sich bald Gelegenheit, einander die Degen-Spitzen zu zeigen. Jedoch ich war so glücklich, in einer Woche alle beyde mit blutigen Denckmahlen abzu- fertigen, derowegen entbrannte ihr Grimm nur um so viel desto hefftiger, so, daß sie noch etliche so genannte, aber nur eingebildete Renommisten zu sich nahmen, und unter dem prahlhafften Titul: Dieheroische Brüderschafft, manche Nacht durch die Strassen schwermeten, allen einzelen Leuten Verdruß und Schmach anthaten, unter andern aber auch ein blutiges Absehen auf meine Person hatten, und mich, bey Gelegenheit tüchtig zu zeichnen, sich verlauten liessen. Nun brauchte ich zwar alle behörige Vorsicht, mich nicht leicht- lich in muthwillige und unnöthige Händel einzumi- schen, iedoch da ich einsmahls zur Nachts-Zeit, von einem wohlbekandten Freunde aufgerufen worden, um einen gefährlich-blessirten Studenten eiligst zu verbinden, und wir beyderseits im Begriff waren, in sein, mir wohlbekandtes Logis zu gehen, kam uns die heroische Brüderschafft unverhofft über den Hals, mit Ausstossung dieser empfindli- chen Worte: Canaille steh! mein Begleiter sagte zu mir: Monsieur, ich bitte gar sehr, daß sie auf meine Verantwortung nur eiligst zu meinem bles- sirten Stuben-Purschen lauffen wolten, ich will die Canaillen schon abfertigen. Allein ehe ich noch Zeit hatte ihm zu antworten, riefen etliche Stim- men nochmahls: Hunsf: steh! Gedult! Gedult! rief ihnen mein Compagnon entgegen, ich stehe schon. Unter diesen Worten aber, zohe er seinen Rock aus, legte denselben ohnfern des Superinten-
den-
ſich bald Gelegenheit, einander die Degen-Spitzen zu zeigen. Jedoch ich war ſo gluͤcklich, in einer Woche alle beyde mit blutigen Denckmahlen abzu- fertigen, derowegen entbrannte ihr Grimm nur um ſo viel deſto hefftiger, ſo, daß ſie noch etliche ſo genannte, aber nur eingebildete Renommiſten zu ſich nahmen, und unter dem prahlhafften Titul: Dieheroiſche Bruͤderſchafft, manche Nacht durch die Straſſen ſchwermeten, allen einzelen Leuten Verdruß und Schmach anthaten, unter andern aber auch ein blutiges Abſehen auf meine Perſon hatten, und mich, bey Gelegenheit tuͤchtig zu zeichnen, ſich verlauten lieſſen. Nun brauchte ich zwar alle behoͤrige Vorſicht, mich nicht leicht- lich in muthwillige und unnoͤthige Haͤndel einzumi- ſchen, iedoch da ich einsmahls zur Nachts-Zeit, von einem wohlbekandten Freunde aufgerufen worden, um einen gefaͤhrlich-bleſſirten Studenten eiligſt zu verbinden, und wir beyderſeits im Begriff waren, in ſein, mir wohlbekandtes Logis zu gehen, kam uns die heroiſche Bruͤderſchafft unverhofft uͤber den Hals, mit Ausſtoſſung dieſer empfindli- chen Worte: Canaille ſteh! mein Begleiter ſagte zu mir: Monſieur, ich bitte gar ſehr, daß ſie auf meine Verantwortung nur eiligſt zu meinem bleſ- ſirten Stuben-Purſchen lauffen wolten, ich will die Canaillen ſchon abfertigen. Allein ehe ich noch Zeit hatte ihm zu antworten, riefen etliche Stim- men nochmahls: Hunsf: ſteh! Gedult! Gedult! rief ihnen mein Compagnon entgegen, ich ſtehe ſchon. Unter dieſen Worten aber, zohe er ſeinen Rock aus, legte denſelben ohnfern des Superinten-
den-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0221"n="207"/>ſich bald Gelegenheit, einander die Degen-Spitzen<lb/>
zu zeigen. Jedoch ich war ſo gluͤcklich, in einer<lb/>
Woche alle beyde mit blutigen Denckmahlen abzu-<lb/>
fertigen, derowegen entbrannte ihr Grimm nur<lb/>
um ſo viel deſto hefftiger, ſo, daß ſie noch etliche ſo<lb/>
genannte, aber nur eingebildete <hirendition="#aq">Renommi</hi>ſten zu<lb/>ſich nahmen, und unter dem prahlhafften <hirendition="#aq">Titul:</hi><lb/><hirendition="#fr">Die</hi><hirendition="#aq"><hirendition="#i">heroi</hi></hi><hirendition="#fr">ſche Bruͤderſchafft,</hi> manche Nacht<lb/>
durch die Straſſen ſchwermeten, allen einzelen<lb/>
Leuten Verdruß und Schmach anthaten, unter<lb/>
andern aber auch ein blutiges Abſehen auf meine<lb/>
Perſon hatten, und mich, bey Gelegenheit tuͤchtig<lb/>
zu zeichnen, ſich verlauten lieſſen. Nun brauchte<lb/>
ich zwar alle behoͤrige Vorſicht, mich nicht leicht-<lb/>
lich in muthwillige und unnoͤthige Haͤndel einzumi-<lb/>ſchen, iedoch da ich einsmahls zur Nachts-Zeit,<lb/>
von einem wohlbekandten Freunde aufgerufen<lb/>
worden, um einen gefaͤhrlich-<hirendition="#aq">bleſſi</hi>rten <hirendition="#aq">Student</hi>en<lb/>
eiligſt zu verbinden, und wir beyderſeits im Begriff<lb/>
waren, in ſein, mir wohlbekandtes <hirendition="#aq">Logis</hi> zu gehen,<lb/>
kam uns die <hirendition="#aq">heroi</hi>ſche Bruͤderſchafft unverhofft<lb/>
uͤber den Hals, mit Ausſtoſſung dieſer empfindli-<lb/>
chen Worte: <hirendition="#aq">Canaille</hi>ſteh! mein Begleiter ſagte<lb/>
zu mir: <hirendition="#aq">Monſieur,</hi> ich bitte gar ſehr, daß ſie auf<lb/>
meine Verantwortung nur eiligſt zu meinem <hirendition="#aq">bleſ-<lb/>ſi</hi>rten Stuben-Purſchen lauffen wolten, ich will<lb/>
die <hirendition="#aq">Canaill</hi>en ſchon abfertigen. Allein ehe ich noch<lb/>
Zeit hatte ihm zu antworten, riefen etliche Stim-<lb/>
men nochmahls: Hunsf: ſteh! Gedult! Gedult!<lb/>
rief ihnen mein <hirendition="#aq">Compagnon</hi> entgegen, ich ſtehe<lb/>ſchon. Unter dieſen Worten aber, zohe er ſeinen<lb/>
Rock aus, legte denſelben ohnfern des <hirendition="#aq">Superinten-</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#aq">den-</hi></fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[207/0221]
ſich bald Gelegenheit, einander die Degen-Spitzen
zu zeigen. Jedoch ich war ſo gluͤcklich, in einer
Woche alle beyde mit blutigen Denckmahlen abzu-
fertigen, derowegen entbrannte ihr Grimm nur
um ſo viel deſto hefftiger, ſo, daß ſie noch etliche ſo
genannte, aber nur eingebildete Renommiſten zu
ſich nahmen, und unter dem prahlhafften Titul:
Die heroiſche Bruͤderſchafft, manche Nacht
durch die Straſſen ſchwermeten, allen einzelen
Leuten Verdruß und Schmach anthaten, unter
andern aber auch ein blutiges Abſehen auf meine
Perſon hatten, und mich, bey Gelegenheit tuͤchtig
zu zeichnen, ſich verlauten lieſſen. Nun brauchte
ich zwar alle behoͤrige Vorſicht, mich nicht leicht-
lich in muthwillige und unnoͤthige Haͤndel einzumi-
ſchen, iedoch da ich einsmahls zur Nachts-Zeit,
von einem wohlbekandten Freunde aufgerufen
worden, um einen gefaͤhrlich-bleſſirten Studenten
eiligſt zu verbinden, und wir beyderſeits im Begriff
waren, in ſein, mir wohlbekandtes Logis zu gehen,
kam uns die heroiſche Bruͤderſchafft unverhofft
uͤber den Hals, mit Ausſtoſſung dieſer empfindli-
chen Worte: Canaille ſteh! mein Begleiter ſagte
zu mir: Monſieur, ich bitte gar ſehr, daß ſie auf
meine Verantwortung nur eiligſt zu meinem bleſ-
ſirten Stuben-Purſchen lauffen wolten, ich will
die Canaillen ſchon abfertigen. Allein ehe ich noch
Zeit hatte ihm zu antworten, riefen etliche Stim-
men nochmahls: Hunsf: ſteh! Gedult! Gedult!
rief ihnen mein Compagnon entgegen, ich ſtehe
ſchon. Unter dieſen Worten aber, zohe er ſeinen
Rock aus, legte denſelben ohnfern des Superinten-
den-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/221>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.