gen, unter andern brachte einer ex tempore folgen- des lateinisches Distichon zu Marckte:
Quo Lutheranus, dic possit nomine dici? Hoeresium dici bibliotheca potest.
Es solte etwa auf teutsch so viel zu verstehen geben:
Sag an: Was eigentlich ein Lutheraner sey? Er ist der Jnbegriff von aller Ketzerey.
Jch weiß nicht wie es kam, daß, indem ich unter An- hörung dieser Verse ein Spitz-Gläsgen Wein tranck, meine Vena Poetica gantz ausserordentlich begeistert wurde, weiln, da ich solches nach 2. mah- ligen kurtzen Absetzen gäntzlich ausgeleeret hatte, fol- gendes Distichon nicht so bald fertig, als unbedacht- sam von mir heraus gesagt war:
Ordine neil melius, sed neil est ordine pejus, Qui Jesu nomen, non tamen omen habet.
teutsch:
Das ist der beste zwar, doch auch der böste Orden, Der sich nach JESU nennt, und ihm nie gleich geworden.
Man ersahe augenblicklich an den ergrimmten Ge- sichtern unserer beyden Wiedersacher, daß ihnen die Galle aufs greulichste über die Grentzen trat, indem sie von einem sechzehentehalb jährigen Knaben, der- massen häßlich abgekappt worden. Ein gewisser Mu- sicus aber, der ein sehr guter Lateiner war, bat mich, dieses Distichon noch einmahl her zu sagen, und da mich dessen aus Ubereilung nicht wegerte,
schrie-
gen, unter andern brachte einer ex tempore folgen- des lateiniſches Diſtichon zu Marckte:
Quô Lutheranus, dic posſit nomine dici? Hœreſium dici bibliotheca poteſt.
Es ſolte etwa auf teutſch ſo viel zu verſtehen geben:
Sag an: Was eigentlich ein Lutheraner ſey? Er iſt der Jnbegriff von aller Ketzerey.
Jch weiß nicht wie es kam, daß, indem ich unter An- hoͤrung dieſer Verſe ein Spitz-Glaͤsgen Wein tranck, meine Vena Poetica gantz auſſerordentlich begeiſtert wurde, weiln, da ich ſolches nach 2. mah- ligen kurtzen Abſetzen gaͤntzlich ausgeleeret hatte, fol- gendes Diſtichon nicht ſo bald fertig, als unbedacht- ſam von mir heraus geſagt war:
Ordine nîl melius, ſed nîl eſt ordine pejus, Qui Jeſu nomen, non tamen omen habet.
teutſch:
Das iſt der beſte zwar, doch auch der boͤſte Orden, Der ſich nach JESU nennt, und ihm nie gleich geworden.
Man erſahe augenblicklich an den ergrimmten Ge- ſichtern unſerer beyden Wiederſacher, daß ihnen die Galle aufs greulichſte uͤber die Grentzen trat, indem ſie von einem ſechzehentehalb jaͤhrigen Knaben, der- maſſen haͤßlich abgekappt worden. Ein gewiſſer Mu- ſicus aber, der ein ſehr guter Lateiner war, bat mich, dieſes Diſtichon noch einmahl her zu ſagen, und da mich deſſen aus Ubereilung nicht wegerte,
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gen, unter andern brachte einer ex tempore folgen-
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Quô Lutheranus, dic posſit nomine dici?
Hœreſium dici bibliotheca poteſt.
Es ſolte etwa auf teutſch ſo viel zu verſtehen
geben:
Sag an: Was eigentlich ein Lutheraner
ſey?
Er iſt der Jnbegriff von aller Ketzerey.
Jch weiß nicht wie es kam, daß, indem ich unter An-
hoͤrung dieſer Verſe ein Spitz-Glaͤsgen Wein
tranck, meine Vena Poetica gantz auſſerordentlich
begeiſtert wurde, weiln, da ich ſolches nach 2. mah-
ligen kurtzen Abſetzen gaͤntzlich ausgeleeret hatte, fol-
gendes Diſtichon nicht ſo bald fertig, als unbedacht-
ſam von mir heraus geſagt war:
Ordine nîl melius, ſed nîl eſt ordine pejus,
Qui Jeſu nomen, non tamen omen habet.
teutſch:
Das iſt der beſte zwar, doch auch der
boͤſte Orden,
Der ſich nach JESU nennt, und ihm nie
gleich geworden.
Man erſahe augenblicklich an den ergrimmten Ge-
ſichtern unſerer beyden Wiederſacher, daß ihnen die
Galle aufs greulichſte uͤber die Grentzen trat, indem
ſie von einem ſechzehentehalb jaͤhrigen Knaben, der-
maſſen haͤßlich abgekappt worden. Ein gewiſſer Mu-
ſicus aber, der ein ſehr guter Lateiner war, bat
mich, dieſes Diſtichon noch einmahl her zu ſagen,
und da mich deſſen aus Ubereilung nicht wegerte,
ſchrie-
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/28>, abgerufen am 24.11.2024.
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