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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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Vater muste ihm im folgenden 1482ten Jahre mit
10000. neugeworbenen Leuten nachfolgen. Also
verließ er uns abermals zu unserm grösten Mißver-
gnügen, hatte aber vorhero noch Zeit gehabt, meiner
Mutter Einkünffte, und das, was zu seiner Kinder
Standesmäßiger Erziehung erfordert wurde, aufs
beste zu besorgen. Jm Jahr 1483. war es zwi-
schen den Castilianern und Mohren, bey Malacca
zu einem scharffen Treffen gekommen, worbey die
erstern ziemlich gedränget, und mein Vater fast
tödtlich verwundet worden, doch hatte er sich eini-
germassen wieder erholet, und kam bald darauf
nach Hause, um sich völlig ausheilen zu lassen.

Der König und die Königin liessen ihm beyder-
seits das Glück ihres hohen Besuchs geniessen, be-
schenckten ihn auch mit einer starcken Summe Gel-
des, und einem vortrefflichen Land-Gute, mich aber
nahm der König, vor seinen jungen Printzen Johan-
nem,
der noch 3. Jahr jünger war als ich, zum Pa-
gen
und Spiel-Gesellen mit nach Hofe, und ver-
sprach, mich bey ihm auf Lebens-Zeit zu versorgen.
Ob ich nun gleich nur in mein zehendes Jahr gieng,
so hatte mich doch meine Mutter dermassen gut er-
zogen, und durch geschickte Leute erziehen lassen, daß
ich mich gleich von der ersten Stunde an, nicht al-
lein bey den Königl. Kindern, sondern auch bey dem
Könige und der Königin selbst, ungemein beliebt
machen konte. Und da sich eine besondere natürli-
che Fertigkeit bey mir gezeiget, hatte der König al-
len Sprach-und Exercitien-Meistern ernstlichen
Befehl ertheilet, an meine Persohn so wohl, als an
feinen eigenen Sohn, den allerbesten Fleiß zu wen-

den,

Vater muſte ihm im folgenden 1482ten Jahre mit
10000. neugeworbenen Leuten nachfolgen. Alſo
verließ er uns abermals zu unſerm groͤſten Mißver-
gnuͤgen, hatte aber vorhero noch Zeit gehabt, meiner
Mutter Einkuͤnffte, und das, was zu ſeiner Kinder
Standesmaͤßiger Erziehung erfordert wurde, aufs
beſte zu beſorgen. Jm Jahr 1483. war es zwi-
ſchen den Caſtilianern und Mohren, bey Malacca
zu einem ſcharffen Treffen gekommen, worbey die
erſtern ziemlich gedraͤnget, und mein Vater faſt
toͤdtlich verwundet worden, doch hatte er ſich eini-
germaſſen wieder erholet, und kam bald darauf
nach Hauſe, um ſich voͤllig ausheilen zu laſſen.

Der Koͤnig und die Koͤnigin lieſſen ihm beyder-
ſeits das Gluͤck ihres hohen Beſuchs genieſſen, be-
ſchenckten ihn auch mit einer ſtarcken Summe Gel-
des, und einem vortrefflichen Land-Gute, mich aber
nahm der Koͤnig, vor ſeinen jungen Printzen Johan-
nem,
der noch 3. Jahr juͤnger war als ich, zum Pa-
gen
und Spiel-Geſellen mit nach Hofe, und ver-
ſprach, mich bey ihm auf Lebens-Zeit zu verſorgen.
Ob ich nun gleich nur in mein zehendes Jahr gieng,
ſo hatte mich doch meine Mutter dermaſſen gut er-
zogen, und durch geſchickte Leute erziehen laſſen, daß
ich mich gleich von der erſten Stunde an, nicht al-
lein bey den Koͤnigl. Kindern, ſondern auch bey dem
Koͤnige und der Koͤnigin ſelbſt, ungemein beliebt
machen konte. Und da ſich eine beſondere natuͤrli-
che Fertigkeit bey mir gezeiget, hatte der Koͤnig al-
len Sprach-und Exercitien-Meiſtern ernſtlichen
Befehl ertheilet, an meine Perſohn ſo wohl, als an
feinen eigenen Sohn, den allerbeſten Fleiß zu wen-

den,
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[492/0506] Vater muſte ihm im folgenden 1482ten Jahre mit 10000. neugeworbenen Leuten nachfolgen. Alſo verließ er uns abermals zu unſerm groͤſten Mißver- gnuͤgen, hatte aber vorhero noch Zeit gehabt, meiner Mutter Einkuͤnffte, und das, was zu ſeiner Kinder Standesmaͤßiger Erziehung erfordert wurde, aufs beſte zu beſorgen. Jm Jahr 1483. war es zwi- ſchen den Caſtilianern und Mohren, bey Malacca zu einem ſcharffen Treffen gekommen, worbey die erſtern ziemlich gedraͤnget, und mein Vater faſt toͤdtlich verwundet worden, doch hatte er ſich eini- germaſſen wieder erholet, und kam bald darauf nach Hauſe, um ſich voͤllig ausheilen zu laſſen. Der Koͤnig und die Koͤnigin lieſſen ihm beyder- ſeits das Gluͤck ihres hohen Beſuchs genieſſen, be- ſchenckten ihn auch mit einer ſtarcken Summe Gel- des, und einem vortrefflichen Land-Gute, mich aber nahm der Koͤnig, vor ſeinen jungen Printzen Johan- nem, der noch 3. Jahr juͤnger war als ich, zum Pa- gen und Spiel-Geſellen mit nach Hofe, und ver- ſprach, mich bey ihm auf Lebens-Zeit zu verſorgen. Ob ich nun gleich nur in mein zehendes Jahr gieng, ſo hatte mich doch meine Mutter dermaſſen gut er- zogen, und durch geſchickte Leute erziehen laſſen, daß ich mich gleich von der erſten Stunde an, nicht al- lein bey den Koͤnigl. Kindern, ſondern auch bey dem Koͤnige und der Koͤnigin ſelbſt, ungemein beliebt machen konte. Und da ſich eine beſondere natuͤrli- che Fertigkeit bey mir gezeiget, hatte der Koͤnig al- len Sprach-und Exercitien-Meiſtern ernſtlichen Befehl ertheilet, an meine Perſohn ſo wohl, als an feinen eigenen Sohn, den allerbeſten Fleiß zu wen- den,

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 492. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/506>, abgerufen am 22.11.2024.