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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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daß entweder sehr schleunig Gold, oder banquerot
gemacht würde, indem ein oder zwey Creditores
schon von ferne in etwas zu brummen anfingen, de-
rowegen gehet meine Mutter mit ihrem Bruder zu
rathe, und drehen die Boltzen, welche mein Vater
nachhero verschiessen muß. Kurtz zu sagen, weil das
Goldmachen nicht gerathen will, verfallen sie auf
das gefährliche Mittel Geld zu machen. Denn
vor das viele verlaborirte schöne Geld und Guth, hat-
ten sie dennoch eine betrügliche Massam erfunden,
welche dem Golde aufs genaueste ähnlich sahe, eine
ziemliche Geschmeidigkeit hatte, den Strich auch
vollkommen hielt, allein im Schmeltz-Tiegel, und
zwar erstlich im dritten Gradu des Feuers, zu einer
nichts nützigen schwartzen Schlacke wurde. Die
Sache ging, ihrer Meynung nach, herrlich und gut
von statten, mein Vater muß die Stempel zu fran-
tzösischen und andern Gold-Müntzen schneiden, die
Mutter hilfft mit müntzen, deren Bruder aber, nach-
dem er eine starcke Quantität von der saubern Massa
gemacht, begiebt sich, mit einer grossen Summa sol-
ches neu geprägten Geldes, auf die Reise, um selbi-
ges zu vertreiben und gute Sorten davor einzuwech-
seln, ist auch so glücklich binnen zwey Jahren allein
in Franckreich, vor 20000. Thlr. dergleichen falsche
Müntze anzuwerden, ohne was nach Holland oder
Teutschland gegangen war. Solchergestalt ris-
sen sich meine Eltern sehr geschwind aus allen ihren
Schulden, und hatten mehr als 30000. Thlr. werth
an baaren Gelde und Meublen beysammen, über
dieses, so war zu damahliger Zeit noch nicht der al-
ler geringste Verdacht auf den Unwerth, solcher fal-

schen
q 2

daß entweder ſehr ſchleunig Gold, oder banquerot
gemacht wuͤrde, indem ein oder zwey Creditores
ſchon von ferne in etwas zu brummen anfingen, de-
rowegen gehet meine Mutter mit ihrem Bruder zu
rathe, und drehen die Boltzen, welche mein Vater
nachhero verſchieſſen muß. Kurtz zu ſagen, weil das
Goldmachen nicht gerathen will, verfallen ſie auf
das gefaͤhrliche Mittel Geld zu machen. Denn
vor das viele verlaborirte ſchoͤne Geld und Guth, hat-
ten ſie dennoch eine betruͤgliche Maſſam erfunden,
welche dem Golde aufs genaueſte aͤhnlich ſahe, eine
ziemliche Geſchmeidigkeit hatte, den Strich auch
vollkommen hielt, allein im Schmeltz-Tiegel, und
zwar erſtlich im dritten Gradu des Feuers, zu einer
nichts nuͤtzigen ſchwartzen Schlacke wurde. Die
Sache ging, ihrer Meynung nach, herrlich und gut
von ſtatten, mein Vater muß die Stempel zu fran-
tzoͤſiſchen und andern Gold-Muͤntzen ſchneiden, die
Mutter hilfft mit muͤntzen, deren Bruder aber, nach-
dem er eine ſtarcke Quantitaͤt von der ſaubern Maſſa
gemacht, begiebt ſich, mit einer groſſen Summa ſol-
ches neu gepraͤgten Geldes, auf die Reiſe, um ſelbi-
ges zu vertreiben und gute Sorten davor einzuwech-
ſeln, iſt auch ſo gluͤcklich binnen zwey Jahren allein
in Franckreich, vor 20000. Thlr. dergleichen falſche
Muͤntze anzuwerden, ohne was nach Holland oder
Teutſchland gegangen war. Solchergeſtalt riſ-
ſen ſich meine Eltern ſehr geſchwind aus allen ihren
Schulden, und hatten mehr als 30000. Thlr. werth
an baaren Gelde und Meublen beyſammen, uͤber
dieſes, ſo war zu damahliger Zeit noch nicht der al-
ler geringſte Verdacht auf den Unwerth, ſolcher fal-

ſchen
q 2
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[243/0257] daß entweder ſehr ſchleunig Gold, oder banquerot gemacht wuͤrde, indem ein oder zwey Creditores ſchon von ferne in etwas zu brummen anfingen, de- rowegen gehet meine Mutter mit ihrem Bruder zu rathe, und drehen die Boltzen, welche mein Vater nachhero verſchieſſen muß. Kurtz zu ſagen, weil das Goldmachen nicht gerathen will, verfallen ſie auf das gefaͤhrliche Mittel Geld zu machen. Denn vor das viele verlaborirte ſchoͤne Geld und Guth, hat- ten ſie dennoch eine betruͤgliche Maſſam erfunden, welche dem Golde aufs genaueſte aͤhnlich ſahe, eine ziemliche Geſchmeidigkeit hatte, den Strich auch vollkommen hielt, allein im Schmeltz-Tiegel, und zwar erſtlich im dritten Gradu des Feuers, zu einer nichts nuͤtzigen ſchwartzen Schlacke wurde. Die Sache ging, ihrer Meynung nach, herrlich und gut von ſtatten, mein Vater muß die Stempel zu fran- tzoͤſiſchen und andern Gold-Muͤntzen ſchneiden, die Mutter hilfft mit muͤntzen, deren Bruder aber, nach- dem er eine ſtarcke Quantitaͤt von der ſaubern Maſſa gemacht, begiebt ſich, mit einer groſſen Summa ſol- ches neu gepraͤgten Geldes, auf die Reiſe, um ſelbi- ges zu vertreiben und gute Sorten davor einzuwech- ſeln, iſt auch ſo gluͤcklich binnen zwey Jahren allein in Franckreich, vor 20000. Thlr. dergleichen falſche Muͤntze anzuwerden, ohne was nach Holland oder Teutſchland gegangen war. Solchergeſtalt riſ- ſen ſich meine Eltern ſehr geſchwind aus allen ihren Schulden, und hatten mehr als 30000. Thlr. werth an baaren Gelde und Meublen beyſammen, uͤber dieſes, ſo war zu damahliger Zeit noch nicht der al- ler geringſte Verdacht auf den Unwerth, ſolcher fal- ſchen q 2

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/257>, abgerufen am 09.05.2024.