Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

zu machen? Jch muß bekennen, daß selbige von
mir mit solcher Attention angehöret und erwogen
wurden, als ob sie vom Himmel herab geredet wür-
den, denn mein Gehirne war mit der allerstärcksten
Hoffnung, in wenig Monathen ein vollkommener
Gold-Macher zu seyn, dergestalt angefüllet, daß
wenig andere vernünftige Gedancken oder Beur-
theilungs-Kräffte darinnen Platz hatten. Wir
laborirten indessen immer drauf los, warteten aber
mit Schmertzen auf des Elisaei Zurückkunfft, Elias
reisete zwar auch zuweilen 3. 4. bis 8. Tage hinweg;
kam aber immer mit allerhand Materialien und an-
dern leckerhafften Sachen zurücke, welche Kosten
doch alle aus meinem Beutel bezahlet werden muß-
ten, weil Elias sein ungemüntztes Gold nicht ehe
verwechseln wolte, bis es die höchste Noth erforderte.

Eines Tages aber fiel mir ein verzweifelt
schändlicher Streich in die Augen. Denn da ich
Nachmittags des Eliae Cammer-Thür eröffnete,
traff ich denselben in dem ärgerlichsten Zustande,
mit einer liederlichen Schand-Metze, auf seiner
Schlaf-Stätte liegend, an. Daß ich über diesen
heiligen Mann grausam erschrocken seyn müsse, ist
leicht zu erachten, iedoch ich machte die Thür so
gleich wieder zu, wünschte, daß selbige nicht eröff-
net worden, ging in den Garten, legte mich unter
einen grünen Baum, und verfiel über diese Affaire
in ein sehr tiefes Nachsinnen. Bald darauf kain
Elias zu mir, und sagte mit gantz unpassionirten
Gebärden: Mein Sohn, der Geist hat mir einge-
geben, daß ihr euch in dieser Stunde zum ersten-
mahle an meinem Wesen geärgert habt, derowe-

gen
s 3

zu machen? Jch muß bekennen, daß ſelbige von
mir mit ſolcher Attention angehoͤret und erwogen
wurden, als ob ſie vom Himmel herab geredet wuͤr-
den, denn mein Gehirne war mit der allerſtaͤrckſten
Hoffnung, in wenig Monathen ein vollkommener
Gold-Macher zu ſeyn, dergeſtalt angefuͤllet, daß
wenig andere vernuͤnftige Gedancken oder Beur-
theilungs-Kraͤffte darinnen Platz hatten. Wir
laborirten indeſſen immer drauf los, warteten aber
mit Schmertzen auf des Eliſæi Zuruͤckkunfft, Elias
reiſete zwar auch zuweilen 3. 4. bis 8. Tage hinweg;
kam aber immer mit allerhand Materialien und an-
dern leckerhafften Sachen zuruͤcke, welche Koſten
doch alle aus meinem Beutel bezahlet werden muß-
ten, weil Elias ſein ungemuͤntztes Gold nicht ehe
verwechſeln wolte, bis es die hoͤchſte Noth erforderte.

Eines Tages aber fiel mir ein verzweifelt
ſchaͤndlicher Streich in die Augen. Denn da ich
Nachmittags des Eliæ Cammer-Thuͤr eroͤffnete,
traff ich denſelben in dem aͤrgerlichſten Zuſtande,
mit einer liederlichen Schand-Metze, auf ſeiner
Schlaf-Staͤtte liegend, an. Daß ich uͤber dieſen
heiligen Mann grauſam erſchrocken ſeyn muͤſſe, iſt
leicht zu erachten, iedoch ich machte die Thuͤr ſo
gleich wieder zu, wuͤnſchte, daß ſelbige nicht eroͤff-
net worden, ging in den Garten, legte mich unter
einen gruͤnen Baum, und verfiel uͤber dieſe Affaire
in ein ſehr tiefes Nachſinnen. Bald darauf kain
Elias zu mir, und ſagte mit gantz unpaſſionirten
Gebaͤrden: Mein Sohn, der Geiſt hat mir einge-
geben, daß ihr euch in dieſer Stunde zum erſten-
mahle an meinem Weſen geaͤrgert habt, derowe-

gen
s 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0291" n="277"/>
zu machen? Jch muß bekennen, daß &#x017F;elbige von<lb/>
mir mit &#x017F;olcher <hi rendition="#aq">Attention</hi> angeho&#x0364;ret und erwogen<lb/>
wurden, als ob &#x017F;ie vom Himmel herab geredet wu&#x0364;r-<lb/>
den, denn mein Gehirne war mit der aller&#x017F;ta&#x0364;rck&#x017F;ten<lb/>
Hoffnung, in wenig Monathen ein vollkommener<lb/>
Gold-Macher zu &#x017F;eyn, derge&#x017F;talt angefu&#x0364;llet, daß<lb/>
wenig andere vernu&#x0364;nftige Gedancken oder Beur-<lb/>
theilungs-Kra&#x0364;ffte darinnen Platz hatten. Wir<lb/><hi rendition="#aq">laborir</hi>ten inde&#x017F;&#x017F;en immer drauf los, warteten aber<lb/>
mit Schmertzen auf des <hi rendition="#aq">Eli&#x017F;æi</hi> Zuru&#x0364;ckkunfft, <hi rendition="#aq">Elias</hi><lb/>
rei&#x017F;ete zwar auch zuweilen 3. 4. bis 8. Tage hinweg;<lb/>
kam aber immer mit allerhand Materialien und an-<lb/>
dern leckerhafften Sachen zuru&#x0364;cke, welche Ko&#x017F;ten<lb/>
doch alle aus meinem Beutel bezahlet werden muß-<lb/>
ten, weil <hi rendition="#aq">Elias</hi> &#x017F;ein ungemu&#x0364;ntztes Gold nicht ehe<lb/>
verwech&#x017F;eln wolte, bis es die ho&#x0364;ch&#x017F;te Noth erforderte.</p><lb/>
          <p>Eines Tages aber fiel mir ein verzweifelt<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;ndlicher Streich in die Augen. Denn da ich<lb/>
Nachmittags des <hi rendition="#aq">Eliæ</hi> Cammer-Thu&#x0364;r ero&#x0364;ffnete,<lb/>
traff ich den&#x017F;elben in dem a&#x0364;rgerlich&#x017F;ten Zu&#x017F;tande,<lb/>
mit einer liederlichen Schand-Metze, auf &#x017F;einer<lb/>
Schlaf-Sta&#x0364;tte liegend, an. Daß ich u&#x0364;ber die&#x017F;en<lb/>
heiligen Mann grau&#x017F;am er&#x017F;chrocken &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, i&#x017F;t<lb/>
leicht zu erachten, iedoch ich machte die Thu&#x0364;r &#x017F;o<lb/>
gleich wieder zu, wu&#x0364;n&#x017F;chte, daß &#x017F;elbige nicht ero&#x0364;ff-<lb/>
net worden, ging in den Garten, legte mich unter<lb/>
einen gru&#x0364;nen Baum, und verfiel u&#x0364;ber die&#x017F;e <hi rendition="#aq">Affaire</hi><lb/>
in ein &#x017F;ehr tiefes Nach&#x017F;innen. Bald darauf kain<lb/><hi rendition="#aq">Elias</hi> zu mir, und &#x017F;agte mit gantz un<hi rendition="#aq">pa&#x017F;&#x017F;ioni</hi>rten<lb/>
Geba&#x0364;rden: Mein Sohn, der Gei&#x017F;t hat mir einge-<lb/>
geben, daß ihr euch in die&#x017F;er Stunde zum er&#x017F;ten-<lb/>
mahle an meinem We&#x017F;en gea&#x0364;rgert habt, derowe-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">s 3</fw><fw place="bottom" type="catch">gen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[277/0291] zu machen? Jch muß bekennen, daß ſelbige von mir mit ſolcher Attention angehoͤret und erwogen wurden, als ob ſie vom Himmel herab geredet wuͤr- den, denn mein Gehirne war mit der allerſtaͤrckſten Hoffnung, in wenig Monathen ein vollkommener Gold-Macher zu ſeyn, dergeſtalt angefuͤllet, daß wenig andere vernuͤnftige Gedancken oder Beur- theilungs-Kraͤffte darinnen Platz hatten. Wir laborirten indeſſen immer drauf los, warteten aber mit Schmertzen auf des Eliſæi Zuruͤckkunfft, Elias reiſete zwar auch zuweilen 3. 4. bis 8. Tage hinweg; kam aber immer mit allerhand Materialien und an- dern leckerhafften Sachen zuruͤcke, welche Koſten doch alle aus meinem Beutel bezahlet werden muß- ten, weil Elias ſein ungemuͤntztes Gold nicht ehe verwechſeln wolte, bis es die hoͤchſte Noth erforderte. Eines Tages aber fiel mir ein verzweifelt ſchaͤndlicher Streich in die Augen. Denn da ich Nachmittags des Eliæ Cammer-Thuͤr eroͤffnete, traff ich denſelben in dem aͤrgerlichſten Zuſtande, mit einer liederlichen Schand-Metze, auf ſeiner Schlaf-Staͤtte liegend, an. Daß ich uͤber dieſen heiligen Mann grauſam erſchrocken ſeyn muͤſſe, iſt leicht zu erachten, iedoch ich machte die Thuͤr ſo gleich wieder zu, wuͤnſchte, daß ſelbige nicht eroͤff- net worden, ging in den Garten, legte mich unter einen gruͤnen Baum, und verfiel uͤber dieſe Affaire in ein ſehr tiefes Nachſinnen. Bald darauf kain Elias zu mir, und ſagte mit gantz unpaſſionirten Gebaͤrden: Mein Sohn, der Geiſt hat mir einge- geben, daß ihr euch in dieſer Stunde zum erſten- mahle an meinem Weſen geaͤrgert habt, derowe- gen s 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/291
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/291>, abgerufen am 25.11.2024.