber nicht die Seele an. Mit unwiedergebohrnen Leuten aber, deren Seelen noch in keiner Vergoͤtterung ſtehen, hat es eine gantz andere Beſchaffenheit, denn weil deren Seele, mit dem Leibe zugleich, Theil an den Luͤſten nimmt, ſo gereicht es dem gantzen Menſchen zur Schande, Unflaͤtherey und ſtrafbarer Suͤnde. Der tauſende Menſch kan dieſes nicht recht begreif- fen, ihr aber, mein Sohn, ſollet hinfuͤhro noch mehr ſichere Gruͤnde deßfalls erfahren. Mein GOtt! rief Monſ. Plager aus, haͤtte ich nicht gleich mercken ſollen, daß dieſes eine der aller- verfluchteſten Teufels-Lehren ſey, welche ſchnur- ſtracks wider die heil. Goͤttliche Schrifft lieffe, zu- mahlen ich, als ein guter Lutheraner, kein Fremd- ling in der Bibel und der reinen Augſpurgiſchen Confeſſion war. Allein der Satan verblendete auf GOttes Verhaͤngniß ohnfehlbar meine Augen, verſtopfte meine Ohren vor der Stimme des heili- gen Geiſtes, und verfinſterte meinen Verſtand der- geſtalt, daß ich einem verfluchten Ketzcr mehr glaubte,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/292
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/292>, abgerufen am 09.05.2024.