Fräulein eine gewisse Stunde bestimmen will, wenn ich die Freyheit nehmen darff, mich zu näheren.
Charlotte schüttelte den Kopf hierzu, besonn sich eine lange Zeit, endlich aber verwilligte sie, daß ich künfftige Nacht, wenn der weisse Vorhang heraus hinge, um 11. Uhr vor diesem Auditorio erscheinen dürffte, ausser diesem Zeichen |aber durchaus nicht. So bald demnach andere Leute zu Bette waren, schlich ich mich gantz heimlich in den Garten, bauete mein Catheder auf, und fassete endlich das Hertze, Charlotten, so bald sie sich am aufgemachten Fenster praesentirte, durch die engen eisernen Stäbe meine Liebes-Declaration zu thun.
Es ist unnöthig den Jnnhalt derselben voritzo weitläufftig anzuführen, denn wer nur ein eintzig mahl verliebt gewesen, wird sich gar leichtlich ein- bilden können, was man bey dergleichen Zeiten und Gelegenheiten vor Fleiß anwendet, seinen Vortrag auf recht hertzbrechende Art einzurichten. Kurtz, Charlotte und ich, wurden des Handels binnen zwey Stunden vollkommen einig, verwechselten unsere Hertzen, schwuren einander ewige Treue, und ver- abredeten: daß ich erstlich nach Wien reisen, und auskundschafften solte, ob noch etwas von meinem väterlichen oder mütterlichen Erbtheile zu erhal- ten sey, da denn hernach etwas Geld an eine sichere Officiers-Charge spendiren, und meine Geliebte öffentlich zur Ehe begehren könte. Doch dieses war an uns beyden eben nicht zu loben, daß wir uns be- redeten Ferdinanden so lange bey der Nase herum zu führen, bis ich von Wien glücklick wiederum zu- rück gekommen wäre.
Jch
Fraͤulein eine gewiſſe Stunde beſtimmen will, wenn ich die Freyheit nehmen darff, mich zu naͤheren.
Charlotte ſchuͤttelte den Kopf hierzu, beſonn ſich eine lange Zeit, endlich aber verwilligte ſie, daß ich kuͤnfftige Nacht, wenn der weiſſe Vorhang heraus hinge, um 11. Uhr vor dieſem Auditorio erſcheinen duͤrffte, auſſer dieſem Zeichen |aber durchaus nicht. So bald demnach andere Leute zu Bette waren, ſchlich ich mich gantz heimlich in den Garten, bauete mein Catheder auf, und faſſete endlich das Hertze, Charlotten, ſo bald ſie ſich am aufgemachten Fenſter præſentirte, durch die engen eiſernen Staͤbe meine Liebes-Declaration zu thun.
Es iſt unnoͤthig den Jnnhalt derſelben voritzo weitlaͤufftig anzufuͤhren, denn wer nur ein eintzig mahl verliebt geweſen, wird ſich gar leichtlich ein- bilden koͤnnen, was man bey dergleichen Zeiten und Gelegenheiten vor Fleiß anwendet, ſeinen Vortrag auf recht hertzbrechende Art einzurichten. Kurtz, Charlotte und ich, wurden des Handels binnen zwey Stunden vollkommen einig, verwechſelten unſere Hertzen, ſchwuren einander ewige Treue, und ver- abredeten: daß ich erſtlich nach Wien reiſen, und auskundſchafften ſolte, ob noch etwas von meinem vaͤterlichen oder muͤtterlichen Erbtheile zu erhal- ten ſey, da denn hernach etwas Geld an eine ſichere Officiers-Charge ſpendiren, und meine Geliebte oͤffentlich zur Ehe begehren koͤnte. Doch dieſes war an uns beyden eben nicht zu loben, daß wir uns be- redeten Ferdinanden ſo lange bey der Naſe herum zu fuͤhren, bis ich von Wien gluͤcklick wiederum zu- ruͤck gekommen waͤre.
Jch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0126"n="112"/>
Fraͤulein eine gewiſſe Stunde beſtimmen will, wenn<lb/>
ich die Freyheit nehmen darff, mich zu naͤheren.</p><lb/><p><hirendition="#aq">Charlotte</hi>ſchuͤttelte den Kopf hierzu, beſonn ſich<lb/>
eine lange Zeit, endlich aber verwilligte ſie, daß ich<lb/>
kuͤnfftige Nacht, wenn der weiſſe Vorhang heraus<lb/>
hinge, um 11. Uhr vor dieſem <hirendition="#aq">Auditorio</hi> erſcheinen<lb/>
duͤrffte, auſſer dieſem Zeichen |aber durchaus nicht.<lb/>
So bald demnach andere Leute zu Bette waren,<lb/>ſchlich ich mich gantz heimlich in den Garten, bauete<lb/>
mein <hirendition="#aq">Catheder</hi> auf, und faſſete endlich das Hertze,<lb/><hirendition="#aq">Charlotten,</hi>ſo bald ſie ſich am aufgemachten Fenſter<lb/><hirendition="#aq">præſenti</hi>rte, durch die engen eiſernen Staͤbe meine<lb/>
Liebes-<hirendition="#aq">Declaration</hi> zu thun.</p><lb/><p>Es iſt unnoͤthig den Jnnhalt derſelben voritzo<lb/>
weitlaͤufftig anzufuͤhren, denn wer nur ein eintzig<lb/>
mahl verliebt geweſen, wird ſich gar leichtlich ein-<lb/>
bilden koͤnnen, was man bey dergleichen Zeiten und<lb/>
Gelegenheiten vor Fleiß anwendet, ſeinen Vortrag<lb/>
auf recht hertzbrechende Art einzurichten. Kurtz,<lb/><hirendition="#aq">Charlotte</hi> und ich, wurden des Handels binnen zwey<lb/>
Stunden vollkommen einig, verwechſelten unſere<lb/>
Hertzen, ſchwuren einander ewige Treue, und ver-<lb/>
abredeten: daß ich erſtlich nach Wien reiſen, und<lb/>
auskundſchafften ſolte, ob noch etwas von meinem<lb/>
vaͤterlichen oder muͤtterlichen Erbtheile zu erhal-<lb/>
ten ſey, da denn hernach etwas Geld an eine ſichere<lb/><hirendition="#aq">Officiers-Charge ſpendi</hi>ren, und meine Geliebte<lb/>
oͤffentlich zur Ehe begehren koͤnte. Doch dieſes war<lb/>
an uns beyden eben nicht zu loben, daß wir uns be-<lb/>
redeten <hirendition="#aq">Ferdinanden</hi>ſo lange bey der Naſe herum<lb/>
zu fuͤhren, bis ich von Wien gluͤcklick wiederum zu-<lb/>
ruͤck gekommen waͤre.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Jch</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[112/0126]
Fraͤulein eine gewiſſe Stunde beſtimmen will, wenn
ich die Freyheit nehmen darff, mich zu naͤheren.
Charlotte ſchuͤttelte den Kopf hierzu, beſonn ſich
eine lange Zeit, endlich aber verwilligte ſie, daß ich
kuͤnfftige Nacht, wenn der weiſſe Vorhang heraus
hinge, um 11. Uhr vor dieſem Auditorio erſcheinen
duͤrffte, auſſer dieſem Zeichen |aber durchaus nicht.
So bald demnach andere Leute zu Bette waren,
ſchlich ich mich gantz heimlich in den Garten, bauete
mein Catheder auf, und faſſete endlich das Hertze,
Charlotten, ſo bald ſie ſich am aufgemachten Fenſter
præſentirte, durch die engen eiſernen Staͤbe meine
Liebes-Declaration zu thun.
Es iſt unnoͤthig den Jnnhalt derſelben voritzo
weitlaͤufftig anzufuͤhren, denn wer nur ein eintzig
mahl verliebt geweſen, wird ſich gar leichtlich ein-
bilden koͤnnen, was man bey dergleichen Zeiten und
Gelegenheiten vor Fleiß anwendet, ſeinen Vortrag
auf recht hertzbrechende Art einzurichten. Kurtz,
Charlotte und ich, wurden des Handels binnen zwey
Stunden vollkommen einig, verwechſelten unſere
Hertzen, ſchwuren einander ewige Treue, und ver-
abredeten: daß ich erſtlich nach Wien reiſen, und
auskundſchafften ſolte, ob noch etwas von meinem
vaͤterlichen oder muͤtterlichen Erbtheile zu erhal-
ten ſey, da denn hernach etwas Geld an eine ſichere
Officiers-Charge ſpendiren, und meine Geliebte
oͤffentlich zur Ehe begehren koͤnte. Doch dieſes war
an uns beyden eben nicht zu loben, daß wir uns be-
redeten Ferdinanden ſo lange bey der Naſe herum
zu fuͤhren, bis ich von Wien gluͤcklick wiederum zu-
ruͤck gekommen waͤre.
Jch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/126>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.