Jm 1689ten Jahre stieß uns abermahls eine der merckwürdigsten Begebenheiten vor. Denn da David Rawkins drey ältesten Söhne eines Ta- ges den Nord-Steg hinab an die See gestiegen waren, um das Fett von einem ertödeten See-Lö- wen auszuschneiden, erblickten sie von ohngefehr ein Schiff, welches auf den Sand-Bäncken vor un- seren Felsen gestrandet hatte. Sie lauffen ge- schwind zurück und melden es ihrem Vater, wel- cher erstlich zu mir kam, um sich Raths zu erholen, ob man, daferne es etwa Nothleydende wären, ih- nen zu Hülffe kommen möchte? Jch ließ alle wehr- haffte Personen auf der Jnsul zusammen ruffen, ihr Gewehr und Waffen ergreiffen, und alle Zu- gänge wohl besetzen, und begab mich mit etlichen in eigener Person auf die Höhe. Von dar ersahen wir nun zwar das gestrandete Schiff sehr eigentlich, wurden aber keines Menschen darauf gewahr, ohn- g[e]acht einer um den andern mit des seel. Amias hin- terlassenen Perspectiv fleißig acht hatte, biß der Abend herein zu brechen begunte, da wir meisten, uns wiederum zurück begaben, doch aber die gantze Nacht hindurch die Wachten wohl bestellet hielten, indem zu besorgen war, es möchten etwa See-Räu- ber oder andere Feinde seyn, die vorigen Tages un- sere jungen Leute von ferne erblickt, derowegen ein Boot mit Mannschafft ausgesetzt hätten, um den Felsen auszukundschafften, mittlerweile sich die übri- gen im Schiffe verbergen müsten.
Allein wir wurden weder am andern, dritten, vierdten, sünfften noch sechsten Tage nichts mehr gewahr, als das auf einer Stelle bleibende Schiff,
welches
Jm 1689ten Jahre ſtieß uns abermahls eine der merckwuͤrdigſten Begebenheiten vor. Denn da David Rawkins drey aͤlteſten Soͤhne eines Ta- ges den Nord-Steg hinab an die See geſtiegen waren, um das Fett von einem ertoͤdeten See-Loͤ- wen auszuſchneiden, erblickten ſie von ohngefehr ein Schiff, welches auf den Sand-Baͤncken vor un- ſeren Felſen geſtrandet hatte. Sie lauffen ge- ſchwind zuruͤck und melden es ihrem Vater, wel- cher erſtlich zu mir kam, um ſich Raths zu erholen, ob man, daferne es etwa Nothleydende waͤren, ih- nen zu Huͤlffe kommen moͤchte? Jch ließ alle wehr- haffte Perſonen auf der Jnſul zuſammen ruffen, ihr Gewehr und Waffen ergreiffen, und alle Zu- gaͤnge wohl beſetzen, und begab mich mit etlichen in eigener Perſon auf die Hoͤhe. Von dar erſahen wir nun zwar das geſtrandete Schiff ſehr eigentlich, wurden aber keines Menſchen darauf gewahr, ohn- g[e]acht einer um den andern mit des ſeel. Amias hin- terlaſſenen Perſpectiv fleißig acht hatte, biß der Abend herein zu brechen begunte, da wir meiſten, uns wiederum zuruͤck begaben, doch aber die gantze Nacht hindurch die Wachten wohl beſtellet hielten, indem zu beſorgen war, es moͤchten etwa See-Raͤu- ber oder andere Feinde ſeyn, die vorigen Tages un- ſere jungen Leute von ferne erblickt, derowegen ein Boot mit Mannſchafft ausgeſetzt haͤtten, um den Felſen auszukundſchafften, mittlerweile ſich die uͤbri- gen im Schiffe verbergen muͤſten.
Allein wir wurden weder am andern, dritten, vierdten, ſuͤnfften noch ſechſten Tage nichts mehr gewahr, als das auf einer Stelle bleibende Schiff,
welches
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Jm 1689ten Jahre ſtieß uns abermahls eine der
merckwuͤrdigſten Begebenheiten vor. Denn da
David Rawkins drey aͤlteſten Soͤhne eines Ta-
ges den Nord-Steg hinab an die See geſtiegen
waren, um das Fett von einem ertoͤdeten See-Loͤ-
wen auszuſchneiden, erblickten ſie von ohngefehr ein
Schiff, welches auf den Sand-Baͤncken vor un-
ſeren Felſen geſtrandet hatte. Sie lauffen ge-
ſchwind zuruͤck und melden es ihrem Vater, wel-
cher erſtlich zu mir kam, um ſich Raths zu erholen,
ob man, daferne es etwa Nothleydende waͤren, ih-
nen zu Huͤlffe kommen moͤchte? Jch ließ alle wehr-
haffte Perſonen auf der Jnſul zuſammen ruffen,
ihr Gewehr und Waffen ergreiffen, und alle Zu-
gaͤnge wohl beſetzen, und begab mich mit etlichen in
eigener Perſon auf die Hoͤhe. Von dar erſahen
wir nun zwar das geſtrandete Schiff ſehr eigentlich,
wurden aber keines Menſchen darauf gewahr, ohn-
geacht einer um den andern mit des ſeel. Amias hin-
terlaſſenen Perſpectiv fleißig acht hatte, biß der
Abend herein zu brechen begunte, da wir meiſten,
uns wiederum zuruͤck begaben, doch aber die gantze
Nacht hindurch die Wachten wohl beſtellet hielten,
indem zu beſorgen war, es moͤchten etwa See-Raͤu-
ber oder andere Feinde ſeyn, die vorigen Tages un-
ſere jungen Leute von ferne erblickt, derowegen ein
Boot mit Mannſchafft ausgeſetzt haͤtten, um den
Felſen auszukundſchafften, mittlerweile ſich die uͤbri-
gen im Schiffe verbergen muͤſten.
Allein wir wurden weder am andern, dritten,
vierdten, ſuͤnfften noch ſechſten Tage nichts mehr
gewahr, als das auf einer Stelle bleibende Schiff,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/438>, abgerufen am 24.11.2024.
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