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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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Peruque, herab fallen, weßwegen er mich augen-
blicklich erkannte, und vor Angst nicht wußte, wie
ihm geschahe. Allein ich machte ihm alle ersinnli-
che Caressen, nennete ihn meinen allerliebsten Freund
und Vater, drückte einen spec. Ducaten in seine
Hand, soff dem Haasen brav aufs Leder, machte
sein Hertze zur welcken Rübe, und erfuhr endlich,
nicht nur meiner liebsten Charlotten wahrhafften
Aufenthalt, sondern auch alles andere, was er von
meinen und ihren Affairen vernommen hatte. Hier-
auf imponirte ich ihm altum silentium, versprach
in Zukunfft davor weitbessere Erkenntlichkeit zu er-
zeigen, und ließ ihn durch einen zugegebenen Bo-
then mit aufgehenden Monde, bis vor sein Haus
begleiten.

Noch selbige Nacht nahm ich eine Extra-Post,
u. reisete wiederum nach meinem Quartier zu, weiln
nicht länger als auf 5. oder 6. Tage Urlaub genom-
men hatte, nunmehro aber bat auf einen oder
2 Monat Urlaub aus, mußte iedennoch 14. Ta-
ge warten, ehe mir abzureisen erlaubt wurde, bin-
nen dieser Zeit, schrieb ich einen abermahligen Brief
an den Herrn von V.** excusirte das mir so hoch
aufgemutzte Verbrechen, schützte vor, daß es gar
nichts unerhörtes sey, wenn die Fräulein einen Of-
ficier
heyrathete, der zumahlen die größte Hoffnung
hätte, durch seinen Degen, sich des adelichen Stan-
des vollkommen würdig zu machen, übrigens wolte
vor diesesmahl dasjenige Touchement, so mir
durch die thörichte Zuschrifft des einfältigen Schul-
meisters zugefügt worden, en regard dessen, daß
ich dem Herrn von V.** gantz besondern Respect

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Peruque, herab fallen, weßwegen er mich augen-
blicklich erkannte, und vor Angſt nicht wußte, wie
ihm geſchahe. Allein ich machte ihm alle erſinnli-
che Careſſen, nennete ihn meinen allerliebſten Freund
und Vater, druͤckte einen ſpec. Ducaten in ſeine
Hand, ſoff dem Haaſen brav aufs Leder, machte
ſein Hertze zur welcken Ruͤbe, und erfuhr endlich,
nicht nur meiner liebſten Charlotten wahrhafften
Aufenthalt, ſondern auch alles andere, was er von
meinen und ihren Affairen vernommen hatte. Hier-
auf imponirte ich ihm altum ſilentium, verſprach
in Zukunfft davor weitbeſſere Erkenntlichkeit zu er-
zeigen, und ließ ihn durch einen zugegebenen Bo-
then mit aufgehenden Monde, bis vor ſein Haus
begleiten.

Noch ſelbige Nacht nahm ich eine Extra-Poſt,
u. reiſete wiederum nach meinem Quartier zu, weiln
nicht laͤnger als auf 5. oder 6. Tage Urlaub genom-
men hatte, nunmehro aber bat auf einen oder
2 Monat Urlaub aus, mußte iedennoch 14. Ta-
ge warten, ehe mir abzureiſen erlaubt wurde, bin-
nen dieſer Zeit, ſchrieb ich einen abermahligen Brief
an den Herrn von V.** excuſirte das mir ſo hoch
aufgemutzte Verbrechen, ſchuͤtzte vor, daß es gar
nichts unerhoͤrtes ſey, wenn die Fraͤulein einen Of-
ficier
heyrathete, der zumahlen die groͤßte Hoffnung
haͤtte, durch ſeinen Degen, ſich des adelichen Stan-
des vollkommen wuͤrdig zu machen, uͤbrigens wolte
vor dieſesmahl dasjenige Touchement, ſo mir
durch die thoͤrichte Zuſchrifft des einfaͤltigen Schul-
meiſters zugefuͤgt worden, en regard deſſen, daß
ich dem Herrn von V.** gantz beſondern Reſpect

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[135/0149] Peruque, herab fallen, weßwegen er mich augen- blicklich erkannte, und vor Angſt nicht wußte, wie ihm geſchahe. Allein ich machte ihm alle erſinnli- che Careſſen, nennete ihn meinen allerliebſten Freund und Vater, druͤckte einen ſpec. Ducaten in ſeine Hand, ſoff dem Haaſen brav aufs Leder, machte ſein Hertze zur welcken Ruͤbe, und erfuhr endlich, nicht nur meiner liebſten Charlotten wahrhafften Aufenthalt, ſondern auch alles andere, was er von meinen und ihren Affairen vernommen hatte. Hier- auf imponirte ich ihm altum ſilentium, verſprach in Zukunfft davor weitbeſſere Erkenntlichkeit zu er- zeigen, und ließ ihn durch einen zugegebenen Bo- then mit aufgehenden Monde, bis vor ſein Haus begleiten. Noch ſelbige Nacht nahm ich eine Extra-Poſt, u. reiſete wiederum nach meinem Quartier zu, weiln nicht laͤnger als auf 5. oder 6. Tage Urlaub genom- men hatte, nunmehro aber bat auf einen oder 2 Monat Urlaub aus, mußte iedennoch 14. Ta- ge warten, ehe mir abzureiſen erlaubt wurde, bin- nen dieſer Zeit, ſchrieb ich einen abermahligen Brief an den Herrn von V.** excuſirte das mir ſo hoch aufgemutzte Verbrechen, ſchuͤtzte vor, daß es gar nichts unerhoͤrtes ſey, wenn die Fraͤulein einen Of- ficier heyrathete, der zumahlen die groͤßte Hoffnung haͤtte, durch ſeinen Degen, ſich des adelichen Stan- des vollkommen wuͤrdig zu machen, uͤbrigens wolte vor dieſesmahl dasjenige Touchement, ſo mir durch die thoͤrichte Zuſchrifft des einfaͤltigen Schul- meiſters zugefuͤgt worden, en regard deſſen, daß ich dem Herrn von V.** gantz beſondern Reſpect reſti- i 4

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/149>, abgerufen am 27.04.2024.