Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

ich junge Wagehälse waren, eiligst wiederum zu
Pferde, ritten fort, nahmen, um Tag und Nacht
hindurch desto besser nachzueilen, aller Orten frische
Pferde, und erreichten endlich am 5ten Tage,
auf dem Heßischen Grund und Boden, den Wa-
gen, worinnen Charlotte bey dem von P. **, ihr
Mägdgen aber rückwerts saß. Jch hieß dem Kut-
scher stille halten, und rief: Heraus aus dem Wa-
gen, Mons. von P. ** und überlasset mir meine
Braut, mit welcher ich seit längerer Zeit verlobet
bin, oder greifft zum wenigsten nach eurer Pisto-
len. Nun ritten zwar drey Hand-feste Kerls hinter
dem Wagen her, allein meine Compagnons und
die Diener hatten ein scharffes Auge auf ihre Be-
wegung. Der von P. * aber sprach zu Charlotten:
Mein Engel kennen sie diesen Herrn? Warum
nicht? antwortete Dieselbe, es ist ja würcklich mein
Schatz, mein Lieutenant Lizberg. Hierauf
sprung er aus dem Wagen, und sagte: Ha! ha!
Monsieur,
so ists doch wohl billig, daß wir um die
Braut tantzen, stieg hiermit auf sein Reit-Pferd,
welches ein Kerl an der Hand führete, ergriff seine
Pistolen, und streiffte auf den ersten Schuß, mei-
nen lincken Arm mit einer blutigen Wunde, ich
hingegen traff ihn, indem sich sein Pferd etwas
ungeschickt wendete, durch den hohlen Leib dermas-
sen, daß er an seinem baldigen Tode zu zweifeln
wenig Ursach haben mochte. Dem ohngeacht hatte
der verzweifelte Mensch noch die Macht, sein an-
deres Pistol zu spannen, womit er schändlicher weise
auf Charlotten zielete, und diesem irdischen En-
gel augendlicklich eine Kugel durch die rechte Brust

jagte,
k 4

ich junge Wagehaͤlſe waren, eiligſt wiederum zu
Pferde, ritten fort, nahmen, um Tag und Nacht
hindurch deſto beſſer nachzueilen, aller Orten friſche
Pferde, und erreichten endlich am 5ten Tage,
auf dem Heßiſchen Grund und Boden, den Wa-
gen, worinnen Charlotte bey dem von P. **, ihr
Maͤgdgen aber ruͤckwerts ſaß. Jch hieß dem Kut-
ſcher ſtille halten, und rief: Heraus aus dem Wa-
gen, Monſ. von P. ** und uͤberlaſſet mir meine
Braut, mit welcher ich ſeit laͤngerer Zeit verlobet
bin, oder greifft zum wenigſten nach eurer Piſto-
len. Nun ritten zwar drey Hand-feſte Kerls hinter
dem Wagen her, allein meine Compagnons und
die Diener hatten ein ſcharffes Auge auf ihre Be-
wegung. Der von P. * aber ſprach zu Charlotten:
Mein Engel kennen ſie dieſen Herrn? Warum
nicht? antwortete Dieſelbe, es iſt ja wuͤrcklich mein
Schatz, mein Lieutenant Lizberg. Hierauf
ſprung er aus dem Wagen, und ſagte: Ha! ha!
Monſieur,
ſo iſts doch wohl billig, daß wir um die
Braut tantzen, ſtieg hiermit auf ſein Reit-Pferd,
welches ein Kerl an der Hand fuͤhrete, ergriff ſeine
Piſtolen, und ſtreiffte auf den erſten Schuß, mei-
nen lincken Arm mit einer blutigen Wunde, ich
hingegen traff ihn, indem ſich ſein Pferd etwas
ungeſchickt wendete, durch den hohlen Leib dermaſ-
ſen, daß er an ſeinem baldigen Tode zu zweifeln
wenig Urſach haben mochte. Dem ohngeacht hatte
der verzweifelte Menſch noch die Macht, ſein an-
deres Piſtol zu ſpannen, womit er ſchaͤndlicher weiſe
auf Charlotten zielete, und dieſem irdiſchen En-
gel augendlicklich eine Kugel durch die rechte Bruſt

jagte,
k 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0165" n="151"/>
ich junge Wageha&#x0364;l&#x017F;e waren, eilig&#x017F;t wiederum zu<lb/>
Pferde, ritten fort, nahmen, um Tag und Nacht<lb/>
hindurch de&#x017F;to be&#x017F;&#x017F;er nachzueilen, aller Orten fri&#x017F;che<lb/>
Pferde, und erreichten endlich am 5ten Tage,<lb/>
auf dem Heßi&#x017F;chen Grund und Boden, den Wa-<lb/>
gen, worinnen <hi rendition="#aq">Charlotte</hi> bey dem von <hi rendition="#aq">P.</hi> **, ihr<lb/>
Ma&#x0364;gdgen aber ru&#x0364;ckwerts &#x017F;aß. Jch hieß dem Kut-<lb/>
&#x017F;cher &#x017F;tille halten, und rief: Heraus aus dem Wa-<lb/>
gen, <hi rendition="#aq">Mon&#x017F;.</hi> von <hi rendition="#aq">P.</hi> ** und u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;et mir meine<lb/>
Braut, mit welcher ich &#x017F;eit la&#x0364;ngerer Zeit verlobet<lb/>
bin, oder greifft zum wenig&#x017F;ten nach eurer Pi&#x017F;to-<lb/>
len. Nun ritten zwar drey Hand-fe&#x017F;te Kerls hinter<lb/>
dem Wagen her, allein meine <hi rendition="#aq">Compagnons</hi> und<lb/>
die Diener hatten ein &#x017F;charffes Auge auf ihre Be-<lb/>
wegung. Der von <hi rendition="#aq">P.</hi> * aber &#x017F;prach zu <hi rendition="#aq">Charlotten:</hi><lb/>
Mein Engel kennen &#x017F;ie die&#x017F;en Herrn? Warum<lb/>
nicht? antwortete Die&#x017F;elbe, es i&#x017F;t ja wu&#x0364;rcklich mein<lb/>
Schatz, mein <hi rendition="#aq">Lieutenant Lizberg.</hi> Hierauf<lb/>
&#x017F;prung er aus dem Wagen, und &#x017F;agte: <hi rendition="#aq">Ha! ha!<lb/>
Mon&#x017F;ieur,</hi> &#x017F;o i&#x017F;ts doch wohl billig, daß wir um die<lb/>
Braut tantzen, &#x017F;tieg hiermit auf &#x017F;ein Reit-Pferd,<lb/>
welches ein Kerl an der Hand fu&#x0364;hrete, ergriff &#x017F;eine<lb/>
Pi&#x017F;tolen, und &#x017F;treiffte auf den er&#x017F;ten Schuß, mei-<lb/>
nen lincken Arm mit einer blutigen Wunde, ich<lb/>
hingegen traff ihn, indem &#x017F;ich &#x017F;ein Pferd etwas<lb/>
unge&#x017F;chickt wendete, durch den hohlen Leib derma&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, daß er an &#x017F;einem baldigen Tode zu zweifeln<lb/>
wenig Ur&#x017F;ach haben mochte. Dem ohngeacht hatte<lb/>
der verzweifelte Men&#x017F;ch noch die Macht, &#x017F;ein an-<lb/>
deres Pi&#x017F;tol zu &#x017F;pannen, womit er &#x017F;cha&#x0364;ndlicher wei&#x017F;e<lb/>
auf <hi rendition="#aq">Charlotten</hi> zielete, und die&#x017F;em irdi&#x017F;chen En-<lb/>
gel augendlicklich eine Kugel durch die rechte Bru&#x017F;t<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">k 4</fw><fw place="bottom" type="catch">jagte,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[151/0165] ich junge Wagehaͤlſe waren, eiligſt wiederum zu Pferde, ritten fort, nahmen, um Tag und Nacht hindurch deſto beſſer nachzueilen, aller Orten friſche Pferde, und erreichten endlich am 5ten Tage, auf dem Heßiſchen Grund und Boden, den Wa- gen, worinnen Charlotte bey dem von P. **, ihr Maͤgdgen aber ruͤckwerts ſaß. Jch hieß dem Kut- ſcher ſtille halten, und rief: Heraus aus dem Wa- gen, Monſ. von P. ** und uͤberlaſſet mir meine Braut, mit welcher ich ſeit laͤngerer Zeit verlobet bin, oder greifft zum wenigſten nach eurer Piſto- len. Nun ritten zwar drey Hand-feſte Kerls hinter dem Wagen her, allein meine Compagnons und die Diener hatten ein ſcharffes Auge auf ihre Be- wegung. Der von P. * aber ſprach zu Charlotten: Mein Engel kennen ſie dieſen Herrn? Warum nicht? antwortete Dieſelbe, es iſt ja wuͤrcklich mein Schatz, mein Lieutenant Lizberg. Hierauf ſprung er aus dem Wagen, und ſagte: Ha! ha! Monſieur, ſo iſts doch wohl billig, daß wir um die Braut tantzen, ſtieg hiermit auf ſein Reit-Pferd, welches ein Kerl an der Hand fuͤhrete, ergriff ſeine Piſtolen, und ſtreiffte auf den erſten Schuß, mei- nen lincken Arm mit einer blutigen Wunde, ich hingegen traff ihn, indem ſich ſein Pferd etwas ungeſchickt wendete, durch den hohlen Leib dermaſ- ſen, daß er an ſeinem baldigen Tode zu zweifeln wenig Urſach haben mochte. Dem ohngeacht hatte der verzweifelte Menſch noch die Macht, ſein an- deres Piſtol zu ſpannen, womit er ſchaͤndlicher weiſe auf Charlotten zielete, und dieſem irdiſchen En- gel augendlicklich eine Kugel durch die rechte Bruſt jagte, k 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/165
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/165>, abgerufen am 21.11.2024.