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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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Feuer, überall aber lauter chymisches Geschirr zu
sehen war. Jn der Wand stunden etwa 7. oder
8. kleine Schmeltz-Tiegel, derowegen sagte Elisae-
us:
Mein Freund, leset euch einen von diesen
Schmeltz-Tiegeln aus, besehet ihn, ob er tüchtig
ist, und setzt denselben ins Feuer, denn ich und mein
Meister werden euch gantz allein handthiren lassen,
und allhier vor der Thür stehen bleiben, damit ihr
völlig versichert seyn möget, daß alles ordentlich
und richtig zugehe. Jch erzittere vor Freuden, ge-
horsamete aber und setzte den Tiegel in die Gluth.
Habt ihr etwas Bley oder Zinn bey euch, fragte
Elisaeus, so wäget dort auf der Wage 1. Loth ab,
und werfft es in den Tiegel. Jch hatte einen bley-
ernen Griffel in meiner Schreib-Tafel, weil aber
selbiger noch kein Loth wuge, so mußte noch einen
zinnernen Knopf von meinen Bein-Kleidern reis-
sen, etwas davon abschneiden und hinzu legen, da-
mit ein accurates Loth-Gewicht heraus kam. So
bald ich gesagt, daß es zerschmoltzen sey, fiel Elias
auf seine Knie nieder, schlug mit der Hand an die
Brust, kehrete die Augen gen Himmel, murmel-
te etliche unverständliche Worte her, zog immittelst
ein klein Büchslein hervor, und nahm aus selbigem
ein röthlichtes Stücklein Hartz, oder was es son-
sten seyn mochte, etwa einer halben Erbsen groß,
schabte so viel darvon, als ein halber kleiner
Stecke-Nadels-Kopf beträgt, und fragte, ob ich
etwas Wachs bey mir hätte? Da nun ich solches
verneinte, sprach Elisaeus, sehet hier ist Wachs ge-
nug, damit euch aber wegen unserer Materialien
kein Verdacht erweckt werde, so nehmet ein wenig

Ohren-
r 5

Feuer, uͤberall aber lauter chymiſches Geſchirr zu
ſehen war. Jn der Wand ſtunden etwa 7. oder
8. kleine Schmeltz-Tiegel, derowegen ſagte Eliſæ-
us:
Mein Freund, leſet euch einen von dieſen
Schmeltz-Tiegeln aus, beſehet ihn, ob er tuͤchtig
iſt, und ſetzt denſelben ins Feuer, denn ich und mein
Meiſter werden euch gantz allein handthiren laſſen,
und allhier vor der Thuͤr ſtehen bleiben, damit ihr
voͤllig verſichert ſeyn moͤget, daß alles ordentlich
und richtig zugehe. Jch erzittere vor Freuden, ge-
horſamete aber und ſetzte den Tiegel in die Gluth.
Habt ihr etwas Bley oder Zinn bey euch, fragte
Eliſæus, ſo waͤget dort auf der Wage 1. Loth ab,
und werfft es in den Tiegel. Jch hatte einen bley-
ernen Griffel in meiner Schreib-Tafel, weil aber
ſelbiger noch kein Loth wuge, ſo mußte noch einen
zinnernen Knopf von meinen Bein-Kleidern reiſ-
ſen, etwas davon abſchneiden und hinzu legen, da-
mit ein accurates Loth-Gewicht heraus kam. So
bald ich geſagt, daß es zerſchmoltzen ſey, fiel Elias
auf ſeine Knie nieder, ſchlug mit der Hand an die
Bruſt, kehrete die Augen gen Himmel, murmel-
te etliche unverſtaͤndliche Worte her, zog immittelſt
ein klein Buͤchslein hervor, und nahm aus ſelbigem
ein roͤthlichtes Stuͤcklein Hartz, oder was es ſon-
ſten ſeyn mochte, etwa einer halben Erbſen groß,
ſchabte ſo viel darvon, als ein halber kleiner
Stecke-Nadels-Kopf betraͤgt, und fragte, ob ich
etwas Wachs bey mir haͤtte? Da nun ich ſolches
verneinte, ſprach Eliſæus, ſehet hier iſt Wachs ge-
nug, damit euch aber wegen unſerer Materialien
kein Verdacht erweckt werde, ſo nehmet ein wenig

Ohren-
r 5
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[265/0279] Feuer, uͤberall aber lauter chymiſches Geſchirr zu ſehen war. Jn der Wand ſtunden etwa 7. oder 8. kleine Schmeltz-Tiegel, derowegen ſagte Eliſæ- us: Mein Freund, leſet euch einen von dieſen Schmeltz-Tiegeln aus, beſehet ihn, ob er tuͤchtig iſt, und ſetzt denſelben ins Feuer, denn ich und mein Meiſter werden euch gantz allein handthiren laſſen, und allhier vor der Thuͤr ſtehen bleiben, damit ihr voͤllig verſichert ſeyn moͤget, daß alles ordentlich und richtig zugehe. Jch erzittere vor Freuden, ge- horſamete aber und ſetzte den Tiegel in die Gluth. Habt ihr etwas Bley oder Zinn bey euch, fragte Eliſæus, ſo waͤget dort auf der Wage 1. Loth ab, und werfft es in den Tiegel. Jch hatte einen bley- ernen Griffel in meiner Schreib-Tafel, weil aber ſelbiger noch kein Loth wuge, ſo mußte noch einen zinnernen Knopf von meinen Bein-Kleidern reiſ- ſen, etwas davon abſchneiden und hinzu legen, da- mit ein accurates Loth-Gewicht heraus kam. So bald ich geſagt, daß es zerſchmoltzen ſey, fiel Elias auf ſeine Knie nieder, ſchlug mit der Hand an die Bruſt, kehrete die Augen gen Himmel, murmel- te etliche unverſtaͤndliche Worte her, zog immittelſt ein klein Buͤchslein hervor, und nahm aus ſelbigem ein roͤthlichtes Stuͤcklein Hartz, oder was es ſon- ſten ſeyn mochte, etwa einer halben Erbſen groß, ſchabte ſo viel darvon, als ein halber kleiner Stecke-Nadels-Kopf betraͤgt, und fragte, ob ich etwas Wachs bey mir haͤtte? Da nun ich ſolches verneinte, ſprach Eliſæus, ſehet hier iſt Wachs ge- nug, damit euch aber wegen unſerer Materialien kein Verdacht erweckt werde, ſo nehmet ein wenig Ohren- r 5

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/279>, abgerufen am 09.05.2024.